Eine ehemalige Herberge im Ramtel soll bis Mai zur Unterkunft für Asylbewerber umgebaut werden. Der Kreis Böblingen steht kurz davor, das Gebäude zu kaufen. 70 Menschen könnten dort leben. Vermittelt hat das Objekt die Stadt.

Leonberg - Gerade einmal 74 Flüchtlinge leben derzeit in der erst im August eröffneten Gemeinschaftsunterkunft am Leonberger Krankenhaus. 140 Plätze gibt es dort insgesamt. Bis zum Frühjahr sollen auch diese belegt sein. Schon jetzt geht der Blick beim Leonberger Oberbürgermeister Bernhard Schuler und beim Landrat Roland Bernhard aber zum Ende des vergangenen Jahres. „Wir haben derzeit im Kreis Böblingen etwa 900 Plätze für Asylbewerber. Nach den Zahlen die uns vorliegen, werden wir Ende 2015 aber 2000 Plätze brauchen“, rechnet Bernhard bei einem Besuch der Unterkunft vor. „Deshalb wird es in Leonberg auch eine zweite Gemeinschaftsunterkunft geben“, verkündet der OB gleich hinterher. Und zwar im Stadtteil Ramtel. Das Hotel Online Garni soll bis Mai 2015 zur Unterkunft für etwa 70 Flüchtlinge umgebaut werden. Der Landkreis steht kurz vor dem Kaufabschluss.

 

Vermittelt haben dies der OB Schuler und die Stadt. „Die Flüchtlinge sind da. Wir stellen uns dieser Herausforderung, genauso wie eine Reihe von anderen Kommunen“, sagt Schuler. Der Kreis Böblingen sucht derzeit händeringend nach geeigneten Gebäuden, um die immer mehr werdenden Asylbewerber unterzubringen, bis ihr Asylverfahren abgeschlossen ist. Dabei setzt man stark auf das Engagement von Kommunen und Privatleuten, entsprechende Gebäude zum Kauf oder zur Miete anzubieten. „Das Hotel Online haben wir uns auch für die Anschlussunterbringung angeschaut, aber dafür ist es nicht geeignet“, beleuchtet Schuler die Hintergründe.

Wenn Flüchtlinge in Baden-Württemberg ankommen, geht es für sie zunächst in die Landesaufnahmestelle nach Karlsruhe. Von dort werden sie auf die Landkreise verteilt, wo sie in den Sammelunterkünften leben, bis über den Asylantrag entschieden ist. Wer eine Aufenthaltsgenehmigung bekommt oder eine Duldung, wird wiederum vom Kreis auf die Kommunen – proportional zur Größe – verteilt. Für diese Anschlussunterbringung sind dann die Städte und Gemeinden zuständig. Dazu sind die Kreise und Kommunen gesetzlich verpflichtet. „Im Moment ist der Leidensdruck beim Landkreis höher. Aber das wird sich ändern. Irgendwann werden es wieder weniger Flüchtlinge in den Sammelunterkünften. Aber die, die bleiben, die landen dann bei uns“, analysiert der Leonberger Rathauschef. Für diesen Fall sorgt die Stadt gerade vor mit den geplanten städtischen Notunterkünften in Höfingen neben der Strohgäuhalle und am Spielplatz Niederhofenstraße.

Ähnlich wie die Stadt setzt auch der Kreis darauf, die Flüchtlinge dezentral unterzubringen. So verteilen sich die aktuell 900 Plätze auf acht Standorte in sieben Kommunen. Bis Ende des nächsten Jahres soll es 15 Gemeinschaftsunterkünfte mit maximal 150 Bewohnern geben. Der Leonberger OB nimmt dabei besonders die Stadt Sindelfingen in die Pflicht, die einzige unter den größeren Städten, in der es noch keine Gemeinschaftsunterbringung gibt: „Wir werden das beobachten. Grundsätzlich muss sich aber jede Kommune über 10 000 Einwohner darauf einstellen, dass auch bei ihr mal eine Unterkunft mit mindestens 50 Plätzen anzulegen ist.“ Tatsächlich ist man in Sindelfingen bislang nicht zu Potte gekommen. Zwar sind zwei Gebäude mit 150 beziehungsweise 50 bis 70 Plätzen vorgesehen. Hier könnte eine endgültige Entscheidung am Dienstag im Gemeinderat. Auf einem weiteren Grundstück im Ortsteil Maichingen müsste die Unterkunft aber erst noch gebaut werden. „Das muss jetzt auf die Zielgerade gebracht werden“, fordert auch Roland Bernhard.

Pro Flüchtling erhält der Kreis eine Pauschale von 12 000 Euro. „Das ist im Vergleich zu unseren Investitionen recht wenig Geld. Aber wir schulden den Menschen eine humanitäre Unterbringung“, sagt der Landrat. Die Investitionen lägen bei fünf bis siebe Millionen Euro. Zwei Millionen Euro lege der Kreis in jedem Fall drauf. „Größere Einrichtungen rechnen sich sicherlich eher. Aber da gibt es dann andere Probleme. Auch führen wir unsere Unterkünfte selbst“, verweist Roland Bernhard etwa auf Fälle aus Nordrhein-Westfalen, wo Sicherheitsleute in von Privatfirmen geführten Sammelunterkünften Flüchtlinge drangsaliert haben sollen. In Leonberg dagegen gibt es, wie in den anderen Gemeinschaftsunterkünften im Kreis, einen Heimleiter, einen Sozialberater und einen Hausmeister, die sich um die Leute kümmern. Auch investiere man Sprachkurse, damit die Flüchtlinge direkt nach ihrer Ankunft anfangen können, Deutsch zu lernen. Der Landrat lobt die Unterstützung durch die Stadt, aber vor allem die vielen Ehrenamtlichen, die helfen, Etwa den Arbeitskreis Asyl und das Netzwerk Gartenstadt. „Wir wollen diese Hilfe bis Februar oder März in einem kreisweiten Konzept zusammen zu fassen, um die Arbeit besser zu koordinieren“, berichtet der Landrat. Leonberg könnte dafür die Blaupause sein.