Die Samariterstiftung versucht auf vielen Wegen, Nachwuchs und neue Mitarbeiter zu gewinnen.

Leonberg - Es ist eine erschreckende Zahl, die die Gewerkschaft Verdi im September 2014 nannte: 20 600 Stellen fehlen in Baden-Württemberg in Pflegeeinrichtungen, davon 15 200 direkt in der Pflege. Gefragt hatte die Gewerkschaft die Arbeitnehmervertretungen Diakonie, Caritas und Wohlfahrtswerk, wie viele zusätzliche Stellen nötig wären, damit die Mitarbeiter den zu pflegenden Menschen eine gute Betreuung angedeihen lassen könnten.

 

Aber nicht nur, dass Stellen fehlen. „Unser Hauptproblem ist, überhaupt Menschen zu finden, die in der Pflege arbeiten wollen“, sagt Gerhard Fezer. Er ist der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrates der Samariterstiftung, die in Leonberg das Samariterstift in der Seestraße und das in Höfingen sowie das Seniorenzentrum am Parksee betreibt. Dazu kommen die Altenpflegeschule in Leonberg sowie das Rosa-Körner-Stift in Weissach und das Otto-Mörike-Stift in Flacht im Altkreis.

Arbeitsbedingungen wenig attraktiv

„Vielen erscheint die Altenpflege nicht attraktiv genug“, sagt Fezer. Um den Beruf aber attraktiver zu gestalten, müssten die Arbeitsbedingungen verbessert werden. „Das gelingt uns nun langsam“, meint der Betriebsrat. So seien die Ergebnisse der Enquete-Kommission Pflege auch im Koalitionsvertrag der neuen grün-schwarzen Regierung festgehalten. Dazu müssten nun auch die Gehälter steigen. „Dass eine Pflegekraft nach drei Jahren Ausbildung 3000 Euro brutto erhält, davon sind wir noch weit entfernt“, sagt Gerhard Fezer. Geringes Gehalt, immer mehr Aufgaben in weniger Zeit erledigen, teilweise keine verlässlichen Arbeitszeiten, dazu die große Verantwortung – wenn sich da nichts tut, werde es immer schwieriger, genügend und vor allem geeignetes Personal zu finden.

Dabei verlässt sich die Samariterstiftung nicht nur auf die Politik und Gewerkschaften. So laufen immer wieder Anwerbeprojekte in anderen Ländern, derzeit etwa im Kosovo. Dort werden Fachkräfte angeworben und zum Deutsch-Unterricht geschickt, damit sie später in den Pflegeeinrichtungen in Baden-Württemberg arbeiten. Auch im Samariterstift Leonberg. „Im Juni kommen zwei Kosovaren zu uns hospitieren“, berichtet die Hausleiterin Sylvia Reck. Sagen diese zu, erhalten sie einen Arbeitsvertrag und können nach Deutschland ziehen.

Fachkräfte werden im Ausland gesucht

Auch Asylbewerber sind angesichts des Fachkräftemangels in der Pflege in den Blickpunkt gerückt. So wurde Ende des vergangenen Jahres ein neues Projekt gestartet, in dem Flüchtlinge bereits in der Erstunterbringung gezielt angesprochen wurden. „Wir haben uns für einen jungen Mann aus Afghanistan entschieden, der im September die Ausbildung beginnen wird“, berichtet Reck. „Unsere älteren Damen haben ihn sofort ins Herz geschlossen, weil er so zuvorkommend ist.“ Das Projekt läuft über das Welcome-Center im Kreis Ludwigsburg.

Ebenfalls in Leonberg arbeiten Menschen im Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) aus dem Ausland, etwa aus dem Kaukasus, aus Afrika oder Südamerika. „Derzeit sind es vier, aber die Nachfrage ist groß“, sagt die Hausleiterin. Dieses Projekt war gestartet worden, als mit dem Wehrdienst auch der Zivildienst abgeschafft worden war und der Bedarf über FSJ nicht abgedeckt werden konnte. Der neu geschaffene Bundesfreiwilligendienst hatte ebenso wenig für genügend Ersatz gesorgt.

Wenig erfolgreich verlief ein Wiedereinsteigerkurs für Frauen nach der Familienpause. „Es hat uns sehr enttäuscht, dass sich da nur wenige gemeldet haben“, sagt Sylvia Reck. Umso mehr freut es sie, dass derzeit alle drei Ausbildungskurse der Samariterstiftung in Leonberg und Stuttgart mit insgesamt 21 Pflegeschülern voll besetzt sind. Zwei werden im September ihre Ausbildung abschließen – und in Leonberg übernommen.