Als überzeugter Dauerparker im Untergrund der Altstadt weiß man die Vorzüge zu schätzen.

Leonberg - Instinktiv sucht die Hand bei der Einfahrt in den Hinteren Zwinger die Automatik, um die Fensterscheibe der Autotür abzusenken. Doch halt, das ist ja nicht mehr nötig. Es gilt nicht mehr anzuhalten, um an der Schranke einen Parkschein anzufordern oder die Chip-Karte für das Dauerparken vorzuhalten.

 

Die Schranke ist weg. Die Zufahrt an der Heiligen Barbara vorbei ist einfacher geworden. Die wacht hier als die Schutzheilige der Bergleute über die unterirdischen Gewölbe der beiden Parkhäuser der Altstadt. Denn eigentlich gibt es zwei Parkhäuser im historischen Stadtkern. Da ist für die, die es luftiger und tageslichtdurchfluter wollen, die etwas neuere Hanggarage. Tief unten, in den sicheren Felsengrund unter dem Rathaus und den Fachwerkbauten gehauen, wartet die auf zwei Ebenen angelegte Parkkaverne. Zusammen sind sie nun das Parkhaus Altstadt, das seit dem 1. Oktober von den Stadtwerken Leonberg bewirtschaftet wird.

Und weil der Mensch eben ein Gewohnheitstier ist, kommen die nun geltenden Neuerungen nicht alle gut an. Was die meisten verwirrt, ist das Bezahlen im Voraus. Das verstößt nämlich gegen alle schwäbischen Grundsätze. Das hätte der Hesse Ulrich Vonderheid als Erster Bürgermeister und Chef der Stadtwerke inzwischen verinnerlicht haben müssen. Jüngst hat eine Porsche-Fahrerin älteren Semesters es so formuliert: „Ich zahle doch nicht mehr, als ich in der Garage geparkt habe.“ Da hat sie natürlich Recht. Es kann ja sein, dass sie sechs Minuten früher zum Auto zurückkommt. Da hat sie der Stadt doch zehn Cent geschenkt. Apropos Cent: Die verflixten neun Parkscheinautomaten – jeweils vier auf jeder Parkebene und einer in der Hanggarage – wollen keine Geldscheine. Und so kommt es wie es kommen muss, und jüngst wieder beobachtet: Eine Dame, die bereits genervt ist, weil ihrer Meinung nach nirgends darauf hingewiesen wird, dass im Parkhaus neue Regeln gelten, zückt einen Zehn-Euro-Schein. Doch wohin damit?

Als „Experte“, der man mittlerweile ist, lässt man sie mit ihrem Elend nicht allein stehen. „Nur Münzen? Das glaube ich nicht“, ist ihre Reaktion auf die Auskunft. Sie kramt in der Geldbörse und findet zu ihrer großen Freude ihre letzte und einzige Münze, ein 50-Cent-Stück.

Das lange Rechnen, wie viel mal sechs Minuten sie in der Altstadt zu tun hat, haben wir uns erspart. Nachdem die Dame erfahren hat, dass sie eine halbe Stunde über die „Brötchentaste“ geschenkt und bei einem Einkauf in den Läden der „Faszination Altstadt“ bis zu 50 Cent rückerstattet bekommt, hat sie nun richtig gut gelaunt ihre 50 Cent eingeworfen, den Parkschein gezogen und in das Auto gelegt. Die ausgedruckte Quittung hat sie mitgenommen, als Beweis in ihrem Lieblingsladen.

Wer nicht nur sein Auto lange im Untergrund stehen lassen, sondern auch längere Zeit mit dem Parkscheinautomaten verbringen will, der muss sich als Dauerparker versuchen. Wer mit Münzen anrückt, sollte mindestens 40 Zwei-Euro-Münzen dabei haben, denn es gilt 80 Euro zu berappen. Doch für die Dauerparker hat die Stadt Nachbesserungen beim Preis und dem Aufwand versprochen.

Plötzlich ist im Hintergrund des Parkhauses lautes Rasseln zu hören. Eine Frau in Uniform sieht prüfend in die geparkten Autos. Eine andere hantiert an den Automaten, sperrt diese auf und entnimmt die Münzkassetten, um sie mit leeren zu ersetzen. Es ist der Trupp der Firma „Schutz-Team“ aus Böblingen, der sich um die Automaten kümmert und nachsieht, ob gültige Parkscheine in den Autos liegen.

Auf die Frage „Schon Parksünder ertappt?“, heißt es: „Na klar!“ Aber noch sind die beiden großzügig. Erst beim zweiten „Vergessen“ folgt eine saftige Rechnung.

Damit den Kunden das unterirdische Parken wieder ans Herz wächst – denn letztendlich sind beide Parkhäuser äußerst bequem, geräumig und gut zugänglich – wird nun auf Drängen aus dem Gemeinderat ein Informationsblatt für das Parkhaus Altstadt und das neue am Bahnhof aufgelegt. Bekanntlich kann man mit einem gültigen Schein, der in einem der beiden Parkhäuser gezogen wurde, sein Auto auch in der anderen Garage abstellen.