Der Kindergarten Regenbogen hat als erst dritte Einrichtung im Landkreis Böblingen ein Zertifikat für bewusste Ernährung erhalten.

Leonberg - Der evangelische Kindergarten Regenbogen in Höfingen hat ein Stück weit Pionierarbeit betrieben. Als erste Kita in Leonberg und als erst dritte im Landkreis Böblingen hat die Einrichtung vom Ministerium Ländlicher Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg das BeKi-Zertifikat für bewusste Kinderernährung erhalten. Und das wird nicht eben einfach so verliehen: Rund zwei Jahre lang haben Kita-Leiterin Nadine Zahn und Projektleiterin Anja Jörg ihr Team, Eltern und Kinder geschult und vorbereitet. „Das ist die übliche Zeitspanne, die Kitas brauchen“, sagt Anja Jörg.

 

Zunächst wurden verschiedene Ziele festgelegt, die die Kita-Mitarbeiterinnen erreichen wollten. Dazu gehörte unter anderem, den Kindern die Freude am Essen und Trinken mit allen Sinnen zu vermitteln, die Vielfalt der Lebensmittel kennenzulernen und etwas über ihre Herkunft zu erfahren. Daher besuchten die Erzieherinnen mit den Kindern den Philadelphia-Bauernhof in Leonberg, den Milchbauernhof Gommel in Ditzingen und die Siegle-Mühle in Ditzingen. Dort durften die Kinder selbst Mehl mahlen, aus dem zu Ostern in der Kita Hasen gebacken wurden.

Eltern mit ins Boot geholt

„Im Prinzip haben wir den Lauf der Jahreszeiten mit dem Essen verknüpft“, erzählt Nadine Zahn. Mithilfe des Elternbeirats und des Obst- und Gartenbauvereins Höfingen wurde ein Hochbeet angelegt, in dem unter anderem Salat, Spinat, Spargel und verschiedene Kräuter angebaut wurden. „Der Kohlrabi ist leider von Kohlraupen gefressen worden. Aber dafür konnten die Kinder sehen, wie sich aus einer Raupe ein Schmetterling entpuppt“, zieht Nadine Zahn selbst aus Negativerlebnissen noch positive Erkenntnisse.

Ein wichtiger Aspekt in der Zertifizierung war auch, das Bewusstsein der Eltern für gesunde Ernährung zu schärfen. „Wir haben beispielsweise erklärt, was in eine gesunde Brotdose gehört“, erläutert Anja Jörg. Dies habe unter den Kindern eine enorme Eigendynamik ausgelöst: „Einige haben zu ihren Eltern ausdrücklich gesagt, dass sie kein Nutella-Brot in ihrer Vesperdose haben wollen“, berichtet Nadine Zahn. „Und wenn ein Kind mal ein Schokocroissant in die Kita mitgebracht hat, konnte man sicher sein, dass andere sofort gerufen haben ,Das ist doch ungesund’“.

Kinder haben auch Tischkultur gelernt

Einmal pro Woche haben die Erzieherinnen mit den Kindern selbst das Mittagessen zubereitet. Darüber hinaus gab es jeden Tag einen Obstteller für die Jungen und Mädchen, da über das so genannte Schulfruchtprogramm der EU die Fruchtbar aus Sindelfingen alle zwei Wochen zwei große Kisten Obst oder Gemüse gesponsort hatte. „Wir haben auch einen Korb vor die Tür unseres Hauses gestellt, in dem Eltern uns Obst und Gemüse spendieren können“, erzählt Nadine Zahn. „Die Kinder sollen merken, dass ein frisch geschnittener Apfel anders schmeckt als einer, der am Morgen in die Brotdose gepackt wurde.“

Über die bewusstere und gesündere Ernährung hinaus habe die Zertifizierung noch andere Effekte erzielt: So hätten die Kinder auch eine Tischkultur gelernt. „Wir haben mit ihnen erarbeitet, dass alle zusammen mit dem Essen anfangen, und dass wir vorher zusammen ein Tischgebet sprechen“, erklärt Anja Jörg. Und die Kinder haben gelernt, ihrem Alter entsprechend mit Messer und Gabel umzugehen und Tischsets zu gestalten. Außerdem hätten die Kinder beim Schneiden von Obst und Gemüse ihre feinmotorischen Fähigkeiten verbessert. All das mündete schließlich in die Zertifizierungsurkunde, die anlässlich des Laternenfestes im vergangenen November während einer kleinen Feier überreicht wurde.

Das BeKi-Zertifikat – Bewusste Kinderernährung

Unbegrenzter Zugang
Verliehen wird das Zertifikat vom baden-württembergischen Landwirtschaftsministerium. Es können sich beliebig viele Kitas pro Jahr zum Erwerb des Zertifikats anmelden. Derzeit haben in ganz Baden-Württemberg 303 Kitas ein BeKi-Zertifikat erhalten. Die vom Ministerium empfohlene Zeitspanne für den Zertifizierungsprozess beträgt zwei Jahre. Kitas, die sich schon länger mit dem Thema Ernährung befassen, erfüllen die Kriterien bisweilen schon nach einem Jahr.

Anfänge
Die Landesinitiative „BeKi – Bewusste Kinderernährung“ ist im Jahr 1980 als Kindergartenprogramm „Ernährungserziehung bei Kindern“ gestartet. 80 Multiplikatoren bildeten sich damals durch Schulungen fort. Seit dem Jahr 2009 können Kindergärten das BeKi-Zertifikat erwerben.

Dauer
Die Zertifizierung gilt zunächst für drei Jahre. Nach diesem Zeitraum müssen Erzieherinnen erneut Fortbildungen besuchen, Eltern informiert und Standards im Bereich Verpflegung dokumentiert werden.