Stadtteilrundgang: Der Silberberg liegt idyllisch in der Natur, hat aber gleichzeitig unter dem Lärm und den Abgasen der Autobahn und der Bahnstrecke zu leiden. Der Bürgerverein sorgt für Leben hier, unter anderem mit einer Tennisabteilung und Festen.

Leonberg - Einmal im Jahr, da leuchtet der Silberberg. Farbenfrohe Lampions, die von den Kindern durch den Stadtteil getragen werden, und ausgefallene Leuchten an Häusern und in Vorgärten zaubern eine magische Szenerie herbei. Das Lichterfest im Silberberg ist eine Institution – die am 19. September zum 50. Mal gefeiert wird. Kein Wunder also, dass bei den Silberbergern Lampions, Laternen und andere Leuchten zur Pflichtausstattung gehören.

 

Organisiert wird das Fest vom Bürgerverein Silberberg – dem einzigen Verein übrigens im ganzen Stadtteil. Damit kommt ihm eine besondere Bedeutung zu, was aber hin und wieder auch merkwürdige Blüten treibt. Welcher Bürgerverein kann sich schließlich schon rühmen, eine Tennisabteilung samt eigenem Tennisplatz zu haben?

Dieser befindet sich hinter dem Vereinsheim an der Bahnhofstraße. Auch einen Bolzplatz mit Basketballkorb gibt es hier. Alles steht auf städtischem Grund. „Wir haben hier keine direkten Nachbarn. Das ist gut, wenn wir Feste feiern“, sagt der Vorsitzende, Hans-Jörg Hoffmann.

Direkt unterhalb des Geländes kommt der neue Radweg aus Renningen an. Er ist drei Meter breit und schön asphaltiert. „Doch sobald man in den Silberberg kommt, hört es mit den guten Radwegen auf“, meint Charly Heisterborg, Hoffmans Vorgänger. „Die Stadt will radfreundlicher werden. Warum fängt sie dann nicht in den Außenbezirken an, wo hervorragende Radwege ankommen?“, fragt er. Denn ebenso fehle ein vernünftiger Radweg in Richtung Kernstadt – wo die Straße ohnehin schon sehr schmal sei.

Auch Gerhard Schneider ist zum Stadtteilrundgang gekommen, er war Vereinsvorsitzender vor Heisterborg. Der Bürgerverein hat nicht nur eine besondere Stellung im Ortsteil. Nein, der Silberberg selbst ist als Stadtteil ein Kuriosum. Die S-Bahn-Linie teilt ihn in eine Nord- und Südhälfte, wobei die Bahnstation „Rutesheim“ heißt.

Die meisten Häuser stehen auf Eltinger, einige aber auf Rutesheimer oder sogar Renninger Gemarkung, sagt Hoffmann. „Wir sind sozusagen ein Dreiländereck“, scherzt Schneider, „beim Lichterfest müssen wir deshalb zwei Genehmigungen beantragen: eine in Leonberg für den Umzug und eine in Rutesheim für den Ausschank, weil unser Vereinsheim auf Rutesheimer Gemarkung liegt.“ Der Ortsteil Heuweg grenzt direkt an den Silberberg, gehört aber zu Rutesheim.

Doch die Verbindungen sind eng, es gibt etwa eine gemeinsame Kirchengemeinde und den dazugehörigen evangelischen Kindergarten, der Kinder aus beiden Teilen aufnimmt. „Früher waren die Gruppen nach Wohnorten getrennt, heute nach Alter. Das verstärkt die Verbindung“, meint Charly Heisterborg.

Viele Eltern schicken ihren Nachwuchs auch auf Rutesheimer Schulen. „Klar, die Kinder bleiben zusammen und der Weg ist kürzer als bis zur Schellingschule in Leonberg, in die Kinder sonst gehen müssen“, fährt er fort. Vor 30 Jahren habe der Bürgerverein fast einen Streik angezettelt, um ein Schultaxi für die Erstklässler aus dem Silberberg durchzusetzen. „Ab der zweiten Klasse können sie ja lesen und kennen sich aus, sodass sie mit der S-Bahn fahren können“, berichtet Heisterborg.

Nachts rauben Güterzüge den Bewohnern den Schlaf

Apropos S-Bahn: Die sei wichtig, ein Standortvorteil. Doch die Bahnstrecke bringe eben auch Probleme mit sich. Etwa durch den Güterverkehr, der vor allem nachts für Lärm sorgt. Gerhard Schneider wohnt direkt an der Bahnlinie. „Die Leute sagen oft, man habe doch gewusst, worauf man sich einlässt. Als ich aber 1978 in den Silberberg gezogen bin, da wurde abends die Schranke runter gelassen, und der Bahnwärter ging heim. Da ist nachts kein Zug gefahren“, erzählt er.

An der Strecke könne man übrigens gut die schwäbische Wirtschaftslage ablesen. Ist die gut, fahren viele Güterzüge. „Ich mag die von Daimler mit den schönen Mercedes. Die sind nämlich leise“, sagt Schneider und schmunzelt.

Anders verhält es sich bei den Tankwagen. „Es ist erschreckend, wie viele durchfahren“, meint er. „Wenn der Gotthardtunnel frei und die Rheinstrecke aber noch nicht fertig ist, dann werden wir noch mehr Güterverkehr bekommen“, prognostiziert Charly Heisterborg.

Das sei nicht allein ein Silberberger Problem, in Leonberg seien mehr als 3700 Menschen betroffen, sogar in Höfingen. Eine kleine Verbesserung wäre es, wenn die Züge langsamer führen. „Tagsüber müssen sie in den S-Bahn-Takt passen. Aber nachts rasen sie hier vorbei“, sagt Schneider. Für ihn ist klar: „Wer Züge auf die Gleise bringt, dann nur zu den Bedingungen, mit denen die Bürger klarkommen.“ Ähnliches gelte beim Thema Autobahn, die quasi über den Stadtteil führt.

An der unübersichtlichen Unterführung am Bahnhof vorbei geht es die Wasserbachstraße hinunter zum SIT. Das steht für „Silberberger Talente“ und ist quasi das zweite Vereinsheim.

Bei schlechtem Wetter wird hier etwa dem Waldkindergarten Unterschlupf gewährt. Direkt dahinter wird fleißig am neuen Spielplatz gearbeitet. „Wir hatten auch eine Tauschbörse eingerichtet, zum Beispiel für kleinere Arbeiten daheim. Aber das wurde zu wenig nachgefragt“, berichtet Heisterborg.

Die Lage des SIT sei jedoch ideal und vor allem zentral. Denn einen Dorfplatz gibt es nicht. „Außer einem Allgemeinarzt, einem Briefkasten und der S-Bahn gibt es nichts“, sagt Hans-Jörg Hoffmann. Früher habe es einen Kiosk, zwei Lädchen und eine Metzgerei gegeben. In den 80er Jahren schloss jedoch die einzige Gastwirtschaft. Um so wichtiger, dass nun der Bürgerverein für Leben im Silberberg sorgt.

Verbesserungen gefordert

Verbesserungen fordert der Bürgerverein Silberberg unter anderem hierfür:

Zu schnell unterwegs

Nicht nur der Verkehr auf den Schienen bereitet Probleme. Ein Teil der Wasserbachstraße ist verkehrsberuhigt, also eine Spielstraße. „Aber einige rasen hier durch, als hätten sie zwei Leben“, kritisiert Hans-Jörg Hoffmann. Auch Radfahrer seien bergab oft zu schnell unterwegs. „Wir hätten hier gern ein Schild ‚Schritt fahren’“, sagt er. Ein Teil des Problems ist der Durchgangsverkehr – obwohl der Silberberg gar keine Durchgangsstraße hat. Doch für viele ist diese Strecke kürzer als über Rutesheim und die Rutesheimer Straße in Leonberg.

Wohin soll es gehen?

Viele Rad- und Wanderwege führen durch den Silberberg. Wer aus Richtung Leonberg kommt und dem Weg zum Bahnhof folgt, stößt hier auf ein Problem: In der Unterführung sowie an den Rampen dazu gibt es weder einen Fußweg noch einen Radstreifen. Eine völlige Fehlplanung, findet der Vorsitzende des Bürgervereins. Denn oben, direkt an der Station, gibt es eigene Unterführung für Fußgänger und Radfahrer. Seine Forderung: ein Rad- und Fußweg, außerdem Spiegel an der Unterführung. So könnten Autofahrer Radler hinter der Kurve rechtzeitig sehen

Parkplatz-Engpass

LEO, BB, aber auch einige PF und CW – diese Kennzeichen finden sich auf den Parkflächen am Bahnhof. Da ist kaum eine Lücke, höchstens auf den Kurzzeit-Stellflächen. 20 Minuten sind hier erlaubt. Auch wenn keines der hier abgestellten Auto nach 20 Minuten wieder weg ist. „Klar, wenn das Parken in Leonberg oder Renningen etwas kostet, dann fahre ich dahin, wo es kostenlos ist“, meint Charly Heisterborg. Zumal sich Pendler nicht nur einen Parkschein sparen, sondern auch eine ganze Zone, wenn sie nicht in Renningen, sondern erst im Silberberg einsteigen.

Stadtbus statt Parkplätze

Keine Frage, die S-Bahn ist das schnellste öffentliche Verkehrsmittel, dass sich die 1000 Einwohner im Silberberg wünschen können. Auch wenn der Bahnhof „Rutesheim“ heißt. Die Nachbarkommune sorgt mit dem Stadtbus dafür, dass ihre Bürger auch vom „Bähnle“ profitieren, und das für 1 oder 1,20 Euro pro Fahrt. Eine hervorragende Einrichtung, auch für die Silberberger, findet der Bürgerverein. „Deshalb sieht sich Rutesheim aber leider nicht verpflichtet, mehr gegen die angespannte Parksituation rund um den Bahnhof zu tun“, sagt Charly Heisterborg.

Der Bürgerverein Silberberg im Überblick

Geschichte
Gegründet wurde der Bürgerverein 1963. Ein gemeinsames Anliegen führte die Bewohner zusammen: Die Stadt Leonberg verlangte von den Anwohnern Anschlussgebühren für die Kanalisation – diese hatten aber bereits Jahre davor schon gezahlt. Durch die Arbeit des Vereins wurden die erneuten Gebühren verhindert. Im Jahr 1966 folgte dann das erste Lichterfest. Die Ziele des Vereins: Verbesserung des Lebensumfeldes, Förderung der Altenhilfe, Seniorenbetreuung und Heimatpflege, Vertretung der Bürger gegenüber der Stadt.

Struktur
Der Bürgerverein zählt derzeit 219 Mitglieder. Dabei umfasst eine Mitgliedschaft die ganze Familie. Hans Jörg Hoffmann ist seit 2009 Vorsitzender, sein Stellvertreter ist Jörg Heigold. Der Verein verfügt über eine Tennisabteilung mit eigenem Tennisplatz am Vereinsheim sowie über die Gruppe SIT (Silberberger Talente), zu der das Blockhaus am Spielplatz gehört. Darüber hinaus engagiert sich der Bürgerverein bei verschiedenen Projekten gegen Verkehrslärm, wie etwa der AGVL. Die Grundmitgliedschaft kostet pro Familie 15 Euro im Jahr. Wer das SIT-Haus mitnutzen möchte, zahlt dazu noch zehn Euro Extra, für die Tennisabteilung 75 Euro extra.

Angebote
Der Silberberg ist bekannt für sein jährliches Lichterfest im September, außerdem für den lebendigen Adventskalender, die beide vom Bürgerverein organisiert werden. In der Vergangenheit gab es darüber hinaus noch weitere Feste wie etwa das Maibockfest. Darüber hinaus bietet der Verein regelmäßig Frauennachmittage und Englischkurse an.

Im Internet: leonberg-silberberg.de