Heimische Manager sind beim Schweizer Anti-Abzock-Gesetz gespalten. Die Meinungen reichen von absoluter Zustimmung bis zu totaler Ablehnung.

Leonberg - Es ist eines der klarsten Referenden in der Schweizer Geschichte. Knapp 68 Prozent der Eidgenossen haben sich am Sonntag dafür ausgesprochen, die Gehälter von Managern zu begrenzen – nur zwei Mal fiel eine Volksabstimmung deutlicher aus. Bonuszahlungen in Millionenhöhe sollen gänzlich verboten werden; über die regulären Zuwendungen der Firmenchefs werden künftig die Aktionäre jedes Jahr aufs Neue entscheiden.

 

Die Leonberger Geschäftswelt ist beim Thema Manager-Verdienst gespalten. Die Meinungen reichen von absoluter Zustimmung bis hin zu totaler Ablehnung. „Ich halte die Schweizer Entscheidung für falsch“, sagt der Leonberger Erwin Staudt. Der ehemalige IBM-Geschäftsführer und Ex-Präsident des VfB Stuttgart fügt hinzu: „Der Staat soll sich an dieser Stelle nicht einmischen. Die Höhe von Gehältern muss der freie Markt regeln.“ Aus Staudts Sicht hat die Diskussion um den Verdienst von Top-Managern nichts mit Leistungsgerechtigkeit zu tun: „Das ist eine bloße Neiddebatte. Das halte ich für unangemessen.“

Außerdem glaubt Staudt nicht, dass sich die Schweizer Idee in der Praxis umsetzen ließe: „Dem Betrug wird dadurch Tür und Tor geöffnet“, sagt er. „Das kann sicherlich leicht umgangen werden“, sagt er mit Blick auf das Gesetz, dass das Schweizer Parlament nun nach der Volksabstimmung verabschieden muss. Sicher ist übrigens schon jetzt: Verstöße werden mit Haftstrafen von bis zu drei Jahren und Geldbußen von maximal sechs Jahresgehältern geahndet.

Zustimmung findet die sogenannte Anti-Abzock-Initiative bei Rainer Zachert. Der Mittelständler betreibt sechs Bäckereifilialen und eine Metzgerei. „Die Aktionäre sind die Eigentümer einer Firma. Daher dürfen sie auch entscheiden, was ein Angestellter verdient“, sagt der Unternehmer. „Und ein Manager ist ja auch nur ein Angestellter. Daher finde ich die Schweizer Idee völlig richtig.“ Zachert ist sich außerdem sicher: „Gute Leute werden wegen eines solchen Gesetzes einen attraktiven Arbeitgeber nicht verlassen.“

Aus Sicht von Christian Andresen, dem Manager des Leo-Centers, ist das Schweizer Gesetz im Grunde unnötig: „Wenn beide Seite anständig bleiben und ein gesundes Maß finden, bedarf es einer solchen Regulierung nicht.“ Zwar plädiert der Center-Manager für Verdienst mit Augenmaß, sagt aber auch: „Teilweise sind Milliongehälter schlicht angebracht, wenn gute Leistung und große Verantwortung für viele Mitarbeiter das rechtfertigen.“

Andresen ist wie Staudt der Meinung, dass es nicht Aufgabe des Staates ist, die Gehälter von Leistungsträgern zu begrenzen. „Das ist eine Frage von Angebot und Nachfrage und nicht von Gesetzen.“ Der gebürtige Hamburger spricht sich hingegen gegen unangebrachte Bonuszahlungen aus: „Antrittsgelder, noch bevor jemand etwas geleistet hat oder Abfindungen für gescheiterte Manager, sollte es nicht geben.“

Die Geschäftsführer des Leonberger Pumpenspezialisten Lewa halten die Schweizer Idee für ein Modell, das auch in Deutschland möglich wäre. „Wir finden das positiv“, sagen Stefan Glasmeyer und Martin Fiedler. „Die Menschen, die Verantwortung tragen, sollen vernünftig bezahlt werden. Doch Exzesse, wie wir das in der Vergangenheit immer wieder erlebt haben, müssen vermieden werden.“ Die beiden sind überzeugt, ein ähnliches Gesetz könnte es auch hier geben. „Eine Umfrage besagt, dass knapp 80 Prozent der Deutschen hinter einem Deckel für zu hohe Gehälter stehen würden“, sagen die Geschäftsführer. „Es ist gut, dass die Diskussion in Deutschland jetzt wieder in Gang kommt.“