Global denken, lokal handeln: Die Stadt Leonberg wird für ihre Vorreiterrolle ausgezeichnet. Dazu gibt es ein großes Fest in der Steinturnhalle mit allen Beteiligten.

Leonberg - Dass Armutsflüchtlinge auf der Suche nach einem besseren Leben hohe Risiken auf sich nehmen, ist nicht erst seit der Tragödie vor Lampedusa traurige Realität. Um die Not der Menschen, die sich auf ihre Arbeitssituation niederschlägt, zu bekämpfen, leistet Leonberg einen kleinen, aber nicht unbedeutenden Beitrag: durch fairen Handel. Am Dienstagabend wurde die Stadt für ihre Vorreiterrolle mit einem Fair-Trade-Siegel ausgezeichnet. Auch Metropolen wie London, Rom oder San Francisco sind allesamt der Kampagne „Fair-Trade-Town“ beigetreten – genauso wie Böblingen, Sindelfingen oder Stuttgart.

 

Die Werbetrommel wurde in den zurückliegenden zwölf Monaten kräftig gerührt. Am Ende stellte sich die Stadtspitze um Oberbürgermeister Bernhard Schuler und den Ersten Bürgermeister Ulrich Vonderheid sogar höchstpersönlich an die Mensatheke und servierte Mittagessen aus fair gehandelten Produkten. Die Mühe hatte sich gelohnt. Nachdem die Lokale Agenda 21 im Rahmen ihrer Vollversammlung in der voll besetzten Steinturnhalle das vergangene Jahr Revue passieren ließ, folgte der wichtigste Punkt des Abends: die offizielle Ernennung Leonbergs zur „Fair-Trade-Stadt“.

Global denken – lokal handeln

„Für Leonberg gilt: Global denken – lokal handeln“, sagte der stolze Rathauschef. „Die Vorbereitungen für die Bewerbung um den Titel ,Fair-Trade-Stadt’ zeigten deutlich, dass sich viele Menschen diesem Ziel verschrieben haben.“

Als der Gemeinderat im November 2012 auf Anregung der Lokalen Agenda 21 beschloss, die notwendigen Schritte auf dem Weg zur „Fair-Trade-Stadt“ zu unternehmen, galt es, fünf Kriterien zu erfüllen. Mit der Entscheidung wurden die Stadtvertreter aufgefordert, bei allen Sitzungen der Ausschüsse und des Rates sowie im Bürgermeisterbüro zwei Produkte aus fairem Handel aufzutischen. Eine Steuerungsgruppe wurde gegründet, um die Aktivitäten vor Ort zu koordinieren. In einem weiteren Schritt musste gewährleistet werden, dass in mindestens zehn Einzelhandelsgeschäften und fünf Gastronomiebetrieben nicht weniger als zwei Produkte aus fairem Handel angeboten werden. Öffentliche Einrichtungen wie Schulen, Vereine und Kirchen waren natürlich ebenfalls aufgefordert, sich zu beteiligen.

Das Interesse an Fair Trade und der damit einhergehenden Bekämpfung der Armut in den Erzeugerländern und Eindämmung der Kinderarbeit ist laut Maria Zundel, Geschäftsführerin des Eine-Welt-Ladens und Mitglied der Steuerungsgruppe, groß. „Fairer Handel ist aus der Nische in die Mitte vorgestoßen“, resümierte die neue Sprecherin der Lokalen Agenda 21. In die gleiche Kerbe schlug auch Ulrich Vonderheid, federführend in der Steuerungsgruppe: „Abgesehen von den zahlreichen Teilnehmern gibt es auch noch viele Geschäfte oder Cafés in der Stadt, die zwar Produkte aus fairem Handel anbieten, aber die Kriterien der Kampagne leider nicht erfüllen“, berichtete er. Insgesamt schafften es 13 Einzelhändler auf die Liste, darunter auch das Busunternehmen Kappus, das Fair-Trade-Produkte selbst auf Kaffeefahrten empfiehlt und damit wohl ein Alleinstellungsmerkmal in Deutschland innehat. Sechs Gastronomiebetriebe machten mit, die evangelische Stadtkirche ebenso wie die katholische Johanneskirche, das Bürgerzentrum Stadtmitte und die Familienbildungsstätte Leonberg e.V. sowie mehrere Schulen und Vereine.

Schüler essen fleischlos

Während und auch schon vor der Kampagne stach besonders der Verein Triangel hervor. Im April rief die Mensa eine „Fair-Trade-Woche“ ins Leben. Für die Schüler gibt es seit Langem täglich ein vegetarisches Gericht, Kaffee und Tee aus dem Automaten stammen ebenfalls aus fairem Handel. Eine Glanzleistung legten auch die Jugendlichen der Johanneskirche hin. Bei der bundesweiten „72-Stunden-Aktion“ im Juni brachten sie 1288 fair gehandelte Produkte unter die Leonberger Bevölkerung und sammelten mehr als 2500 Euro für eine Kinderrechtsorganisation.

Ganz im Zeichen des Fair-Trade-Gedankens stand auch das Rahmenprogramm in der Steinturnhalle. Mehrere Bekleidungshäuser warben für ihre Produkte mit dem grünblauen Siegel. Patrick Bebelaar, preisgekrönter Pianist und Jazzmusiker aus Leonberg, der sich in den Townships von Südafrika ehrenamtlich engagiert und seit jeher für fairen Handel einsteht, untermalte die Veranstaltung musikalisch. Und während Mitarbeiter des Vereins Triangel eine vegetarische Quinoa-Curry-Suppe mit Lauch und Kokosmilch sowie Mascarpone-Creme mit Mango-Mousse servierten, schenkten Helfer des Jugendhauses Fair-Trade-Säfte und -Weine ein.