Der Ortschaftsrat beschließt einstimmig Projekte, die mit dem Nachlass der Familie Beck finanziert werden sollen.

Leonberg - Wenn einer ein Erbe antritt, kann das unter Umständen recht kompliziert werden. Das mussten auch der Ortschaftsrat Höfingen und die Verwaltung erfahren. Im Jahr 2008 hatte die Stadt vom Ehepaar Marianne und Erwin Beck ein Vermögen geerbt, das für Höfingen verwendet werden soll – wofür, hat nun der Ortschaftsrat beschlossen.

 

Zum einen sollen für rund 12 000 Euro eine Seilbahn und neue Balancierklötze für den Spielplatz an der Albert-Schweitzer-Straße gekauft werden. Für die Umgestaltung und Modernisierung des Umfeldes des alten Rathauses Höfingen und des örtlichen Marktplatzes werden etwa 280 000 Euro verwendet. Mit rund 250 000 Euro könnte das Höfinger Täle als Erlebnissraum gestaltet und als Naherholungsgebiet attraktiver werden.

Zwar hatte der Ortschaftsrat noch weitere Ideen, wie etwa den Sportpfad als Finnenbahn zu reaktivieren oder einen Bürgerbus einzurichten. Doch Ersteres wurde wegen erheblicher Kosten zurückgestellt, und der Bus, weil derzeit keine Ehrenamtlichen dafür zur Verfügung stehen. Insgesamt 640 000 Euro kann die Stadt aus diesem Erbe ausgeben.

Es geht um mehr als eine halbe Million Euro

Rund 680 000 Euro hat Höfingen von dem Ehepaar Marianne und Erwin Beck geerbt – und zwar bereits im Mai 2008. Doch wie mit diesem Geldsegen verfahren werden soll, war lange unklar. Ganz zurückgezogen hatte das Ehepaar Beck in Höfingen in der Varnbülerstraße gewohnt. Den Nachbarn sind sie als bescheidene Menschen in Erinnerung geblieben. Von Erwin Beck weiß man nur, dass er Kriminalbeamter gewesen sein soll. Anscheinend hat es ihnen in Höfingen gefallen. 1970 haben der im Jahr 1915 geborenen Erwin Beck und seine sechs Jahre jüngere Ehefrau in ihrem Testament bestimmt: „Jeder von uns beruft zu seinem Alleinerben die Gemeinde Höfingen.“

Nach der Eingemeindung von Höfingen haben die Becks 1983 ihr Testament geändert und die Stadt Leonberg zur Alleinerbin gemacht. Allerdings mit einer klaren Auflage: Das Vermögen soll ausschließlich in Höfingen verwendet werden, etwa für dort wohnhafte Bürger, oder dort bestehende oder zu schaffende Einrichtungen. „Über die Verwendung entscheidet der Ortschaftsrat allein“, heiß es in diesem letzten Willen. Im Testament ist außerdem verfügt, dass die Stadt die Grabpflege für 40 Jahre übernehmen muss.

Heftige Kritik vom Regierungspräsidium Stuttgart, das mit der Sache auch befasst war, gab es für die Stadt für das hohe Honorar, das für die Nachlassverwaltung bezahlt wurde – fast 73 000 Euro. Dem eingeschalteten Verwalter wurden nämlich fünf Prozent des Nachlasses bezahlt, während die Richtlinien des Deutschen Notarinstituts nur drei Prozent vorsehen. Wer damals den Notarassessor beauftragt hatte, vom dem sich die Stadt im Streit vor Gericht getrennt hat, ist heute nicht mehr nachvollziehbar. Der Reinnachlass der im März 2015 auf die Stadt überschrieben wurde, liegt nun bei rund 638 000 Euro.

Bürgerstiftung? „Geht nicht!“

Das Regierungspräsidium war zudem eingeschaltet, weil der Höfinger Ortschaftsrat eine Bürgerstiftung gründen wollte, die das Vermögen verwaltet und über die Verwendung entscheidet. „Geht nicht!“, befand die Behörde. Das Vermögen gehöre der Stadt, das Geld in eine Stiftung auszulagern, bedeute, es der Haushaltshoheit des Gemeinderates zu entziehen. Eine rechtlich selbstständige Stiftung komme nur in Frage, wenn weitere „Gelder von privaten Dritten“ akquiriert werden, mit dem schwammigen Zusatz „namhafte Beiträge“.

So haben sich der Ortschaftrat und die Ortsvorsteherin Bärbel Sauer viele Gedanken gemacht und Projekte ausgearbeitet, die ausschließlich Höfingen zugute kommen und über die das Gremium allein bestimmen kann. Um nicht wieder in solch eine verzwickte Lage zu geraten, wird auch die Hauptsatzung der Stadt geändert. Die sieht in Zukunft vor, dass bei der Verwendung von Vermächtnissen und Erben das darin ermächtigte Gremium entscheidet, ohne dass die Verwaltung oder der Gemeinderat mit einbezogen werden müssen.