Die noch jungen Fernbusunternehmen wollen nach der Liberalisierung der entsprechenden Wettbewerbsgesetze schnell Vollgas geben. Auch die Region könnte eine Fernbuslinie bekommen, vielleicht sogar mit Halt in Böblingen.

Leonberg - Die noch jungen Fernbusunternehmen wollen nach der Liberalisierung der entsprechenden Wettbewerbsgesetze schnell Vollgas geben.

 

In den nächsten Tagen wird der Marktführer der neuen Branche verkünden, dass er auch die Region Stuttgart ansteuert.

Klar ist, dass die Firma „Mein Fernbus“ nicht den dafür vorgesehenen Stuttgarter Busbahnhof in Obertürkheim nutzt, sondern im Nordwesen der Region bleibt – mutmaßlich könnte es der Stuttgarter Bushalt in Vaihingen sein. Aber auch die Bahnhöfe von Leonberg oder Böblingen stehen im Fokus der Verkehrsunternehmen, die ab dem 1. Januar so gut wie überall einen Liniendienst anbieten dürfen.

Kritiker wie die Allianz „Pro-Schiene“ befürchten, dass die Bahn dann einen herben Wettbewerbsnachteil erleidet, weil Schienenunternehmen Streckengebühren bezahlen müssen. Busse hingegen dürfen mautfrei über Autobahnen rollen – und es müssen hier auch keine teuren Bahnhöfe gebaut werden. Es genügt eine simple Bushaltestelle. „Die Anbindung an den Nahverkehr und speziell die Bahn ist mir aber sehr wichtig“, sagt Torben Greve. Der einstige Bahnspezialist aus Berlin hat sich mit dem Startup „Mein Fernbus“ vor einigen Jahren selbstständig gemacht. Ihm gelang es, bereits vor der Liberalisierung einige Fernbuslinien genehmigt zu bekommen.

Auch im neuen Fernverkehr gibt es Regeln

Ganz ohne Spielregeln wird auch der liberalisierte Fernverkehr im Bus nicht ablaufen. Illegale Zustiegsmöglichkeiten an Tankstellen in Autobahnnähe, wie manchmal Samstags in Leonberg zu beobachten ist, werden auch künftig nicht genehmigt, sagt ein Sprecher des Stuttgarter Regierungspräsidiums. Der Landkreis muss zustimmen – und es muss schon mindestens eine ordentliche Haltestelle sein. Das ist aber beispielsweise der Stuttgarter Omnibusbahnhof in Obertürkheim für den Fernbusunternehmer Greve keinesfalls. Er kritisiert hier vor allem die „miserable Aufenthaltsqualität“ und auch die aus seiner Sicht „schlechte Anbindung an den Nahverkehr“. Darüber hinaus liege das Neckartal auch nicht gerade in Autobahnnähe – und die ist für die Fernbusse wichtig. Darum rückte für ihn der Westen der Region Stuttgart in den Fokus. Die Verhandlung mit Behörden, ob Fernbusse dann fahrplanmäßig Busbahnhöfe wie Leonberg, Böblingen, Echterdingen oder Vaihingen anlaufen dürfen, sei derzeit die größte Herausforderung, sagt Greve. Gerade kleine Städte hätten oft Schwierigkeiten mit solchen Anfragen.

Sie fürchteten mehr Parkverkehr rund um den Bushalt und Nachteile für den Nahverkehr. „Das ist wie einst, als die Billigflieger aufkamen“, vergleicht es der einstige Linienplaner der Bahn: „Manche fürchten sich vor dem Neuen. Manche nutzen die Chance und erschließen sich neue Gäste und bieten ihren Bürgern attraktive Verbindungen.“

Mein Fernbus will in die Region

Das Unternehmen „Mein Fernbus“ hat derzeit nach eigenen Angaben eine Auslastung von 75 Prozent, die meisten Fahrgäste seien darüber hinaus keine Bahnkunden, sondern eher Menschen, die bisher den Pkw genutzt haben. „Da sind junge Menschen, die sonst bei Mitfahrzentralen buchen und auch viele Ältere, die nicht mehr allein so lange Strecken mit dem Auto zurück legen wollen“, berichtet Greve von seinen Erfahrungen. Ein Drittel der Fahrgäste sei unter 25 Jahre alt, der Rest würde sich auf alle Generationen aufteilen. „Je mehr der Spritpreis steigt, desto mehr Menschen wollen auf den Bus umsteigen.“

Tatsächlich erwarten Branchenkenner, dass die Fernbus-Anbieter mit den günstigeren Fahrpreisen Kunden locken. Einzelne Schnäppchenangebote werben mit 11 Euro für die neue Strecke Heidelberg-Nürnberg. Wer tagesaktuell bucht, zahlt etwa 40- bis 50 Prozent des Bahnpreises. Fahrgastrechte auf Entschädigung bei Verspätung oder Ausfällen, so wie es sie im Bahnverkehr oder Flugverkehr gibt, sind den Busfahrgästen bislang noch keine eingeräumt. Auch darin sehen Kritiker der neuen Linien eine Wettbewerbsverzerrung zugunsten der Straße.