Bei einem Workshop wird über Zwangsvollstreckung in beiden Ländern gesprochen.

Leonberg - Ungewöhnlichen Besuch haben Direktor Torsten Hub und seine Kollegen vom Amtsgericht kürzlich empfangen dürfen: Eine hochrangige Delegation von zehn chinesischen Richtern des Obersten Volksgerichts sowie aus den Provinzen Henan und Jiangsu hat während einer Reise durch verschiedene Justizbereiche des Landes Baden-Württemberg auch in Leonberg Station gemacht. Am Amtsgericht gab es einen Workshop zu verschiedenen Fragen der Zwangsvollstreckung, an dem neben Richtern auch Rechtspfleger und Gerichtsvollzieher teilnahmen. „Wir haben unter anderem über die Möglichkeiten in beiden Ländern gesprochen, das Vermögen eines Schuldners zu ermitteln“, erklärte Amtsgerichtsdirektor Torsten Hub.

 

Darüber hinaus sei es um die Effizienz verschiedener Vollstreckungsmaßnahmen und die Rechte des Schuldners in der Zwangsvollstreckung gegangen. „In China gibt es beispielsweise eine allgemein zugängliche Internet-Plattform, in der Schuldner aufgezählt werden, die zahlen könnten, aber nicht wollen“, berichtet der Leonberger Amtsgerichtsdirektor. Zudem könnten Schuldnern in China Luxusausgaben verboten werden, so dass diese weder Flüge buchen noch teure Bahnreisen machen könnten.

Verschiedene Länder, ähnliche Probleme

„In China und Deutschland gibt es bei der Zwangsvollstreckung ähnliche Herausforderungen und teilweise vergleichbare Lösungsansätze“, lautete die Bilanz von Torsten Hub. Wegen der unterschiedlichen gesellschaftlichen Hintergründe falle die Abwägung zwischen den Interessen von Gläubigern und Schuldnern in China an der ein oder anderen Stelle anders aus als in Deutschland. Vom chinesischen Delegationsleiter, einem Vorsitzenden Richter am Obersten Volksgericht, gab es ein großes Lob für die Gastgeber: „Man sieht auf den ersten Blick, dass das Amtsgericht Leonberg hervorragend aufgestellt ist.“

Die chinesische Delegation ist noch bis zum 20. September in Deutschland. Neben dem Amtsgericht Leonberg besuchen die Juristen aus Fernost auch die Amtsgerichte und Landgerichte in Ravensburg und Heilbronn, das Amtsgericht Freudenstadt sowie das Landgericht Hechingen. Auf dem Programm steht zudem der Besuch eines Grundbuchamtes und einer Gerichtsverhandlung. Neben dem fachlichen Austausch soll der Besuch in Deutschland auch dazu dienen, unterschiedliche Richterpersönlichkeiten kennen zu lernen und sich über die Stellung der Justiz in Staat und Gesellschaft sowie über den Umgang mit Urteilen in der Öffentlichkeit auszutauschen.

Den deutsch-chinesischen Rechtsstaatsdialog gibt es seit 2004. Er wurde von der Bundesregierung initiiert und wird von der Robert-Bosch-Stiftung unterstützt. Richter aus dem Oberlandesgerichtsbezirk Stuttgart waren 2014, 2015 und 2017 in China, Gegenbesuche gab es in den Jahren 2014 und 2016.