Leonberger Unternehmer soll mit Dopingmitteln 60 000 Euro verdient haben und erhält Bewährungsstrafe.

Leonberg - Der Betreiber von zwei Fitnessstudios aus der Region soll illegal mit Dopingmitteln gehandelt haben. Allein in den ersten zwei Wochen des Januars 2011 soll er elf Kunden Anabolika und gefälschte Potenzmittel im Wert von mehr als 60 000 Euro verkauft haben.

 

Jetzt sitzt der 41-Jährige gelassen auf der Anklagebank des Leonberger Amtsgerichts. Sein dunkelgrauer Pullover spannt an Brust und Oberarmen. Es ist leicht zu erkennen, dass der Angeschuldigte mit Gewichten trainiert. Der Kraftsportler war offenkundig Teil eines bundesweiten Netzwerks von Anabolikahändlern. Die Ermittler kamen ihm bei der Razzia in einer Frankfurter Lagerhalle auf die Spur – sein Name samt einer Bestellung von Spritzen, Ampullen und Pillen wurde dort gefunden. Die Durchsuchung der Wohnung, der Fitnessstudios samt Geschäftsräumen und Auto des Angeklagten in Leonberg bestätigte den Verdacht.

Die Medikamente aus der Lagerhalle, die der 41-Jährige seinen Kunden später verkaufte, sind in der Bodybuilder-Szene und bei einigen Leistungssportlern alte Bekannte. Nandrolon – der deutsche Langstreckenläufer Dieter Baumann wurde 1999 positiv auf dieses Mittel getestet. Testosteron – der 100-Meter-Olympiasieger von 2004, Justin Gatlin aus den USA, wurde damit erwischt. Bei Epo fällt das Stichwort „Tour de France“ ein, und Oral-Turinabol ist das, was im Staatsdoping der DDR inoffiziell als „blaue Bohnen“ bezeichnet wurde. All das steht auf der Liste.

Was der Angeschuldigte noch nicht verkauft hatte, lagerte er offenbar im Kofferraum seines Wagens. „In seiner Wohnung haben wir neben Betäubungsmitteln nur kleine Mengen Anabolika gefunden“, sagt ein Zollbeamter, der als Zeuge vor Gericht aussagt, „das war offenbar für den Eigenbedarf.“ Im Auto des Mannes wurden die Beamten dann fündig: Hunderte Tabletten, Ampullen, Spritzen und Fläschchen mit illegalen Mitteln zum Muskelaufbau warteten hier auf ihren Einsatz.

„Wir haben außerdem eine Sporttasche mit 3000 Euro in bar und einem Kalender gefunden“, erklärt der Ermittler. „Zwischen dem 31. Dezember 2010 und Mitte Januar 2011 waren Geschäfte im Wert von mehr als 60 000 Euro darin verzeichnet“, fügt der Zollbeamte hinzu.

Die Staatsanwaltschaft, das Gericht und der Anwalt der Kraftsportlers ziehen sich im Verlauf der Verhandlung hinter verschlossene Türen zurück – es wird eine Absprache getroffen, und dem Angeklagten eine Strafobergrenze im Gegenzug für ein umfassendes Geständnis zugesichert.Über seinen Verteidiger lässt der 41-Jährige verlauten: „Schuldig im Sinne der Anklage.“ Neben den leistungssteigernden Präparaten hatte der Studiobetreiber noch gefälschte Potenzmittel an seine Kunden weitergegeben. „Die Medikamente waren in ihrer Qualität erheblich gemindert, teilweise bedenklich oder hatten keine Zulassung“, erklärt der Anklagevertreter.

Produkte wie Viagra – ob echt oder wie in diesem Fall gefälscht – finde man häufig in der Bodybuilder-Szene, sagt der Staatsanwalt. Denn Dopingmittel hätten offenbar negative Effekte auf die sexuelle Leistungsfähigkeit, und das wolle man damit dann ausgleichen. „Es ist schon extrem, was sich Freizeitsportler teilweise einwerfen und spritzen“, fügt der Staatsanwalt am Rande der Verhandlung hinzu.

Die Kunden des Angeklagten stammten nach Angaben der Anklage alle samt aus der Kraftsport- und Bodybuilder-Szene. Der Anwalt des Angeschuldigten beschreibt seinen Mandanten in seinem Plädoyer als angesehenen Geschäftsmann. „Ich bin kein Engel, das weiß ich“, sagt der in seinem letzten Wort, „und so eine dumme Sache passiert mir sicher nicht noch einmal.“

Das Gericht verurteilt den 41-Jährigen am Ende zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und neun Monaten. „Sie haben gewerbsmäßig mit diesen Mittel gehandelt“, begründet die Richterin Sandra De Falco ihr Urteil, „und das illegal verdiente Geld wird vom Staat von ihrem Vermögen abgeschöpft.“