Die Debatte um die Verlegung des Leonberger Wertstoffhofs geht weiter. Jetzt ist ein Areal in der Gartenstadt im Gespräch. Doch der würde nicht nur die Anwohner stören. Auch Jugendliche protestieren.

Leonberg - Wenn Bundesliga-Kicker bisweilen dem Spielrasen das Prädikat „Kartoffelacker” verpassen, dann ist ihnen ganz sicher noch nicht der Bolzplatz in der Straße Schweizermühle in der Gartenstadt unter die Augen gekommen. Dort versackt die stellenweise begrünte Spielfläche allmählich im Matsch.

 

Nicht nur das: Die Tor- und Seitenauslinien werden schon mal großzügig ausgelegt, denn sie gibt es gar nicht. Und wenn einer den Hammer rausholt, dann landet das Leder nicht selten auf der angrenzenden Straße oder auch direkt in der Glems.

Klar, für Fußball-Ästheten ist das nichts. „Wir sind aber auch Allwetter-Kicker“, stellt Karam Al-Kutbi mit einem Lächeln klar.

Der Bolzplatz ist ihr zweites Wohnzimmer

Der 17-Jährige zählt zu einer Gruppe von Gartenstädter Jugendlichen, für die der bescheidene Bolzplatz zwischen Kreisel und Aldi-Markt quasi ein zweites Wohnzimmer ist. Viele der 20 Fußballer sind dort praktisch groß geworden.

„Wir sind nahezu jeden Tag auf dem Platz“, berichtet Nils Bökenbrink. Schlusspfiff ist, wenn man die eigene Hand vor dem Gesicht nicht mehr sehen kann. Das ist aber nicht zwangsläufig ein Problem: Manchmal kommen sogar Taschenlampen zum Einsatz, berichten die Fußballer.

Nun haben sie Angst, schon bald ihre Fußballschuhe an den Nagel hängen zu müssen. Denn bei der Suche nach einem neuen Standort für den Wertstoffhof – die derzeitige Fläche am Bahnhof ist zu klein, und auch die Parksituation ist alles andere als optimal – hat der Landrat Roland Bernhard jetzt den Spielplatz nebenan als Alternative in Gespräch gebracht (siehe Artikel unten). „Wir glauben kaum, dass die Fläche dann noch für unseren Bolzplatz ausreicht, zumal der Spielplatz auf dem verbliebenen Gelände untergebracht werden müsste“, erklärt Nils.

Die Kicker reden nicht um den heißen Brei herum. Der drohende Wegfall ihres Bolzplatzes käme für sie einer kleinen Katastrophe gleich. „Er ist unsere einzige Option in der Nähe”, sagt der Gymnasiast. Denn der Fußballplatz am Berufsschulzentrum, den die Jungs auch gelegentlich genutzt hatten, ist derzeit aufgrund der in der Sporthalle untergebrachten Flüchtlinge nicht bespielbar. „Wir können nicht einfach ins Auto steigen und die Nachbarorte abklappern“, sagt der 13-Jährige. Nils’ Vater kann die Pläne des Landkreises, der für die Entsorgung zuständig ist, nicht nachvollziehen.

„Wenn man das Thema orangefarbene Wertstofftonne vorantreiben würde, dann gäbe es eine große Entlastung für den Wertstoffhof. Ein Standortwechsel wäre dann nicht mehr notwendig”, befindet Thomas Bökenbrink.

Und überhaupt: „Heutzutage haut jeder auf die Jugendlichen drauf und stellt sie als Stubenhocker hin, die nur vor dem Computer herumhängen. Aber hier gibt es Jungs, die regelmäßig kicken und dann will man ihnen den Platz wegnehmen!“

Übrigens: dass die geplante Fläche wesentlich größer ist als der aktuelle Standort der Abfall-Einrichtung, daran zweifelt er. „Mein Sohn hat sich den Spaß erlaubt, die Flächen nachzumessen: Der Unterschied ist minimal“, sagt der Gartenstädter.

Kritik kommt nicht nur von den Fußballern. Vielen Gartenstädtern stößt das geplante Vorhaben übel auf. Sie befürchten zusätzlichen Trubel in dem ohnehin stark belasteten Viertel. Neben der Bahnlinie sind im Bereich der Gartenstadt auch viele Flüchtlinge untergebracht. Der ein oder andere gesellt sich übrigens immer wieder zu den Fußballern. Und auch die neuen Wohn-Container für Obdachlose stehen direkt am Kreisverkehr.

„Wertstoffhof gehört in ein Industriegebiet“

„Es gibt doch sicherlich andere Alternativen in der Stadt“, meint Ewald Thoma von der Bürgerinteressensgemeinschaft Gartenstadt/Glemstal (BiGG). „Üblicherweise gehört doch ein Wertstoffhof in ein Industriegebiet.” Eine Unterschriftenliste gegen die Errichtung eines Wertstoffhofs wurde schon auf den Weg gebracht, sagt Thoma.

Und während ein am Bolzplatz angebrachter Banner die Ablehnung deutlich zum Ausdruck bringt, formiert sich auch in den sozialen Netzwerken langsam aber sicher der Widerstand.

Die Fußballer sind sich einig: Statt den Wertstoffhof auf das Gelände umzusiedeln, sollten Stadt und Kreis sowohl den Fußballplatz als auch den spärlich ausgestatteten Spielplatz mit seinem Sandkasten und der Tischtennisplatte auf Vordermann bringen. Davon würde ihnen zufolge letztlich die gesamte Gartenstadt profitieren. „Der Ortsteil ist sehr kinderreich und wenn die Kinder aus dem Spielplatz-Alter herauswachsen, dann geht’s auf den Fußballplatz nebenan“, ist sich Nils Ziegler sicher.

Da Weihnachten vor der Tür steht, haben sie auch gleich einen ersten Wunsch: ein Sicherheitsnetz, damit der Ball nicht wieder in der Pampa landet.