Bereits seit den 70er-Jahren soll ein Grundstück an der Oberen Burghalde erschlossen werden. Der Zugang über eine Treppe von unten ist nicht möglich. Deshalb soll das Gelände von oben über eine Röhre zugänglich werden.

Leonberg - Wenn kurz vor Weihnachten ein Päckchen ankommt, dann liegt die Vermutung nahe, dass sich darin ein Geschenk verbirgt. In einem Päckchen, das die LKZ kürzlich anonym erreichte, befand sich ein Lageplan mit einem mehr als ungewöhnlichen Bauprojekt am Engelberg: einem Tunnel. Eine wirklich interessante Überraschung. Doch damit nicht genug. Eine Nachfrage bei der Stadt offenbarte eine noch viel erstaunlichere Entdeckung: Die zu dem Grundstück gehörigen Akten erstrecken sich auf einen Meter Breite, der Fall beschäftigt die Verwaltung seit mehr als 40 Jahren.

 

Worum geht es? Auf einem Grundstück an der Oberen Burghalde, direkt unterhalb des Fußballplatzes der TSG Leonberg, sollen ein Wohnhaus und zwei Garagen gebaut werden. Die Fläche liegt in zweiter Reihe, kann allerdings nicht von unten über eine Treppe erschlossen werden. Deshalb soll der Bauplatz von oben über einen kleinen Tunnel erreichbar werden. Dieser hätte etwa die Größe einer kleinen Brückenunterführung. Die Genehmigung für den Tunnel liegt vor, der Bauantrag für die Gebäude liegt bei der Stadt. Der LKZ-Leser, der uns den Lageplan zukommen ließ, beschwert sich in einem beigefügten Brief, der Tunnel solle „durch das Naherholungsgebiet und Landschaftsschutzgebiet gebaut werden. Außerdem wird dann erheblicher Verkehr durch dieses Gebiet geleitet über die Spazierwege, nämlich für die Bewohner, alle Besucher, Lieferverkehr, Müllwagen, Post und Sonstige. Das ist doch nicht sinnvoll“.

Tatsächlich ist dieser Streit sehr alt. Alles begann 1970. Da wurden aus einem Grundstück in der Oberen Burghalde zwei gemacht: eines direkt an der Straße, eines darüber. Das obere sollte über eine Treppe erreichbar sein, wie das bei vielen Leonberger Grundstücken in Hanglage der Fall ist. Dann jedoch wechselte der Eigentümer der unteren Fläche, der nun keine Treppe mehr zulassen wollte, berichtet die Sprecherin der Stadt Leonberg, Undine Binder-Farr. 1972 lag dann schließlich der erste Bauantrag vor. Was folgte, war ein jahrelanges Ringen quer durch alle Instanzen.

„Der Gemeinderat war damals der Meinung, das Gebiet liegt im sogenannten Außenbereich der Stadt, für den es keinen Bebauungsplan gibt“, sagt Binder-Farr. Immerhin liegt es direkt am Waldgebiet um den Engelbergturm. Allerdings entschied der Verwaltungsgerichtshof (VGH) von Baden-Württemberg Ende der 70er-Jahre anders. Der zählte das Fleckchen zum Innenbereich. „Damit war klar, dass dort gebaut werden kann. Gleichzeitig hat der VGH aber Auflagen dafür gemacht“, erklärt die Sprecherin.

Diese wurden im Anschluss von sämtlichen zuständigen Fachbehörden geprüft und ausgearbeitet, beispielsweise durch die obere und untere Naturschutzbehörde. Bis 1999 dauerte es, bis alles geklärt war: Der Grundstückseigentümer muss den Tunnel auf eigene Kosten bauen und unterhalten. Die Tunneldecke wird wieder begrünt, dort führt im Moment ein Weg entlang. Außerdem muss die Röhre mit einem Tor verschlossen werden. Auch für das Haus gab es Auflagen. So muss dieses sehr niedrig errichtet werden. „Wenn alles fertig ist, wird der Blick von oben ins Tal der gleiche sein wie vorher“, sagt Binder-Farr. Logistische Fragen wie die der Müllabfuhr und der Postzustellung seien noch zu klären. Bei der Zufahrt handele es sich jedoch um einen Wirtschaftsweg, der befahren werden darf, nicht um einen „Spazierweg“.

Seit 1999 gilt die Baugenehmigung für den Tunnel, sie wurde zwischenzeitlich immer wieder erneuert. Seit den 70er-Jahren haben verschiedene Besitzer des Grundstücks Bauanträge eingereicht. Daraus geworden ist bisher nichts. Laut Stadt habe es bei jedem Versuch bisher Einwände von Nachbarn gegeben. Solange das Vorhaben allen Anforderungen genügt, seien diese aber erfolglos geblieben. Nun hat die Fläche wieder einen neuen Eigentümer, der nach 40 Jahren endlich zur Tat schreitet. So ist das Grundstück gerodet worden. „Bäume und Sträucher dürfen nur im Winter gerodet werden“, erklärt die Stadtsprecherin. Der Bauantrag für das Haus ist noch nicht bewilligt, mit dem Bau des Tunnel könne aber jederzeit begonnen werden. Dann könnte ein jahrzehntelanges Gerangel um das Baugrundstück ein Ende finden.