Was treibt den CDU-Politiker Clemens Binninger sonst um in diesem Herbst? Mit großer Mehrheit ist er wieder nominiert worden. Der 50-Jährige ist in Berlin zu einem wichtigen Innenpolitiker aufgestiegen und ist gut vernetzt in der Kreispartei.

Leonberg - Das Telefon piepst, klingelt oder summt fast ständig bei Clemens Binninger, als er zum Redaktionsbesuch unserer Zeitung kommt und über die Politik in Land und Kreis redet. „Ich könnte jeden Tag im Radio reden“, sagt der 50-Jährige, und es klingt nicht nach Angeberei, sondern deutet eher an, wie stressig das sein kann. „Man muss sich schon konzentrieren, wenn man drei Mal am Tag ein Statement vor Kameras abgeben muss“, sagt er zu den ständigen Auftritten nach den „NSU“-Ausschusssitzungen. Aber Spaß macht es natürlich auch, gibt er zu.

 

Was treibt den CDU-Politiker Clemens Binninger sonst um in diesem Herbst? Mit großer Mehrheit ist er wieder nominiert worden, der holperige Start vor neun Jahren, als seine Vorgängerin Brigitte Baumeister mit Mühen abgewählt wurde und noch viel Porzellan zerschlagen hat, ist kein Thema mehr. Binninger ist in Berlin zu einem wichtigen Innenpolitiker aufgestiegen und ist gut vernetzt in der Kreispartei. Nicht zuletzt durch seine Ehefrau, die Nufringer Bürgermeisterin Ulrike Binninger.

Natürlich ist es der Zustand seiner Partei im Land, der auch den Mandatsträger nicht unberührt lassen kann. Das jahrzehntelange Abonnement auf die Macht im Ländle ist abgelaufen. Sogar das Szenario eines grünen Ministerpräsidenten und ein grünen OBs in Stuttgart ist denkbar. Binninger wiegelt mit Blick auf die OB-Wahl in Stuttgart allerdings ab. „Oberbürgermeister sind Solitäre, man darf das parteipolitisch auch nicht überbewerten.“ Dennoch, der Zustand der Landespartei, die nicht nur die Stadt, sondern auch den ländlichen Raum beherrscht hat, macht ihm Sorgen.

Die Landes-CDU braucht einen Neuanfang

Man müsse sich neu aufbauen, Diskussionsfähigkeit erst wieder lernen. „Wenn 100 Kameras dabei sind, kann man nicht erwarten, dass ein Basismitglied Kritik übt“, sagt er zum jüngsten, kritikfreien Landesparteitag. Aber ohne Presse bei einer Versammlung in Sindelfingen, da sei Tacheles geredet worden. Man habe alles aufgearbeitet: „Das war ein Wendepunkt.“

Jetzt müsse die CDU im Land „professionell und unaufgeregt“ gute Oppositionsarbeit machen. Nicht alles kritisieren, aber die Schwachpunkte der grün-roten Regierung aufzeigen. Die sieht der gelernte Polizist zum Beispiel bei der Polizeireform: „Das ist doch ein Schildbürgerstreich.“ Oder die Ankündigung des Verkehrsministers Winfried Hermann (Grüne), nur noch begonnene Straßen fertigzubauen. Immerhin, der Kreis sei mit dem Gröbsten durch: „Die Autobahn A 81 bis zur Hulb wird saniert, und die B 464 wird gebaut, so weit es möglich ist.“

Für den Lückenschluss zur B 295 allerdings rechnet Binninger frühestens 2016 mit dem Baurecht. Das einzige Großprojekt, das noch nicht in den Plänen des Landes verankert ist, sei das Altdorfer Kreuz bei Holzgerlingen. „Dafür müssen wir alle zusammen kämpfen“, sagt er. Es müsse auch Spielraum für wichtige, neue Straßenbauprojekte im Land geben. Aber zurück zur CDU. Wer soll die Partei 2016 in den Landtagswahlkampf führen? „Dafür ist es jetzt noch zu früh“, sagt er und winkt ab. Mit Thomas Strobl als Landeschef und Peter Hauk als Fraktionschef sei man gut aufgestellt. Vielleicht, deutet er an, könnte in vier Jahren auch ein Bundesminister oder Staatssekretär aus dem Ländle die Partei führen. „Wenn wir dann noch regieren“, schränkt er lachend ein, „wovon ich allerdings ausgehe.“ Dass der Name Clemens Binninger bei solchen Themen immer wieder fällt oder ihn manche gar schon als Landeschef sehen wollen, das kommentiert er lieber nicht: „Man sollte nicht zu früh über Personal spekulieren.“

Was tun mit den Altlasten der Mappus-Ära?

Bleibt die Altlastenfrage in der CDU. Die EnBW-Affäre bleibt durch den Untersuchungsausschuss am Köcheln, und die Wortmeldung von Stefan Mappus aus dem August, er habe „wieder Lust auf Politik“, könnte die Partei noch beschäftigen. „Man muss trennen zwischen dem Mensch Stefan Mappus und dem Politiker“, sagt Binninger, „wenn diejenigen auf Abstand gehen, die vorher nicht nah genug sein konnten, ist das albern.“ Dennoch müsse klar sein, dass er als Ex-Regierungschef die Verantwortung für den umstrittenen EnBW-Aktiendeal übernehmen müsse. Und das solle auch die Partei klarmachen. Im Übrigen glaubt er: „Bei der Landtagswahl 2016 wird das aber keine Rolle mehr spielen.“

Bleibt der Dauerstreit in der Union und der Koalition, Stichwort Betreuungsgeld und Frauenquote. Binninger winkt ab: „Man muss wirklich nicht jede Frage endlos diskutieren. Ob das angesichts der Eurokrise und der außenpolitischen Lage in Nahost unsere größten Probleme sind, das muss man sich schon fragen.“