Das Glemseck 101 lockt Zehntausende Besucher auf die Zielgerade der Solitude-Rennstrecke. Drei Tage lang dreht sich alles um Motorräder, Rennen und Musik. Den ersten Sieg des Tages sichert sich Jürgen Schwarz gegen den Landrat Roland Bernhard.

Leonberg - Der Geruch von Benzin und Gummi liegt in der Luft. Ein Motorrad nach dem anderen drängt sich zwischen den Besuchern durch, die sich auf der Straße im Mahdental an Ständen, Autos und Zweirädern vorbeischieben – auf ein Ziel zu: das Glemseck 101. Es ist Samstag, kurz vor Mittag. Die Sonne steht hoch am blauen Himmel und wird hin und wieder von weißen Wolken verdeckt. Das Thermometer zeigt 25 Grad an. Ein kleines Aufbäumen des Sommers. Doch von Kopf bis Fuß in Leder gehüllt stapfen die meisten Glemseck-101-Besucher die Straße entlang. Die Motorradkluft verrät sofort, wie sie hergekommen sind.

 

Zu Hunderten reihen sich die motorisierten Zweiräder auf der L 1187 und der L 1188 hinter dem Hotel Glemseck aneinander. Sportliche Maschinen neben Rädern mit Beiwagen und dazwischen auch das ein oder andere Café-Racer-Schmuckstück. In blank poliertem Chrom spiegeln sich die Sonne und die neugierigen Gesichter der Besucher.

In der Sonne leuchtet auch die orangefarbene Jericho Yamaha TR 1, auf die Jürgen Schwarz steigt. Der Pfarrer und Rutesheimer Schulleiter ist an diesem Tag in besonderer Mission unterwegs. Er tritt über die Achtelmeile gegen Landrat Roland Bernhard an und kann es kaum erwarten. „Natürlich bin ich aufgeregt. Aber es wäre ja auch schlimm, wenn nicht“, sagt Schwarz und grinst. Der weiße Pfarrerskragen schaut aus der schwarzen Motorradjacke heraus, während Jürgen Schwarz den Motor schon mal ordentlich warm laufen lässt – sehr zur Freude des Publikums, das den aufsteigenden Rauch mit Applaus quittiert.

Landrat Roland Bernhard wirkt daneben wie die Ruhe selbst. Immerhin hat er schon mehr Übung auf dem Glemseck 101. Vor zwei Jahren flitzte er mit einem Elektromoped über die Zielgerade der historischen Solitude-Rennstrecke. Im vergangenen Jahr trat Bernhard dann gegen seinen Mitarbeiter und Glemseck-Mitorganisator Jörg Litzenburger an, der an diesem Tag das Mikrofon schwingt. Er hat seinem Chef für das Rennen sein eigenes Motorrad geliehen, einen Café-Racer der Marke Triumph, Modell Thruxton.

„Das ist ein heißer Ofen“, meint der Landrat, der nicht damit rechnet, endlich mal zu gewinnen. Vor allem nicht bei einem Pfarrer als Gegner. „Der hat einen guten Draht zum Herrgott. Das beweist ja schon das tolle Wetter“, sagt der 56-Jährige und schmunzelt. Währenddessen gibt die Sängerin Cathrine Jauer die Richtung vor: „Hit the Road Jack“ singt sie.

Dann ist es so weit. Landrat und Pfarrer treten zum Testdurchlauf an. Flaggengirl Laura Hoepelman aus Malmsheim schwingt die Fahne, und Bernhard erwischt einen prima Start. Doch das war nur die Probe. Als es darauf ankommt, ist Jürgen Schwarz am Start schneller.

Röhrend zieht er mit seiner Jericho von dannen. Etwas gequält lächelt Roland Bernhard und gratuliert seinem Gegner zum Sieg. Für das Glemseck 101 rühre er gern die Werbetrommel. „Das Glemseck 101 und das Solitude Revival – da wächst etwas heran in Leonberg, das sollte die Stadt pflegen“, sagt der Kreischef.

Nach den „Promis“ sind die Profis dran. Bei den International Sprints treten Teilnehmer aus allen Kategorien bunt zusammengewürfelt gegeneinander an. Schwere Rennmaschinen gegen flinke Café Racer, da scheint das Ergebnis klar zu sein. Doch das Mehr an Pferdestärken reicht auf der kurzen Strecke nicht immer zum Sieg. Am Ende muss sich die einzige Frau im Starterfeld, die Supermoto-Fahrerin Nina Prinz, Jörg vom Brauck auf seiner Ducati Flat Red 2 geschlagen geben. 

Am Abend übernehmen dann die Rockabillys das Ruder. Während die Band Les Quitriche auf der Bühne die Musik der 1950er und 60er Jahre in französischer Sprache wiederauferstehen lässt, haben es sich Betti Stahl und ihre Mutter Birgit Crois an einem Tisch vor der Bühne gemütlich gemacht. „Die Musik ist nicht so mein Stil“, kommentiert Betti Stahl das Konzertprogramm. Ihre Mutter, die das erste Mal beim Glemseck 101 ist, pflichtet ihr bei: „Ich hätte mit mehr Rock gerechnet.“

Betti Stahl war bereits zweimal hier. „Die Veranstaltung ist toll. Es kostet keinen Eintritt, alle Aussteller sind hier, und ich kann mir so viele tolle Motorräder mal richtig ansehen.“ Sie selbst fährt eine Kawasaki ER5. Die Café Racer hingegen seien etwas sehr Spezielles.

Von den Rennen haben Mutter und Tochter kaum etwas mitbekommen. „Da waren so viele Leute an der Strecke, man hat nichts gesehen. Eine Leinwandübertragung wäre toll“, wünscht sich die Motorradfahrerin fürs nächste Jahr. Dann wird das Glemseck 101 mit neuen Rennen auf einer neu gerichteten Strecke locken.