„Besser. . . ist besser“: Comedian Ingo Appelt rockt die Stadthalle mit Unkorrektem und Obszönem.

LEonberg - Seit mehr als 20 Jahren steht Ingo Appelt, der selbst ernannte Comedyrüpel, auf der Bühne – und bleibt dabei stets sich und seiner Linie treu. Das hatten sicher auch die Zuschauer, darunter erstaunlich viele Frauen, so erwartet. Denn die Stadthalle war zu Appelts neuem Programm „Besser. . .ist besser!“ am Freitag nahezu ausverkauft. Ausdauer hat er ja, der gebürtige Essener, der bald 50 wird. Mehr als zwei Stunden schießt er in unglaublichem Tempo eine Salve Unkorrektheiten nach der anderen ab, so dass einem hinterher regelrecht die Ohren klingeln.

 

Gleich zu Beginn, als sich ein Ehepaar aus dem sächsischen Chemnitz zu erkennen gibt, fragt Appelt postwendend wie selbstverständlich: „Seid ihr Nazis?“ Natürlich nicht, aber das Spiel mit Vorurteilen kultiviert er mit Hingabe, und kann deswegen ausführlich belegen, wie es ihm mit diesem unangenehmen Klientel in Dresden ergangen ist, und wie er Verbalattacken noch brutaler konterte. Angst hat Ingo Appelt jedenfalls nicht, vor nichts und niemandem, und wenn es gilt, Tabus zu brechen, erst recht nicht. Dass ihm hier der türkische Präsident Erdogan eine Steilvorlage liefert, ist klar und bei Donald Trump unvermeidlich.

Frau und Mann – das geht nicht

Grandios ist Ingo Appelts parodistisches Talent. Wie er Angela Merkel, mit nuancenloser Stimme, den Kopf schräg gestellt und mit der Raute vor dem Bauch Nonsens sagen lässt, ist schon große Klasse. Gestik, Mimik und Dialekt gelingen ihm aber auch bei Horst Seehofer, der bei ihm immer nur von „Obrgrzn“ schwafelt, oder gar bei Adolf Hitler. Selbst seine Bühnenkollegen nimmt er mit all ihren Attitüden aufs Korn und parodiert sie genüsslich. Den nuschelnden Til Schweiger etwa versteht man überhaupt nicht, Herbert Grönemeyer übt seine Stimmbänder beim „Drücken“ auf dem Klo, und Udo Lindenberg, den man seiner Meinung nach drei Wochen lang in Eierlikör „plastinieren“ sollte. „Haare dran, Hut und Brille auf, dann sieht er aus wie immer“, frotzelt er. Dass er mit Peter Maffay, der „rumänischen Gesichtswarze“ und auch der seiner Meinung nach „hochgeschlafenen“ Veronica Ferres nicht mehr gut Freund wird, versteht sich dann von selbst.

Die Kirchen, vor allem die katholische, geißelt er genüsslich der Homophobie, nur um das Gegenteil zu behaupten: „In jedem Ministranten steckt oft auch etwas Gutes.“ Und der Papst im „weißen Hochzeitskleid mit roten Schühchen“ – na ja, das hat sich ja nun geändert. Sicher ist er sich, dass man mit schwulen Soldaten die Taliban vor Schreck bis in die Berge des Hindukusch vertreiben könne.

Das Zusammenleben von Mann und Frau ist ein weiteres großes Anliegen Ingo Appelts. Hier versteht er sich als „Dienstleister“, der mit Vorurteilen aufräumen und Erklärungen liefern möchte, oder etwa doch nicht? „Müssen die Männer besser werden?“, ruft er ins Publikum, und die Frauen kreischen unisono: „Ja!“ Dazu erläutert er erst einmal die männlichen Aspekte. „Männer rülpsen und furzen gerne“, ist noch das harmloseste Attribut. Und Männer haben eine angeborene Sprechhemmung, die Frauen hingegen fünf Sprachzentren im Gehirn, das erschwert die Kommunikation.

Maßlos, obszön und provokativ

Wenn eine Frau den Mann „als Menschen“ kennenlernt, sei dies ein „biologisches Verarschungsprogramm“, denn länger als sechs Monate könne sich kein Mann in eine höhere Lebensform hineinversetzen. Aber Sex geht immer, auch bei Appelt, und etwa die Hälfte seines Programms widmet er ihm in allen seinen Spielarten, maßlos, frech, drastisch, provokativ, obszön übertrieben. Er lässt wirklich nichts aus – und spricht dabei keinerlei zitierfähigen Halbsatz. Das Publikum aber johlt bei jedem.

Am Schluss setzt er sich ans Keybord, und gibt noch einmal den „Herbert“ (Grönemeyer), „knödelt“ und „quetscht“ zu kantigem Klavierspiel einen Song, in dem das Wort Schiffsverkehr eine zentrale Bedeutung zu haben scheint. Und schließlich in bester Konstantin-Wecker-Manier ein „Negatives Liebeslied“. Hier besingt er Falten, Haare, Dicksein und Orangenhaut.