Die Zahl der Einbrüche im Altkreis steigt deutlich an. Die Polizei greift zu ungewöhnlichen Methoden, setzt auf Präsenz. Auch mit Beamten auf Pferden, um die gut organisierten Banden in Wohngebieten aufspüren zu können.

Leonberg - Jetzt erst mal tief Luft holen! Lux schnurrt, begutachtet die Umgebung und schaut zu, wie auch sein Kollege Quemeran einen Fuß aus dem Polizeiauto setzt. „Wenn er so schnurrt, ist er entspannt und zufrieden“, erklärt Ulrike Klein. Na, dann kann der Dienst ja beginnen. Drei schwarze Löwen auf goldenem Grund weisen Lux und Quemeran als baden-württembergische Polizisten aus. Besoldungsstufe: Heu. Dienststelle: Polizeireiterstaffel in Ostfildern bei Stuttgart. Zwei richtige Polizeipferde sind das, die am Freitagnachmittag mitten im Wohngebiet Ezach Dienst tun und unterwegs sind.

 

„Ja, das klingt zunächst wirklich ungewöhnlich“, sagt denn auch Gisbert Köberle, der Vize-Revierleiter der Leonberger Polizei. Er ist ebenfalls im Dienst und steht in seinem Büro vor einer großen Straßenkarte, auf der er das ganze Revier im Blick hat, also Leonberg, Rutesheim, Renningen und Weil der Stadt. Genau 58 rote Stecknadeln stecken in der Karte. So viele Wohnungseinbrüche gab es nämlich in dieser Saison schon, in der dunklen Jahreszeit, seit November.

„Das sind deutlich mehr, als in den vorigen Jahren“, hat Gisbert Köberle festgestellt. Das Revier Leonberg liegt damit im landesweiten Trend. In ganz Baden-Württemberg gab es im vergangenen Jahr fast ein Fünftel mehr Einbrüche. Vor allem organisierte Banden sind es, die durchreisen und dann ganze Serien von Einbrüchen begehen. „Darunter sind vor allem viele Osteuropäer, Georgier und Rumänen“, erklärt der Polizeihauptkommissar Köberle. „Das sind einfach Erkenntnisse, keine Stigmata.“

Zwar ist im vergangenen Jahr auch die Aufklärungsquote von mageren elf auf etwas weniger magere 14 Prozent gestiegen. Von den 58 Leonberger Fällen seien immerhin fünf geklärt, drei Einbrüche waren einer georgischen Bande nachzuweisen. „Aber das reicht uns natürlich noch lange nicht“, befindet Gisbert Köberle. Ein Zauberwort heißt deshalb Präsenz, die die Polizei zukünftig noch mehr zeigen will. Und da kommen Ulrike Klein und ihr Kollege Christian Schwabe ins Spiel, die beiden Polizeihauptmeister bei der Reiterstaffel.

Polizeipferde werden gesehen und sollen auch gesehen werden. Von der Bevölkerung und von potenziellen Tätern. „Hier oben auf dem Pferd haben wir einen besseren Überblick“, sagt Ulrike Klein und schwingt sich auf ihr hohes Ross.

Christian Schwabe hat es sich auf Quemeran schon bequem gemacht. „Wir schauen nämlich gern mal auch über Hecken drüber“, sagt er und lächelt. Die beiden sind in der Geislinger Straße im Ezach unterwegs. „Das ist eine Ortsrandlage“, hat der Leonberger Vize-Revierleiter Köberle ihnen zuvor erklärt. Im Ezach und in Höfingen stecken nämlich besonders viele rote Stecknadeln in seiner Landkarte. Da gibt es schnelle Fluchtmöglichkeiten. „Aber generelle Aussagen über begehrte Ziele sind heutzutage schwierig“, sagt Köberle. „Erst diese Woche hatten wir einen Einbruch im siebten Geschoss eines Mehrfamilienhauses.“ Auch die Tatzeit könne man nicht mehr einschränken, die Täter kämen auch schon mal am taghellen Vormittag.

Oder am Nachmittag. Deshalb sind Lux und Quemeran unterwegs und traben in Richtung Gmünder Straße. Da biegen zwei Herren mit schwarzer Sonnenbrille um die Kurve. Zwei Täter? „Nee, nee, das sind unsere Kollegen in Zivil“, erklärt Christian Schwabe. Insgesamt acht Streifenkollegen vom Polizeipräsidium Einsatz in Göppingen unterstützen die beiden Reiter nämlich an diesem Nachmittag. Alle sind über Funk verbunden, im Ernstfall sofort zur Stelle. „Mit dem Pferd kommen wir in enge Gassen oder Waldwege, wo kein Auto durchkommt“, erklärt Christian Schwabe. Auch der Hubschrauber wird schon mal angefordert, um Täter in flagranti zu erwischen.

„Deshalb ist es so wichtig, dass die Menschen sofort die 110 wählen, wenn ihnen etwas komisch vorkommt“, sagt Gisbert Köberle vom Leonberger Revier. „Man hat schon ein Gespür dafür, wenn etwas anders ist als sonst.“ Köberle berichtet von Fällen, bei denen die Leute erst einige Tage nach dem Fall die Polizei informiert hätten. Da ist der Täter dann über alle Berge und eine Ermittlung wesentlich schwieriger.

„Ganz toll, dass Sie endlich mal hier vorbeischauen“, ruft ein vorbeifahrender Handwerker den beiden Reitern zu, während er die Scheibe runterkurbelt. „Ich mach hier in der Gegend viel Kundendienst und beobachte immer mehr ausländische Autos.“ Ulrike Klein kommt sofort näher. „Ja, das ist wichtig, dass Sie so was beobachten“, sagt sie und reicht dem Installateur einen Infozettel vom Pferd ins Auto. „Eine wachsame Nachbarschaft ist die wichtigste Präventionsmaßnahme.“ Solche Bürgergespräche sind ebenfalls ein Ziel der Pferdestreife. „Da kommen die Leute immer gleich zu uns her und wollen mal streicheln“, hat Polizeihauptmeister Christian Schwabe festgestellt. Und auch für die Tiere ist das eine entspanntere Arbeit, sonst sind sie bei Sportveranstaltungen und Demonstrationen eingesetzt. Dass sie auch außerhalb von Stuttgart Dienst tun, ist ein Ergebnis der Polizeireform. Seit einem Jahr nämlich gehört die Reiterstaffel nicht mehr zum Stuttgarter Polizeipräsidium, sondern zum neu geschaffenen „Polizeipräsidium Einsatz“ in Göppingen.

„Seitdem kommen wir im Land rum“, erzählt Ulrike Klein. Und so schauen sie heute in Leonberg nach gekippten Fenstern, fremden Autos und verwaisten Häusern. Vor allem Lux und Quemeran strecken überall ihre Nase rein. „Für die beiden ist ja immer Ernstfall“, sagt Klein und lächelt. Oder hat da jemand Hunger? Aber dafür hat Frauchen doch bestimmt ein kleines Leckerli. „Nö, das gibt es erst zum Feierabend im Stall“, muss Ulrike Klein da enttäuschen. „Jetzt geht es erst mal wieder zurück in den Pferdetransporter. Jetzt gehen wir auf Streife nach Höfingen.“