Leonberg Eine Augenklappe für Kaan

Taner Erdogans Sohn Kaan schielt und braucht ein Klebepflaster für sein Auge. Doch er reagiert allergisch drauf. Sein Vater hat eine Idee.
Leonberg - Kaan trägt inzwischen nur noch eine Brille. Die Behandlung bei ihm ist seit einem Jahr abgeschlossen,“ sagt sein Vater Taner Erdogan. Der heute achtjährige Kaan hat mit drei Jahren eine Sehschwäche bekommen und musste ein Pflaster auf einem Auge tragen, damit er nicht anfängt zu schielen. „Sein – ich nenne es mal faules – Auge sollte wieder lernen zu sehen. Das gesunde Auge wurde abgeklebt“, erklärt sein Vater die damalige Situation. Doch Kaans Auge reagierte sehr empfindlich auf den Pflasterkleber. „Es war kein angenehmes Gefühl“, beschreibt es Kaan. Taner Erdogan war besorgt um die allergische Reaktion seines Sohnes und entwickelte einen adäquaten Stoff, den man auf die Brille von Kaan aufsetzen kann, als Ersatz für das Klebepflaster.
Eine Orthoptistin, die untersuchen sollte, ob diese Idee überhaupt medizinisch geeignet ist, ermutigte Kaans Vater, mehr aus der Idee zu machen. „Ich hatte anfangs überhaupt kein Geschäftsmodell geplant, es war eher aus der Not heraus“, erklärt Erdogan. Er wollte nur, dass es seinem Sohn besser ging. Taner Erdogan entwickelt seine Idee weiter. Insgesamt wurden im ersten Verkaufsjahr nur sieben „Kaans Patch“-Stücke verkauft. Um mehr Aufmerksamkeit für sein Produkt zu erhalten, fährt Taner Erdogan drei- bis viermal im Jahr auf Messen, um sein Produkt zu bewerben. Ganz wichtig ist hier die Jahrestagung des BOD (Berufsverband Orthoptik Deutschland): „Die sind neben Optikern meine Zielgruppe.“ Aktuell gehen 99 Prozent aller Verkäufe an Apotheken und Ärzte bundesweit.
Regional und bio
Neben der ressourcenschonenden Bio-Baumwolle werden alle Teile für das Patch regional produziert. Zudem rechnet sich die Nutzung einer Augenklappe finanziell: Es ist rein theoretisch möglich, mit nur einer Augenklappe durch die Behandlungszeit zu kommen. „Kaan hat in den vier Jahren zwei verschiedene Klappen benutzt“, erklärt sein Vater. „Ihm wurde das Motiv langweilig, deshalb haben wir die Klappe auch mal gewechselt.“ Im Vergleich zu den Hunderten von Klebepflastern seien die Patches für die Krankenkassen eine bessere Alternative geworden. Der Familienvater steht deshalb in Verhandlungen mit ersten Kassen, um sein Produkt vorzustellen.
Gezeigt hat Erdogan sein Produkt bereits beim Fernsehsender Sat 1, genauer gesagt beim „Ding des Jahres“, als er mit seinem Produkt Wochensieger wurde. Warner Brothers, die Produktionsfirma, ist im Internet auf Taner Erdogan aufmerksam geworden und hat sich kurzerhand sein Produkt einmal angeschaut. Als die Zusage kam, fuhren Vater und Sohn nach Köln. Um 9 Uhr morgens starteten sie, um 22 Uhr endeten sie als Wochensieger. Für den Sieg gab es einen vierstelligen Betrag. „Wichtiger als das Geld war aber die Aufmerksamkeit, man hat den Effekt deutlich gespürt“, erklärt Taner Erdogan.
Schon 600 verkaufte Stück
Im vergangenen Jahr verkaufte Taner Erdogan rund 600 Patches. Doch er möchte mehr erreichen, mehr Kindern die Chance geben, viel effizienter mit der Sehschwäche umzugehen. Es sind bereits zwei weitere Modelle in Planung: Eines für Kinder ohne Brille und eines für Babys. Beide sollen im Laufe des Jahres auf den Markt kommen.
Zudem hat Taner Erdogan ein großes Ziel vor Augen: „Meine Vision ist, dass jedes fünfte Kind eine Kaans-Patch trägt.“ Derzeit sind circa fünf Prozent der Kinder in Deutschland von einer Sehschwäche betroffen, das macht unterm Strich 500 000 betroffene Kinder. „Über jedes weitere Kind, das sich für einen Kaans-Patch entscheidet, freue ich mich“, erklärt der Leonberger.
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