„Süßes oder Saures?“ Mit diesem Spruch ziehen am Mittwochabend wieder Kinder durch die Ortschaften. Die Pfarrer sehen das Fest kritisch, die Händler freuen sich.

Leonberg/Altkreis - Es ist vor fünf, sechs Jahren gewesen, als Jörg Dennig sich zum ersten Mal mit Halloween auseinandersetzen musste. Drei Kinder standen vor seiner Tür. „Süßes oder Saures“, drohten sie. „Wie bitte?“, fragte Dennig. „Heute ist Halloween“, klärte seine Frau ihn auf. Die Kinder hatten auf reiche Beute gehofft. Zu Recht: schließlich ist der Leonberger Dennig Chef der Bonbonfabrik Jung in Vaihingen/Enz. „Aber ich hatte nur Brezeln da“, erinnert er sich. Immerhin: aus dem Vorfall hat Dennig gelernt – und hat seitdem zu Halloween so viele Leckereien da, dass sein Haus als Geheimtipp gehandelt wird.

 

Aus Händler- und Herstellersicht sieht Dennig das Fest positiv, auch wenn er die Bedeutung für den Umsatz nicht überbewerten will und es für seine Fabrik kaum eine Rolle spiele. „Wichtig ist es sicher für die Eventbranche“, sagt er. Auch in der Landwirtschaft, bei Süßigkeiten und Dekoartikel gebe es Impulse. Aber Ausmaße wie in den USA habe das nicht. Bernhard Neuber vom Leonberger Bund der Selbstständigen und Finanzdienstleister, drückt es grinsend so aus: „Halloween-Versicherungen verkaufe ich noch nicht.“

Die evangelischen wie katholischen Geistlichen im Altkreis bewerten die Ereignisse am heutigen Halloween-Abend naturgemäß aus christlicher Sicht. Schließlich hat sich Halloween aus den Volksbräuchen am Abend vor Allerheiligen entwickelt, hinzu kommt ein Schuss heidnisches Brauchtum. Weiterhin ist heute der evangelische Reformationstag.

Die Christen beider Konfessionen in Weissach und Flacht bieten daher eine Alternative an: die XXL-Nacht der offenen Türen. Zahlreiche Locations öffnen dafür am Strudelbach ihre Pforten für christlich geprägte Veranstaltungen. „Das ist kein Anti-Halloween“, erläutert Frieder Essig, der Vorsitzende des Flachter CVJM, der die Nacht mitorganisiert. „Aber wir wollen an den Reformationstag erinnern, auch Inhalte weitergeben“, sagt er.

Mehr Inhalte wünscht sich auch der katholische Renninger Pfarrer Franz Pitzal. „Halloween? Ich komme nicht so ganz dahinter“, sagt er. „Da betteln die Kinder um Süßigkeiten und Geld. Warum? Sie sind doch nicht arm.“ Insgesamt ist Pitzal aber gelassen. „Grundsätzlich habe ich nichts gegen Schabernack. Und Kürbissuppe, die schmeckt mir.“ Der Münklinger und Hausener Pfarrer Martin Jetter sieht den Halloween-Brauch kritisch. „Es artet viel aus, das ist bedenklich“, sagt der evangelische Geistliche und weist dabei auf Sachbeschädigungen in der Nacht zum 1. November hin. Sie gehen übrigens so weit, dass die Polizei, beispielsweise in Pforzheim und Mühlacker, zusätzliche Beamte auf die Straße schickt. Das Treiben um Geister und Dämonen findet Jetter hingegen harmlos. „Alles in allem passt diese recht neue Tradition aus Amerika einfach nicht hierher.“

Dass bei vielen der Feiertag selbst in den Hintergrund rücke, sagt auch der evangelische Pfarrer Christoph Fritz aus Friolzheim. „Im Vergleich zu früher denken vor allem Kinder oft nur noch an Halloween“, sagt er. Und es sei schon eine „ganze Menge Geld, die damit gemacht wird“. Pater Alfons Wehrle von der Kirchengemeinde St. Raphael in Rutesheim, der auch die Weissacher Katholiken betreut, bewertet die Lage ähnlich. Aber: „Dieser Kommerz existiert hierzulande erst seit wenigen Jahren.“ Wie die Menschen den 1. November wahrnehmen, hänge ganz von deren kirchlicher Sozialisation ab. Dass für ihn nur der kirchliche Feiertag zähle, verstehe sich von selbst.

Es habe dennoch keinen Sinn, gegen Halloween anzukämpfen, sagt Norbert Bentele aus Heimsheim. Der katholische Pfarrer hält ausgehöhlte Kürbisse und verkleidete Kinder für eine kulturelle Modeerscheinung. „Die ganze Geschichte von Irland in die USA und wieder zurück zu holen, ist fragwürdig.“ Er messe dem Brimborium keine große Bedeutung bei. „Wenn Kinder mitmachen, ist das okay.“