Ute Pohl und Gerhard Böhmler gewinnen bei den Deutschen Filmfestspielen des „nicht kommerziellen“ Films den Obelisk.

Rutesheim - Der Oscar für nicht kommerzielle Filme besteht aus Plexiglas, er fußt auf einem schwarzen Kunststoff-Sockel und heißt Obelisk. Genauso eine Trophäe steht bei Gerhard Böhmler im Wohnzimmer. Der Rutesheimer hat ihn gemeinsam mit der Flachterin Ute Pohl bei den 75. Deutschen Filmfestspielen (DAFF) Ende Mai in Radolfzell für den Kurzfilm „Geborgene Zwischenräume“ über den Weissacher Bildhauer Fero Freymark gewonnen.

 

Eine Riesenüberraschung für die Macher. „Damit hatten wir überhaupt nicht gerechnet!“, sagt der 74-Jährige über die Veranstaltung, bei der die Jury über die besten 56 Amateur-Filme aus ganz Deutschland entscheiden musste. Wobei: „Amateure“ hört der Mann nicht so gern und spricht viel lieber von „nicht kommerziellen Filmen“. Seine Mitstreiterin Ute Pohl nennt die Auszeichnung „ein Geschenk des Himmels“. „Da sind großartige Filme aus den unterschiedlichsten Genres gelaufen“, sagt sie. Am Ende gehörte ihr Kurzfilm zu den sieben Gewinnerbeiträgen, die mit dem Preis des Bundesverbandes Deutscher Film-Autoren (BDFA) prämiert wurden.

Elf Minuten Kunst

Für den elfminütigen Film schauten die beiden Fero Freymark, der auch der Ehemann von Ute Pohl ist, bei der Erschaffung einer neuen Skulptur vor dem Pforzheimer Gasometer über die Schulter, die er aus Stahlblechen und Trägern der alten Deckenkonstruktion schweißte – von der ersten Skizze bis zur Fertigstellung. „Normalerweise dreht sich alles um das fertige Ergebnis, hier stand aber die Entstehungsgeschichte im Mittelpunkt“, sagt Pohl. Und genau das kam auch bei der Jury gut an, die in ihrem Urteil folgendes befand: „Staunend verfolgen wir, wie der Bildhauer aus Skizzen, Modellen und in der Werkshalle eine tonnenschwere und filigrane Skulptur aus dem vermeintlichen Schrott eines Industrieriesen werden lässt.“

Fast anderthalb Jahre haben die beiden an ihrem filmischen Werk gearbeitet und schon mal bei Minus zehn Grad die Kamera draufgehalten. Pohl, die frühere Violoncellistin des Radiosinfonieorchesters Stuttgart, steuerte neben dem Kommentar auch die Musik bei. Böhmler übernahm derweil als Ingenieur der Luft- und Raumfahrttechnik den technischen Part und saß viele Nächte am Computer, um das stundenlange Filmmaterial zu schneiden. „Man muss den Film so schneiden, dass er nicht langweilig wirkt“, sagt der Rutesheimer. Da müsse jedes einzelne Bild den Zuschauer faszinieren. „Das ist eine große Herausforderung“, weiß er.

Hauptdarsteller ist Fero Freymark

Klar, dass der Film interessant wird, liegt nicht zuletzt am Protagonisten selbst. „Das Publikum muss unterhalten werden“, sagt Böhmler, der sich aber sicher ist, dass dem Weissacher Künstler dies auch voll gelungen ist. „Er hat die Gabe, die Dinge schön und auch humorvoll zu formulieren.“ Das Resultat sind „lebendige Situationen“. Und mit dem SWR-Redakteur Gerd Motzkus ein begeistertes Jury-Mitglied. „Er sagte in der Laudatio, dass er von dem Film begeistert ist und großes Interesse bekommen hat, den Künstler näher kennenzulernen“, berichtet Ute Pohl stolz.

Das Gewinner-Duo stand nicht zum ersten Mal gemeinsam hinter der Kamera. Vor ihrem großen Erfolg machten sie einen Kurzfilm über die Baum-Skulptur Freymarks vor der Strudelbachhalle in Weissach. Die beiden kennen sich über den Ludwigsburger Filmclub, der einer der renommiertesten in ganz Deutschland ist. Dort sind die Filmemacher seit vielen Jahren Mitglied – Gerhard Böhmler saß früher auch im Vorstand. „Wir mussten uns erst einmal über einen internen Wettbewerb qualifizieren, bevor es dann später zu Regional- und Landesausscheidungen ging“, erklärt der Rutesheimer.

„Von Promis lebt die Welt“

Das Filmen hat er vor 40 Jahren für sich entdeckt. „Anfangs habe ich ganz klassisch meine Familie aufgenommen, später folgten Filme mit beruflichem Hintergrund“, sagt er. Heute stehen bei ihm Promis hoch im Kurs. Ob Günther Oettinger, Wolfgang Thierse oder Heiner Geißler – er hat sie alle gehabt. Nur bei der Bundeskanzlerin war er beim letzten Kirchentag abgeblitzt. „Da schlugen fünf Gorillas vor mir auf, und es war nichts zu machen!“ sagt er. Solche Persönlichkeiten finde er spannend. „Davon lebt doch die Welt“, sagt er. „Den Trump würde ich auch gleich auf einen Kaffee einladen!“ Ute Pohl kam durchs Fotografieren auf den Geschmack. „Meine erste Kamera, eine Zeiss Ikon, habe ich bei einem Preisausschreiben gewonnen“, sagt sie. „Da war ich zehn!“

Schon bald ist das Dream-Team wieder mit der Kamera im Anschlag unterwegs. Die Rutesheimer Rathausspitze hat die beiden für die anstehenden Feierlichkeiten zum 1250-Jahr-Jubiläum eingespannt. Dass dabei ein sehenswerter Film entsteht, daran zweifelt niemand.