Möglichkeiten, aber kein Zwang: Jugendbeteiligung in Leonberg funktioniert über die Schulen und in Projekten.

Leonberg - Das jüngste Mitglied im Gemeinderat ist 39, am Ende der vorigen Legislaturperiode hielt ein 32-Jähriger die Fahne der jüngeren Leute hoch. Die Parteien und Gruppen in Leonberg haben mit Nachwuchsproblemen zu kämpfen, was sich auch deutlich in den Kandidatenlisten der Kommunalwahl im vergangenen Jahr widergespiegelt hat.

 

Doch wie sollen die Jugendlichen für lokale Politik begeistert werden, für aktives Mitgestalten in ihrer Kommune? Mit einem Jugendgemeinderat, wie ihn Renningen seit 2002 hat? Oder einem Jugendbeirat wie in Weil der Stadt? Dagegen haben sich bisher sowohl die Stadtverwaltung als auch die Ratsfraktionen- und Gruppen ausgesprochen. „Wir haben die Jugendlichen auch selbst befragt. Ein Jugendgemeinderat wurde nur von wenigen Schüler gewünscht“, erklärt die Stadtjugendreferentin Birte Brinkmann.

Die Haltung der jungen Menschen: Wenn sie etwas interessiert, wollen sie etwas dafür tun und darüber entscheiden. Interessiert sie ein Thema jedoch nicht, wollen sie auch nicht mitmachen müssen. „Jede Beteiligung muss die Möglichkeit bieten, umgesetzt zu werden“, sagt die Referentin. Jugendbeteiligung dürfe zudem nicht missverstanden werden als Nachwuchsförderung für die Parteien.

Bürgerinfo im Jugendhaus? Warum nicht!

Stattdessen setzt man in Leonberg auf eine besondere Zusammenarbeit mit den Schülermitverwaltungen (SMV). „Die Jugendbeteiligung ist aber eigentlich ein ganzer Blumenstrauß an Mitmachformen“, betont Brinkmann. Sie trifft sich regelmäßig mit den SMVlern. Gemeinsam wird in Form von Projekten zusammengearbeitet. So wurde im vergangenen Jahr zur Fußball-Weltmeisterschaft ein Turnier auf die Beine gestellt. In der Vorweihnachtszeit wurde ein Nikolaus-Verkauf organisiert. Und vor der Kommunalwahl sei ein halbes Jahr lang quasi nur über Politik gesprochen worden.

„Man braucht dafür Jugendliche, die Spaß daran haben“, sagt die Stadtjugendreferentin, deren Stelle extra dafür aufgestockt worden war, um die Möglichkeiten der Jugendbeteiligung auszuloten. Allerdings seien die jungen Leute heute wenig für die klassische Kommunalpolitik zu begeistern. Aus einem ganz einfachen Grund: „Sie kommunizieren halt ganz anders.“ Aus diesem Grund hat sie auch die „Junge Seite Leonberg“ im sozialen Netzwerk Facebook eingerichtet, auf der sie über aktuelle Veranstaltungen für Jugendliche informiert. „Das soll aber mal eine richtige Austauschplattform werden“, hofft sie. Gute Jugendarbeit passiere jedoch online und offline. Das gelte übrigens für beide Seiten: „Warum sollte nicht mal eine Bürgerinfo oder ein Ausschuss im Jugendhaus stattfinden?“

Die Jugendlichen seien schon interessiert am lokalen Geschehen, vor allem aber bei Themen, die ihnen nahe sind: Hallenbad, das Leo-Center oder der Nahverkehr.

Was ihre Beteiligung angeht, so steht noch eine Entscheidung über die konkrete Form aus. Da Jugend-Gemeinderat oder Beirat wohl aus dem Rennen sind, blieben noch Jugendforen oder projektbezogene Formen übrig. „Es sollte aber etwas sein, wo die Jugendlichen zum ersten Mal Verantwortung übernehmen können“, meint Birte Brinkmann.

Die verschiedenen Gremien im Vergleich

Jugendgemeinderat
Hier sind ausschließlich Jugendliche vertreten. Diese werden von den wahlberechtigten Jugendlichen in ihrer Stadt oder Gemeinde gewählt. In den Sitzungen, in denen auch der Bürgermeister anwesend ist, werden Projekte erarbeitet, die anschließend dem örtlichen Gemeinderat vorgestellt werden. Dieser entscheidet dann darüber, ob sie realisierbar sind. Ein Beispiel ist der Jugendgemeinderat Renningen, der erstmals 2002 gewählt wurde. Er umfasst derzeit 20 Mitglieder.

Jugendbeirat
Auch in dieser Runde sind gewählte Jugendliche vertreten. Doch ergänzend dazu sitzen noch einmal genauso viele erwachsene Vertreter mit am Tisch. In Weil der Stadt sind es neben acht Jugendlichen noch vier Mitglieder des Gemeinderats und je ein Vertreter des Jugendhaus Kloster, des Stadtjugendrings und des Kinder- und Jugendbüros sowie die Leiterin des Amts für Jugend und Soziales. Die Jugendlichen bringen ihre Anliegen in den Sitzungen ein, gemeinsam wird beraten, was realisierbar ist. Erst dann gehen die Vorschläge in den Gemeinderat.

Weitere Kommunen
Den ersten Jugendgemeinderat im Kreis Böblingen gab es 1998 in Holzgerlingen. 2006 folgte Böblingen und 2013 Sindelfingen. Der Jugendgemeinderat von Waldenbuch, der ebenfalls 1998 gegründet worden war, wurde 2002 mangels Bewerbern wieder aufgelöst. Anschließend wurden verschiedene Formen wie ein Beirat oder Jugendforen versucht, mit unterschiedlichen Ergebnissen.