Die privaten Kunstschätze von des Kunstsammlers Siegfried Kriesten sind noch bis zum 28. Dezember im Galerieverein zu sehen.

Leonberg - Die Treppe ins Obergeschoss des Galerievereins ist steil. Wer den Aufstieg geschafft hat, begegnet gleich einer Ikone der abstrakten Malerei. Max Ackermann, bedeutender Protagonist des Konstruktivismus, ist hier mit drei Werken vertreten, in denen jeweils eine Farbe klar dominiert – Rot, Blau und Schwarz – mit filigranen, farbigen Elementen. Ackermanns Malstil war ein auslösendes Moment für die Sammelleidenschaft von Siegfried Kriesten. Inzwischen hat sich der Erbauer des Mahdental-Gartens eine stattliche Sammlung von Kunst zugelegt, die seit Sonntag im Galerieverein gezeigt wird.

 

Wie der Gartenarchitekt gestand, vertraut er beim Kunstkauf seinem Bauchgefühl, wobei zeitgenössische Strömungen den Schwerpunkt bilden. Die Schau verfolgt mit den von Eva Ott, der Kuratorin und Leiterin des Galerievereins, ausgewählten Werken die spannende Entwicklung der mit Leidenschaft und Freude an der Kunst aufgebauten Sammlung. Besondere Vorlieben hat Kriesten im Lauf der Zeit für die Arbeiten von Manfred Henninger entwickelt, weil er in ihm Paul Cézanne wiederfand und dessen Art zu malen, den jungen Kriesten faszinierte.

Kompositionen von Henninger erinnern an Cézanne

Nun hat Henninger mit vibrierendem, vitalem Strich spannungsvolle Naturstudien, Stillleben und Figurenkompositionen geschaffen, die in der Tat an Cézanne erinnern. Henningers Kunst, die Vereinigung des Menschen mit der Landschaft transparent zu machen, wird vor allem in dem großformatigen Bild mit nackten Badenden in der Natur deutlich. Die Kreidearbeit auf Papier markiert räumlich den Start zu dieser Schau vis-à-vis zum Galerieeingang.

Im Obergeschoss kommen einem die Motive von Albert Merz ungleich rätselhafter vor. Mit seiner Kunst eröffnet er Freiräume, in denen alles dynamisch und vital im Gedankenfluss bleibt. Gestaltlose Formen, die sich zu kreisförmigen Lichtgebilden wie Planetengestirne zusammenballen. Oder er bietet in Form verschlungener Labyrinthe oder sternengleich gestreuter Ausgangspunkte dem Betrachter Spielraum für eigene Assoziationen.

In Rolf-Gunter Diensts Acryl-Malereien werden Farben und Schrift in Beziehung zu sich selbst und zueinander gesetzt. Linien, Blöcke und Quadrate aus satten Farben lassen interessante Kontraste entstehen. Seine Bilder handeln von Text und Textur, Schreiben und Malen. Beispielsweise geht er in dem Gedicht „Voyelles – Vokale von Arthur Rimbaud“ den „paradoxen Kernfragen auf den Grund“, wie Felix Muhle in seiner Einführung gedeutet hat, „wie klingt Farbe, wie spricht Farbe?“ Dieser fünfteilige Zyklus nimmt eine zentrale Stellung im Werk des Malers ein, den eine enge Freundschaft mit Siegfried Kriesten verbindet.

Tschechische Künstlerin ist extra aus Prag angereist

Freundschaftliche Beziehungen wird der Sammler von nun an auch mit der weltweit tätigen Künstlerin Magdalena Jetelová pflegen können. Sie war eigens zur Vernissage aus Prag angereist, wo sie in den Achtzigern durch spektakuläre politische Aktionen auf sich aufmerksam gemacht hatte und aus Rauchbomben roten Signalrauch aufsteigen ließ. In der ausgestellten Lichtfluss-Serie greift Jetelová die Motive längst vergangener Zeiten wieder auf, indem sie knallig rote Rauchschwaden durch ihre Bilder wabern lässt.

Ursprünglich eine Bildhauerin kann die Tschechin, wie sie gesteht, „einfach nicht mit dem Pinsel umgehen“. Also müsse sie „mit Material malen“, das heißt, sie katapultiert mit Gaspatronen Farbpigmente auf die Leinwand. Ein überraschender und ästhetisch ansprechender Volltreffer.

Dass Kriesten mit seinen Schätzen dem Besucher ein breites Spektrum zeitgenössischer Kunst eröffnet, ist eine glückliche Fügung – die Schau erfreut das Gemüt.