Über die große Bedeutung der Artenvielfalt ist man sich beim Fachgespräch mit Sabine Kurtz einig. Mehr Regelungen lehnen Landwirte, Obstbauern, Imker und Jäger ab.

Leonberg - Nach Bayern gibt es nun auch in Baden-Württemberg ein Volksbegehren zum Artenschutz und zur Rettung der Bienen. Die Leonberger CDU-Landtagsabgeordnete Sabine Kurtz und ihr Böblinger Kollege Paul Nemeth hatten zu einem öffentlichen Fachgespräch zum Artenschutz und den Forderungen des Volksbegehrens ins Alte Rathaus nach Eltingen eingeladen. Rund 90 Vertreter aus Landwirtschaft, Obst- und Gartenbau, der Jäger, der Forstwirtschaft sowie vom Landkreis und der Politik waren gekommen.

 

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„Wir fangen im Land beim Artenschutz nicht bei Null an“, sagte Sabine Kurtz und nannte die Ökokontoverordnung, den Vertragsnaturschutz und die Streuobstkonzeption. Vieles geschehe auf freiwilliger Basis. „Was ist der richtige Weg zu mehr Artenschutz? Wäre es gut, wir hätten mehr Gesetze und Vorschriften?“ fragte sie.

Nicht noch mehr Auflagen

„Wir haben zu viele Auflagen, wir brauchen nicht noch mehr“, sagte Herbert Schaible, Schäfer aus Aidlingen. Je weniger Tierhalter es gebe, desto weniger Insekten gebe es. „Wenn die Schafhaltung wegfällt, fällt der Samentransport weg.“ Auch Winfried Zilian vom Bezirksverein für Bienenzucht Böblingen/Sindelfingen wandte sich gegen mehr Auflagen und Regeln. Die Biene habe den Imker, der sie beschütze. Aber die bis zu 600 Wildbienenarten, die jeweils bestimmte Blüten befruchten, würden aussterben. „Uns fehlt die Vielfalt der Pflanzen, lasst die Straßenränder stehen“, forderte er.

Albert Kaspari, der Vorsitzende des OGWV Eltingen-Leonberg, betonte, dass bei den Veranstaltungen seines Vereins der Erhalt der Natur eine wichtige Rolle spiele, etwa wenn jetzt im Herbst Kinder und Jugendliche Apfelsaft von Streuobstwiesen pressen. Man solle darauf achten, dass Wiesen nicht zu früh gemäht werden, damit sich Blumen aussäen könnten. Karl-Georg Schmid vom Kreisjägerverband betonte, dass Streuobstwiesen eine gute Sache seien. Aber oft werde ihnen alle drei Wochen ein Kurzhaarschnitt verpasst. „Das tut der Umwelt nicht gut“, sagte er. Er fragte, warum oft auf Waldwegen und Straßenrändern an beiden Seiten gleichzeitig abgemulcht werde.

„Wir sind alle für Artenschutz“

Andreas Kindler, Vorsitzender des Kreisbauernverbands, wehrte sich dagegen, die Landwirtschaft an den Pranger zu stellen und sie mitverantwortlich für den Rückgang der Artenvielfalt zu machen. Er beschäftige sich schon lange mit Biodiversität. Der Renninger Landwirt appellierte ebenso wie sein Eltinger Kollege, der Biolandwirt Frieder Josenhans, an die Verbraucher, auf heimisches Obst, Gemüse und Fleisch zu setzen. „Wir sind alle für Artenschutz“, betonte der Eltinger Landwirt Jörg Langer, aber das müsse EU-weit geregelt werden. „Anderswo seien Mittel erlaubt, die bei uns verboten sind, die aber trotzdem über die Lebensmittel zu uns kommen“, kritisierte er.

Manfred Nuber wies auf den Rückgang im Herrenberger Zwetschgengebiet hin. Früher habe man dort 4000 Tonnen jährlich vermarktet, heute seien es noch 700 Tonnen. Der Rest komme aus dem Ausland. „Der Handel verlangt tadellose Ware, da darf kein Wurm drin sein.“ Rolf Ulmer aus Oberjesingen brachte es auf den Punkt: „Wenn hier noch mehr Auflagen gemacht werden, gehen meine Zwetschgenbäume den Bach runter“, sagte er und fragte in die Runde: „Warum steht hier keiner vom BUND oder Nabu auf und begründet das mal?“ Einige Vertreter dieser Verbände standen auf der Teilnehmerliste, meldeten sich aber nicht zu Wort.

Das Volksbegehren

So geht’s: 10 000 Unterschriften sind in Baden-Württemberg für die Zulassung eines Volksbegehrens nötig. Danach braucht es die Unterschriften von 10 Prozent der Wahlberechtigten, damit sich der Landtag mit dem Inhalt des Volksbegehrens, in diesem Fall einem Gesetzesvorschlag, befassen muss. Wenn der Landtag Nein sagt zum Inhalt des Volksbegehrens, kommt es zur Volksabstimmung. Der Landtag kann selbst ein Alternativgesetz vorlegen.

Darum geht’s: Das Volksbegehren Artenschutz „Rettet die Bienen“ will erreichen, dass verschiedene Forderungen Gesetzeskraft erlangen. Wesentliche Punkte sind nach Angaben der Initiatoren: 50 Prozent Ökolandbau bis zum Jahr 2035, Halbierung des mit Pestiziden belasteten Flächenanteils bis 2025, Verbot von Artenvielfalt gefährdenden Pestiziden in Naturschutzgebieten, Schutz der Streuobstbestände. Das Volksbegehren wurde von zwei Berufsimkern von proBiene, Freies Institut für ökologische Bienenhaltung, initiiert. Es wird von vielen verschiedenen Verbänden unterstützt, auch dem BUND und dem Nabu.

Weitere Infos gibt es im Internet unter www.volksbegehren-artenschutz.de