Die Allgemeinchirurgie am Krankenhaus wird wieder besetzt. Streit gibt es jedoch über den Umfang der Stelle.

Leonberg - Bei der Eröffnung der neuen Intensivstation am Krankenhaus Leonberg hatte es der Landrat Roland Bernhard bereits verkündet: Die Chefarztstelle in der Allgemein- und Viszeralchirurgie wird wieder besetzt. Die hat bislang Karl-Josef Paul inne, der aber Ende Mai 2018 in den Ruhestand geht. Der Aufsichtsrat des Klinikverbundes Südwest hat nun in der vergangenen Woche auch dafür den Weg frei gemacht. „Ich freue mich sehr, dass der Aufsichtsrat dem zugestimmt hat“, kommentiert Bernhard nun diese Entscheidung, die in nicht-öffentlicher Sitzung getroffen wurde.

 

Doch was in Leonberg nun wieder die Alarmglocken läuten lässt, ist der folgende Satz des Landrats: „Wir haben die Geschäftsführung beauftragt, in den kommenden Monaten auf Kandidatensuche zu gehen und ein schlüssiges Konzept vorzulegen, wie der künftige Nachfolger sowie die fachliche Ausrichtung der Klinik beispielsweise im Rahmen eines standortübergreifenden Fachzentrums im Sinne der verbundweiten Medizinkonzeption eingebunden werden wird.“

Millionen-Investitionen sind geplant

Zu diesem Konzept soll auch die enge Zusammenarbeit mit der Klinik für Innere Medizin II gehören, die seit 2015 von Barbara John geführt wird. Um diese Chefarzt-Stelle sowie diejenige in der Unfallchirurgie, die seit 2016 wieder besetzt ist, hatte es Diskussionen gegeben. Ausgelöst durch das Medizinkonzept, das den kleineren Kliniken Leonberger und Herrenberg im Verbund eine kleinere Rolle zuschrieb als dem geplanten Flugfeldklinikum in Böblingen, das 2024 fertig sein soll. Nach heftigen Protesten aus Bevölkerung und Kommunalpolitik war dies entschärft worden. Jüngst wurde die neue Intensivstation in Leonberg für 4,4 Millionen Euro eingeweiht. Weitere 60 Millionen Euro an Investitionen sind hier vorgesehen.

Betriebsrat fürchtet „Chefarzt-Stelle light“

Diese generelle Entwicklung begrüßt der Betriebsrat des Leonberger Hauses, warnt aber gleichzeitig vor einer „Chefarzt-Stelle light“ – also wenn der Chefarzt nicht wie bislang seine volle Zeit in Leonberg verbringt. Aus dem Klinikumfeld werden Befürchtungen laut, dass in diesem Falle komplexe Behandlungen nicht mehr in Leonberg durchgeführt werden. Im schlimmsten Falle gingen Zertifizierungen verloren.

„Eine Reduktion des Spektrums wird einen Abbau bei den ärztlichen Stellen nach sich ziehen“, sagt Ute Geiger, die Betriebsratsvorsitzende. „Auch die Leistungsfähigkeit der Inneren Medizin und das wirtschaftliche Ergebnis wird sich negativ auswirken. Dies wiederum führt zum Verlust von Patienten“, warnt sie. Die Klinik in Böblingen besitze zudem nicht die Kapazität, Patienten aus Leonberg für komplexe Behandlungen aufzunehmen, diese würden dann nach Stuttgart oder Ludwigsburg gehen.

Neues Strahlenzentrum eröffnet neue Möglichkeiten

Dass die Stelle wieder besetzt werden soll, erfreut den Leonberger Oberbürgermeister. „Ich bin aber etwas irritiert. Es ist die Aufgabe des Aufsichtsrates, ein Konzept zu beschließen und dann nach einem geeigneten Kandidaten zu suchen“, sagt Bernhard Schuler. Diese Haltung habe er dem neuen Geschäftsführer des Klinikverbundes, Jörg Noetzel, bereits mitgeteilt. Man müsse sehen, dass in Leonberg ein profitabler Behandlungsmix erhalten bleibe. „Gerade mit dem von einem privaten Investor geplanten neuen Strahlentherapiezentrum in Leonberg eröffnen sich hervorragende Möglichkeiten“, meint Schuler.

Klinikverbund: Standortübergreifende Zentren bewährt

Der Klinikverbund wehrt sich gegen die Kritik. „Wir wollen und werden auch weiterhin ein schlüssiges chirurgisches Versorgungskonzept in Leonberg anbieten“, sagt Pressesprecher Ingo Matheus. Mit den Chefärzten werde das medizinische Profil abgesprochen, die Verzahnung mit der Abteilung von Barbara John sei dabei besonders wichtig. Es seien bereits in der Vergangenheit standortübergreifende Fachzentren gebildet worden, die sich bewährt hätte. Etwa in der Geburtshilfe, bei der der Chefarzt in Böblingen ist. Oder bei der Radiologie, wo der Chefarzt in Leonberg sitzt. Letztere funktioniere sogar landkreisübergreifend mit Nagold.

Schwerpunkte werden mit Chefärzten erarbeitet

„Unabhängig davon ist es aber definitiv vorgesehen, einen eigenen Chefarzt für Leonberg zu suchen und damit die Chirurgie nicht mit einem standortübergreifenden, sondern mit einem eigenen Chefarzt für Leonberg nachzubesetzen“, betont der Pressesprecher und fügt hinzu: „Klar ist aber auch, dass wir uns, wie im Medizinkonzept vereinbart, gerade bei Chefarztnachbesetzungen über die standortübergreifende Zusammenarbeit unterhalten und klären, wer zukünftig welche Schwerpunkte besetzen wird.“

Wenn das Flugfeldklinikum 2024 an den Start gehen soll, müssen die Fachzentren bereits laufen, erklärt der Sprecher des Landratsamtes, Dusan Minic. Wie die Schwerpunkte künftig in Leonberg aussehen sollen, das werde man mit dem zu findenden Chefarzt gemeinsam erarbeiten.