Eine Tafel hält jetzt auch am Sammelgrab auf dem Alten Friedhof die Erinnerung wach. Zudem gibt es von bis zum 29. April eine deutsch-französische Ausstellung im Neuen Rathaus zum Thema.

Leonberg - Roger Coillet ist erst 18 Jahre alt gewesen, genauso alt, wie die Gymnasiasten des Albert-Schweitzer-Gymnasiums, die aus seinem kurzen Leben vorlesen. Der junge Franzose starb am 25. Februar 1945 im Konzentrationslager in Leonberg. Sein Name steht nun zusammen mit 307 weiteren auf einer Gedenktafel am Alten Friedhof in der Seestraße. Die drei Zwölftklässler des ASG sind mit Schulleiter Klaus Nowotzin zur Einweihung der Erinnerungstafeln, die die KZ-Gedenkstätteninitiative und die Stadt aufgestellt haben, auf den Friedhof gekommen.

 

Im Deutsch-Leistungskurs haben sie sich mit ihrem Lehrer Sasa Krizan mit dem Thema Konzentrationslager in Leonberg befasst, erzählt Katharina Koziollek. Die 18-Jährige sowie ihre Mitschüler Maren Galle und Alexander Zeising sprechen auch über die im Leonberger KZ umgekommenen Häftlinge Giovanni Cima und Edoardo Goruppi aus Italien. Der Sohn von Goruppi, Riccardo, der zusammen mit seinem Vater in den Leonberger Tunnelröhren für die deutsche Rüstungsindustrie schuftete, überlebte die Gefangenschaft. Er hat zur Einweihung der Gedenktafel ein Grußwort geschrieben, das Irmtraud Klein von der KZ-Gedenkstätteninitiative vorliest. „Für mich und meine Familie ist dies ein heiliger Ort, denn in dieser Erde ist auch mein Vater begraben“, schrieb Riccardo Goruppi. Weiter heißt es in seinem Brief: „Dieser Tag, an dem ihr nun den Bestatteten die Namen zurückgebt, bedeutet für alle Deportierten einen großen Sieg.“

„337 KZ-Häftlinge“

Bisher lagen die KZ-Opfer anonym im Sammelgrab. Die Gedenkstätteninitiative hatte sich zum Ziel gesetzt, ihnen ihre Namen zurückzugeben, wie die Vereinsvorsitzende Marei Drassdi erklärt. Zwar gibt es schon seit 1962 eine Gedenktafel, die aber ist eher allgemein gehalten und macht nicht deutlich, dass es sich um KZ-Opfer handelt. Dies hat sich nun mit der neuen Tafel geändert, auf der es heißt: „Hier ruhen 337 KZ-Häftlinge. Umgekommen 1944/45 im KZ Leonberg.“

Gestorben sind in Leonberg 389 Männer, von denen einige aber an anderen Orten bestattet wurden. Von 308 der Toten sind die Namen bekannt. 256 von ihnen sind in Leonberg bestattet, die weiteren 81 dort begrabenen Häftlinge konnten nicht identifiziert werden. Die Recherche der Namen sei mühsam gewesen, sagt Drassdo. Während des Krieges waren die KZ-Häftlinge in einem Massengrab auf dem Blosenberg beerdigt worden. Erst 1953 wurden sie auf den Friedhof umgebettet.

Große Symbolik

„Wir alle wissen, dass auf einem Friedhof Grabsteine mit den Namen der Bestatteten die Erinnerung wachhalten“, sagt Eberhard Röhm, der stellvertretende Vorsitzende der Initiative. „Die Toten hier im Sammelgrab wurden anonym bestattet.“ Auch im KZ seien sie anonym gewesen und wurden nur mit ihrer Nummer gerufen. „Wir haben ihnen symbolisch ihre Namen zurückgegeben“, sagt Röhm mit Blick auf die bereits 2005 errichtete Namenswand am alten Engelbergtunnel. Doch es seien in der Vergangenheit immer wieder Angehörige von überallher gekommen auf der Suche nach den Gräbern ihrer im KZ umgekommenen Verwandten, berichtet Röhm. So sei der Sohn von Eduardi Goruppi jedes Jahr an das Grab des Vaters gereist, dessen Tod er im KZ miterlebt hatte. Einige Besucher haben selbst schon Namensschilder auf das Sammelgrab gelegt.

Oberbürgermeister Bernhard Schuler schildert, wie Eberhard Röhm schon 2009 auf die Stadt zukam und darauf aufmerksam machte, wie wichtig es sei, einen Ort des Gedenkens zu haben. „Dass es diesen heute gibt, wäre nicht möglich gewesen, ohne die akribische Arbeit der KZ-Gedenkstätteninitiative.“ Viel Fleiß und Recherche seien nötig gewesen, um die Namen ausfindig zu machen, so Schuler. „Aus eigenem Erleben kann ich verstehen, dass es für Angehörige wichtig ist, Namen an einem Grab wiederzufinden“, so der OB.

Der ehemalige KZ-Häftling Riccardo Goruppi schrieb in seinem bewegenden Grußwort: „Ich würde mich freuen, wenn die Jungen und nicht mehr ganz so Jungen bei der Erinnerung an diese Orte und die Geschichte dieser brutalen Zeit darüber nachsinnen würden, wie viel Hass einmal war und auch darüber, niemals zu hassen.“ Mit den Klängen des Bläserensembles der evangelisch-methodistischen Kirche, die Klezmer-Musik und eine Weise von Django Reinhardt spielte, geht die Feier zu Ende.

Ausstellung