Die Stadt hat vier Routen überprüfen lassen. Der Favorit führt aber komplett über Ditzinger Gemarkung. Der dortige Gemeinderat ist darüber nicht erfreut.

Leonberg - Das Glemstal zwischen Leonberg und Ditzingen ist idyllisch. Mit dem Rad lässt es sich gemütlich über den Glemsmühlenradweg erkunden. Und bald schon soll der Naturerlebnisraum Höfinger Täle die Aufenthaltsqualität weiter erhöhen, beispielsweise mit Picknickstellen und Wasserspielplätzen. Unterbrochen wird das Idyll jedoch direkt an der Gemarkungsgrenze zwischen Leonberg und Ditzingen. Nicht, weil das dortige Klärwerk der Stadt Leonberg für allerlei unangenehme Gerüche sorgen würde. Diese sind außerhalb des Zauns so gut wie nicht mehr wahrnehmbar. Die Anlage liegt einfach ungünstig. So muss der Radweg einen Umweg nehmen. Viel schwieriger ist jedoch die Zufahrt zum Gelände.

 

Was ist das Problem?

Das Areal, in dem die Abwässer für rechnerisch 90 000 Menschen gereinigt und dann in die Glems geleitet werden, ist schlecht ans Verkehrsnetz angebunden. Die bisherige Zufahrt führt von der B 295 in Höhe der Abfahrt nach Gerlingen auf rund drei Meter breiten Feldwegen rings ums Reiterzentrum Tilgshäusle und dann weiter steil hinab ins Glemstal. Dort muss eine längere Strecke auf dem Glemstalradweg zurückgelegt werden, bevor es über eine kleine Brücke aufs Gelände geht. Dies ist problematisch, weshalb Leonberg eine neue Zufahrt plant.

Dabei geht es nicht nur um die Menschen, die dort arbeiten. „Es gibt hier auch viel Schwerlastverkehr“, erklärt Manfred Schmickl, der bei der Stadt Leonberg für das Thema Abwasserbeseitigung zuständig ist. Etwa 21 Mal im Monat würden 40-Tonner-Lastwagen Klärschlamm zur Weiterverwertung wegbringen oder Reinigungsmittel und chemische Stoffe für den Betrieb anliefern. Dazu kämen pro Monat 54 Fahrten der 30 Tonnen schweren Fahrzeuge der Kanalreinigung sowie 53 Fahrten kleinerer Lastautos und 600 von Pkws. Begegnungsverkehr auf den schmalen Feldwegen sei nur durch wenige Aufweitungsbuchten möglich.

Auch am Reiterzentrum verläuft vieles nicht reibungslos. Das steile und enge Stück zum Glemstal bereitet vor allem im Winter Probleme. Und die kleine Brücke vorm Klärwerk ist eigentlich nur für 30 Tonnen Belastung zugelassen, dürfe bald gar nicht mehr genutzt werden.

Die Kläranlage wird in den kommenden Jahren für rund 10,7 Millionen Euro erweitert und modernisiert. Auch das bringe noch mehr Verkehr mit sich. Vom Sportverein und Bädle her könne das Gelände nicht mehr angefahren werden. Die Straße ist für den Naturerlebnisraum umgestaltet worden.

Ohne Ditzinger Zustimmung geht es nicht

Was ist geplant?

Die vier möglichen Routen. Foto: StZ-Infografik
Für die neue Zufahrt sind in einem Verkehrsgutachten vier Alternativen unter die Lupe genommen worden: ein Ausbau der bisherigen Route (Variante 1) inklusive neuer Brücke, eine Strecke, die die Kläranlage vom hinteren Ende erschließt und komplett auf Ditzinger Gemarkung liegt (Variante 2), sowie zwei Varianten von Höfinger Seite (3 und 4), die das Gelände auch von hinten anschließen. „Wir würden die Trasse über die B 295 aus Ditzinger Richtung bevorzugen“, sagt Manfred Schmickl über das Ergebnis der Untersuchung. Hier seien die Auswirkungen und Kosten am geringsten, die Strecke am kürzesten. Allerdings gibt es dort bislang keine Abbiegespur auf der B 295. Größter Haken ist allerdings, dass die gesamte Strecke auf Ditzinger Gebiet und in einem anderen Landkreis verläuft.

Warum sperrt sich der Nachbar?

Mit der Stadt Ditzingen habe man frühzeitig gesprochen, erklärt Baubürgermeister Klaus Brenner. Auch der dortige Gemeinderat hat das Thema vor Weihnachten behandelt. Dort stieß das Leonberger Vorhaben aber auf deutliche Ablehnung. Ein notwendiger Markungstausch wurde ebenso abgelehnt. Ohne Zustimmung der Nachbarstadt ist keine Route über Ditzinger Gemarkung realisierbar.

Die Ditzinger stört vor allem, dass ein als Naturdenkmal verzeichneter Hohlweg ausgebaut werden müsste. Darüber zeigte sich auch der Leonberger Grünen-Fraktionsvorsitzende Bernd Murschel „entsetzt“. Man müsse behutsam und ökologisch vorgehen. Alle vier Alternativen seien nicht einfach. Dieter Maurmaier (FDP) und Jörg Langer (Freie Wähler) sehen ein besonderes Problem darin, dass Lastwagen auf der B 295 in einer leichten Kurve links abbiegen müssten.

Wie geht es weiter?

Die Stadt Leonberg will indes an der favorisierten Variante 2 festhalten. „Wir gehen noch einmal auf die Verwaltung zu, um Details zu besprechen und offene Fragen – wie einen eventuellen Markungstausch oder Verhandlungen mit Eigentümern bezüglich Grundstückserwerb – zu erörtern“, erklärte der Leonberger Pressesprecher Tom Kleinfeld.

Derzeit liefen zudem artenschutzrechtliche Untersuchungen. Stadtsprecher Kleinfeld betont: „Ein solches Vorhaben ist nur im Einvernehmen umsetzbar.“ Christa Weiß (SPD) richtet einen Appell an die Nachbarn: „Ich hoffe, dass die Ditzinger sehen, dass wir ihnen da sauberes Wasser in die Glems geben.“