Am 1. März jährt sich zum 70. Mal die Bombardierung von Leonberg. Als zwei Dutzend amerikanische Bomber, die auf dem Heimflug waren, ihre todbringende Last ausklinken, fallen 19 Zivilisten dem sinnlosen Angriff zum Opfer.

Leonberg - Lässt sich die Sinnlosigkeit eines Krieges noch steigern? Er wird noch sinnleerer, wenn unschuldige Zivilsten, Kinder, Frauen und alte Menschen ihr Lebens lassen müssen. Am Sonntag, 1. März, jährt sich zum 70. Mal, dass die Stadt Ziel eines Bombenangriffs wurde. Dabei sind 19 Menschen ums Leben gekommen.

 

Gegen 15.20 Uhr hatten am 1. März 1945 etwa zwei Dutzend zweimotorige amerikanische Marauder-Bomber innerhalb weniger Sekunden ihre tödliche Last über der Stadt abgeworfen. Danach drehten sie nach Westen ab. Etwa 70 Sprengbomben und 20 Flammenstrahlbomben gingen über Leonberg nieder, auch zwölf besonders perfide Bomben mit Zeitzünder. So hatte sich in einem Gespräch vor 15 Jahren Else Häcker daran erinnert, dass eine solche Bombe nach Mitternacht im Garten der Familie an der B 295 gegenüber dem Hasenbrünnele hochgegangen war – verletzt wurde niemand.

Dabei war es noch Glück im Unglück, dass beim Anflug die Bombenschützen in den Maschinen wohl einige Sekunden zu früh auf die Auslöser drückten – rund zwei Drittel der Bomben fielen auf die Äcker beim Hasenbrünnele. Aber die Goethestraße, die Graf-Eberhard-Straße und die Eltinger Straße traf es schwer. Geringere Schäden gab es in Eltingen. 20 Häuser wurden völlig zerstört, etwa 300 beschädigt.

„Ich war noch keine drei Jahre alt, aber dieser Tag hat sich unauslöschlich in mein Gedächtnis eingebrannt, als sei es gestern gewesen“, sagt der Leonberger Optikermeister Werner Zerweck. Jahrzehntelang hätten ihn die traumatischen Ereignisse seelisch mitgenommen, denn der Schicksalstag hat das Leben der Familie dramatisch verändert. Die Tragödie nahm ihren Lauf, als eine der großen Sprengbomben die Häuser der Familie an der damaligen Unteren Marktstraße 3 und 5 traf. Die Straße gibt es nicht mehr, an der Stelle steht heute an der Graf-Eberhard-Straße das Haus der Familie mit dem Brillenstudio. „Mein Bruder Martin, der am 4. April sechs Jahre alt geworden wäre, wurde tot aus den Trümmern geborgen“, schildert Zerweck. Gestorben war auch Tante Gretel Besserer, die auf die Kinder aufpasste. Schwer verletzt wurde die Haushälterin des Großvaters, Hermine Fischer. Sie starb zwei Wochen später im Krankenhaus.

„Es dauerte mehr als zwei Stunden bis man mich in den Trümmern fand, ich war bis zum Hals verschüttet, hatte aber nur einige kleine Platzwunden“, erzählt Werner Zerweck. Vater Gotthold Zerweck konnte bei der Rettung seines Kindes nicht helfen. Er war in Pforzheim, wo er in einem Zünderwerk dienstverpflichtet war, um nach dem schweren Luftangriff auf die Stadt am 23. Februar 1945 , der mehr als 17 600 Tote gefordert hat, bei den Aufräumarbeiten zu helfen. „Der 1. März war ein Tag, über den meine Eltern ganz selten und nur ungern sprachen“, erinnert sich Werner Zerweck.

Der Leonberger Hermann Beile, der seinerzeit als 26-jähriger Leutnant Messoffizier und Batterieführer einer 8,8-Flakstellung zwischen Vaihingen und Büsnau war, hat in seinen Erinnerungen den Tag als besonders schön geschildert – der Himmel sei blau gewesen und die Sicht reichte 150 Kilometer. In der Flakstellung in Vaihingen war das Geschwader, das Leonberg angriff, bestens bekannt. Etwa 100 der zweimotorigen Bomber mit dem knallroten Leitwerk waren im französischen Dijon stationiert.

Am Vormittag des 1. März 1945 waren sie über den Schwarzwald nach Norden gezogen und hatten Heidelberg, Mannheim und Würzburg angegriffen. Etwa 25 Maschinen kamen über Heilbronn zurück. In 3000 Meter Höhe flogen sie mit offenen Bombenschächten auf die feuerbereiten Geschütze zu. Die Piloten kannten aber die Stellung der Flugabwehrkanonen und drehten nach Westen über Leonberg ab. Hier klinkten sie ihre todbringende Last aus, denn kein Pilot lässt sich freiwillig auf eine Landung mit Bomben im Schacht ein.

14 Menschen starben unmittelbar bei dem Bombenangriff. Von den 46 Verletzten erlagen noch fünf weitere Menschen ihren Wunden. Opfer des Luftangriffs wurden: Karl Frick (79 Jahre alt), seine Ehefrau Friedericke (79) und ihre drei Enkelkinder Ruth (16), Johanna (12) und Rosemarie Pflugfelder (9), ferner Martin Zerweck (6), Margarete Besserer (40), Ludwig Keppner (16), Jakob Bender (73), Emma Knaisch (35), Paul Schmalzriedt (54), Gertrud Joss (45), Lina Längerer (45), Christian Krieg (76), Marie Beckert (82), Hermine Fischer (64), Maria Beutelspacher (66), Emma Eckart (57) sowie Hilde Ruff (17).