Nein, Verständnis für die Krankenhauspolitik des Landkreises hat Axel Röckle nicht. Im LKZ-Sommergespräch wirft der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler im Leonberger Gemeinderat der Kreisspitze einseitiges Handeln vor.

Leonberg- - Nein, Verständnis für die Krankenhauspolitik des Landkreises hat Axel Röckle nicht. Im LKZ-Sommergespräch wirft der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler im Leonberger Gemeinderat der Kreisspitze einseitiges Handeln vor und kritisiert, dass das Landratsamt als Konkurrenzbehörde zum Regierungspräsidium und zur Region auftritt. Röckle setzt auf eine Stadtentwicklung, die einer älter werden Gesellschaft gerecht wird.
Herr Röckle, wie verbringen Sie die Sommerferien?
In den Weinbergen und bei der Getreideernte. Ein paar Tage fahre ich mit Freunden weg. Und damit mir nicht langweilig wird, habe ich Arbeit in meiner Kanzlei. Auch das eine oder andere politische Thema wird nicht bis zum Ferienende warten.
Sie meinen die Zukunft des Krankenhauses?
Diese Diskussion verfolgen wir in der Tat mit großer Sorge. Oberstes Ziel muss sein, das Krankenhaus in Leonberg zu erhalten. Und zwar nicht nur für die nächsten zehn Jahre, sondern dauerhaft. Dafür haben wir übrigens einige Vorleistungen gebracht.
Zum Beispiel?
Wir haben zu Gunsten des Hubschrauberlandeplatzes auf ein komplettes Wohngebiet verzichtet, das dort geplant war.
In Böblingen scheint der Standort Leonberg keine große Rolle zu spielen. . .
Das Problem ist, dass das politisch gewollte Prestigeprojekt Großklinikum Flugfeld unbedingt ein Erfolg werden muss. Also wird alles Geld dort hineingesteckt und nicht in Leonberg investiert. Das kann zum langsamen Ausbluten unseres Krankenhauses führen, das ja längst nicht nur für die Stadt wichtig ist, sondern für den ganzen Altkreis und darüber hinaus. Doch die Rechnung Flugfeld wird nicht aufgehen. Denn sollte es wirklich kein Krankenhaus Leonberg mehr geben, werden sich die meisten Patienten nach Stuttgart orientieren.
Welchen Einfluss haben die Leonberger auf den Erhalt ihres Krankenhauses?
Wir haben mit Werner Metz und Joachim Quendt zwei Ärzte im Kreistag, die sich vehement für unser Krankenhaus einsetzen. Wichtig ist, dass wir die Menschen für das Thema sensibilisieren, damit sie unseren Kreispolitikern den Rücken stärken. Nicht nur jetzt, sondern dauerhaft. Wie schädlich die Diskussion schon jetzt ist, merken wir daran, dass es schwierig ist, qualifiziertes Fachpersonal zu bekommen.
Das Verhältnis zwischen der Stadt Leonberg und dem Kreis Böblingen ist angespannt. . .
Der Kreis ist einer der wirtschaftsstärksten in ganz Deutschland und hat trotzdem die höchste Kreisumlage. Das liegt unter anderem daran, dass sich der Kreis nicht auf seine gesetzlichen Aufgaben beschränkt, sondern in fachfremden Feldern agiert. Die vom Kreis betriebene Ansiedlung einer Hochschule in Böblingen beispielsweise wäre eindeutig Landessache. Solche Aktionen treiben die Kreisumlage nach oben. Dagegen hegen wir große Bedenken.
Ist der Kreis ein Kunstgebilde?
Der Kreis ist eine Verwaltungsbehörde, mehr nicht. Tatsächlich aber ist der Landkreis zu einer Mammutorganisation mutiert, die im Wettbewerb zur Region Stuttgart und zum Regierungspräsidium steht. So gibt es immer mehr Gremien. Dadurch wird die Entscheidungsfindung komplizierter und auch teurer. Es wird nicht Hand in Hand gearbeitet.
Konkurrenz gibt es auch zwischen Kommunen.
Dagegen ist nichts einzuwenden, wenn der Wettbewerb fair verläuft. Wenn aber Fachärzte mit subventionierten Praxisräumen in den Ort gelockt werden, ist das schlecht.
Wie meinen Sie das?
Man verlangt Mieten, die deutlich unter dem Verkehrswert liegen und lockt so Ärzte auch aus Leonberg weg.
Wo ist das passiert? In Rutesheim?
Dazu kann ich nichts sagen. Aber gesunde Strukturpolitik sieht anders aus.
Können Sie das stoppen?
Wir haben keinen Einfluss auf die Entscheidungen der Nachbarkommunen.
Kommen wir zum heiß diskutierten Rathausstandort.
Wir haben uns frühzeitig für den Bereich am jetzigen Verwaltungsgebäude entschieden, weil es hier Entwicklungsmöglichkeiten gibt. In der Bahnhofstraße wären die Baukosten von rund 22 Millionen Euro um mindestens 3 Millionen Euro überschritten worden. Wir hätten sechs Stockwerke bauen müssen, was einen größeren Abstand zu den Nachbarhäusern erforderlich gemacht hätte. Zudem ist der Untergrund in der Bahnhofstraße problematisch.
Unter dem Belforter Platz soll Müll liegen.
Der Boden wurde nach unserem Wissen damals vor Baubeginn saniert.
Was mit dem Alten Rathaus geschieht, weiß keiner so recht.
Da sind Ideen der Verwaltung gefragt. Wobei klar ist, dass das Alte Rathaus früher oder später saniert werden muss. Das hat Auswirkungen auf die Überlegungen, welche Ämter dort angesiedelt werden.
Ist die Kombination Kulturamt, Touristeninformation, Bürgeramt und Standesamt im Alten Rathaus denkbar?
Es muss wirtschaftlich darstellbar sein. Wir müssen auch bei allen Innovationen verantwortungsbewusst mit dem Geld der Bürger umgehen.
Wie kann die Altstadt belebt werden?
Die Freien Wähler werden im kommenden Jahr einen Maibaum auf dem Markt aufstellen, und am Feiertag gemeinsam mit den am Markt ansässigen Gastronomen zu einem identitätsstiftenden Fest einladen.
Wie praktisch, wenige Wochen vor der Kommunalwahl . . .
Das hat nicht nur mit der Wahl zu tun. Aber wenn es uns Stimmen bringt, dann ist es umso besser.
Sonst noch Ideen für den Markt?
Aber ja! Es wäre hilfreich, wenn sich die Läden auf einheitliche Öffnungszeiten verständigen könnten. Wer zwei Mal vor geschlossenen Türen steht, kommt nicht wieder. Die Gastronomie spielt auch eine wichtige Rolle. Wir sehen ja jetzt, welche tolle Atmosphäre auf dem Marktplatz herrscht, wenn die Leute draußen sitzen. Leider gibt es einige unvernünftige Gäste, die spät abends nicht an das Ruhebedürfnis der Anwohner denken. Deshalb kann ich nur an die Gäste appellieren, auf jene Rücksicht zu nehmen, die Tag und Nacht dort leben.
Wie sieht der Leonberger Weg aus?
Wir wünschen uns einen Masterplan 2030, in dem die Stadtentwicklung unter verstärkter Berücksichtigung der Demografie formuliert wird. Wir müssen die ganze Stadtplanung dem Umstand anpassen, dass die Menschen immer älter werden. Das fängt bei abgesenkten Bordsteinen an. Beim Thema Wohnen gilt für uns die Devise „innen vor außen“: Innerstädtische Brachflächen werden für Wohnungsbau genutzt. Alte Gebäude werden abgerissen, um dort Neubauten zu errichten. In der Stadt haben wir ein funktionierendes Versorgungsnetz. Neubaugebiete müssen erst erschlossen werden.
Viele Innenstadtbewohner klagen über den immer schlimmer werdenden Verkehr. . .
Das Nadelöhr ist und bleibt die Grabenstraße. Dem wäre nur mit einem Altstadttunnel beizukommen. . .
. . . der aus Kostengründen beerdigt wurde.
Beerdigt nicht, nur auf Eis gelegt. In der Tat sind die Finanzierung und der Unterhalt eines Tunnels extrem teuer.
Bleiben wir in der Innenstadt. Warum wollen Sie nur eine abgespeckte Sauna?
Es ist zugegebenermaßen nicht der ganz große Wurf, aber ein deutlich besseres Angebot. Durch den Wegfall eines separaten Eingangs haben wir jetzt Platz für einen großen Saunagarten. Und der gemeinsame Eingang für Hallenbad und Sauna wird jetzt richtig aufgewertet.
Für den vergleichsweise überschaubaren Aufpreis von 500 000 Euro hätte es eine richtig tolle Sauna gegeben
Wir haben noch weitere Projekte zu schultern. Außerdem müssen wir daran denken, dass die Konjunktur abschwächen kann. Da bitte ich um Verständnis, dass dieses Geld für andere Dinge gebraucht wird. Das sehen die meisten Ratskollegen genau so.
Es gibt wieder häufiger breite Mehrheiten.
Es herrscht ein gutes und konstruktives Klima, in dem sach- und kostenorientiert diskutiert wird. Dafür möchte ich allen Stadträten ausdrücklich danken.
Manchmal tut eine Kontroverse gut.
Die gibt es ja auch, aber immer mit dem Ziel, eine gute Entscheidung zu treffen. Man muss einfach sehen, dass neue Kosten auf uns zukommen: zusätzliches Personal für die neuen Kitas. Bei den Schulen geht der Trend in Richtung Ganztagsschulen, was auch Mehrkosten bedeutet.
Sie sind gegen eine Gemeinschaftsschule.
Wir wollten das Thema bis auf weiteres vertagen, weil wir einfach nicht wissen, welche Kosten auf uns zukommen. Auch wenn das Land das Personal bezahlt. Die Gebäude und die Sachkosten bleiben bei der Stadt.
Dennoch hat sich eine klare Mehrheit für die August-Lämmle-Schule ausgesprochen.
Das Konzept ist ja auch toll. Aber wenn das Land irgendwann ein anderes Konzept will, müssen wir das System wieder ändern. Im Sinne der Schüler hoffe ich, dass das Experiment gut geht.
Die Windkraft lehnen Sie ab.
Das stimmt so nicht. Aber es muss Sinn machen. Und hier macht es keinen Sinn. Warum denkt man nicht über umweltfreundliche Alternativen nach? Ein Leonberger Unternehmer würde gern am Kompostwerk aus organischem Müll Dieselöl produzieren. Für diese Idee ist er ausgezeichnet worden. Dann hat man nie wieder etwas davon gehört. Das ist schade.
Was sind die Vorzüge der Freien Wähler?
Wir sind keine Partei und daher nicht von der großen Politik beeinflusst und können uns auf die Sache konzentrieren. Jeder ist letztlich frei in seiner Entscheidung. Bei uns gibt es kein Postengeschacher, weil es keine Posten gibt.