Aus dem Schwur in seiner Jugend ist nichts geworden: Hans Joachim Müller führt ein Leben mit der Kamera. Im Fotoclub aber bleibt sein Spezialgebiet, die Sportfotografie, außen vor. Sein geübtes Auge entdeckt die Naturschönheiten.

Leonberg/Magstadt - Er wollte gern auf den Sportplatz, musste aber dem Vater das Stativ tragen. „Da habe ich mir geschworen, nie zu fotografieren“, erinnert sich Hans Joachim Müller an seine erste Bekanntschaft mit der Fotografie in seiner Jugend. Sein Vater war begeisterter Hobbyfotograf und hatte schon in den 30er-Jahren in Farbe fotografiert.

 

Müller ist später in Sportlerkreisen zu einer gewissen Berühmtheit gelangt: als Leichtathlet, vor allem aber als Fotograf. 32 Jahre lang war er selbst auf der Mittel- und Langstrecke in der Leichtathletik aktiv. Danach hat er seinen Sport, aber auch viele weitere Disziplinen, von der anderen Seite aus betrachtet und betrieben: als Fotograf.

Hajo, wie er in Sportkreisen bekannt wurde, hat sie alle vor die Linse bekommen: junge Leichtathletinnen beim Cross-Lauf, mit ihrem Ball jonglierende Kicker, ältere Läufer bei Waldlaufmeisterschaften, Handballer beim Sprungwurf, konzentrierte Stabhochspringer, enttäuschte Torjäger, ausflippende Trainer, schmerzverzerrte Gesichter, aber auch strahlende Heroen auf dem Siegertreppchen.

Am Wochenende für die Sportfotografie gelebt

„Das Fotografieren kam durch den Sport“, erklärt Müller, „und gelernt habe ich bei Gustav Schröder, der mich in die Materie eingeführt hat.“ Als „Halbprofi“ – im Hauptberuf war Müller Elektroniker bei Hewlett-Packard – hat er ganze Wochenenden lang für seine Sportfotografie gelebt. „Ich hatte damals in ganz Deutschland Kunden und war eine Institution in der deutschen Leichtathletik“, erzählt er. Auch den Lesern des Sportteils der Leonberger Kreiszeitung dürfte „Hajo“ ein Begriff sein. „Ich war oft von Freitag bis Sonntagnacht unterwegs und ging dann direkt zur Arbeit“, erinnert er sich an Zeiten, in denen die Fotografie ein Zweitjob für ihn war. „Das ging nur deswegen, weil es mir riesigen Spaß gemacht hat.“

2007 ist der heute 68-Jährige in den Vorruhestand gegangen, und 2010 hat „Hajo“ auch die bezahlte Sportfotografie, von Ausnahmen abgesehen, an den Nagel gehängt. „Damals bin ich voll gegen Stuttgart 21 eingestiegen und gehe auch jetzt noch ab und zu auf die Demos“, erklärt er. Nebenher hat er sich in den Fotoclubs der Region umgeschaut und ist im Leonberger Club fündig geworden. Besonders Naturaufnahmen faszinieren ihn heute, den Sport hält er aus dem Club eher raus.

Am liebsten erkundet Müller seine Umgebung auf dem Rad. Rund ums Hölzertal findet er seine Motive. „Ich unternehme keine Weltreisen, um exotische Bilder zu machen“, erklärt er. Seine Seerosen findet er auf dem Renninger See, den Indian Summer im Magstadter Wald, die auffliegenden Reiher oder Stare am hiesigen Himmel. „Im Fotoclub bin ich schon verschrien als ‚er war im Hölzertal‘“, schmunzelt Müller.

Gemeinsam mit den anderen Clubmitgliedern ist er aber auch immer wieder bei Fotoausflügen nach Basel, an den Staffelsee bei Murnau oder im Vitra-Museum bei Weil am Rhein unterwegs. „Im Club sehe ich, wie und was andere fotografieren, da wird man getriggert“, erklärt er, „und der Hauptgrund zu den Clubabenden und Ausflügen zu gehen, ist, die eigene Bequemlichkeit zu verlassen.“ Müller schätzt die Bildkritik, die an den Clubabenden geübt wird, sie ist ihm sogar oft noch „zu brav“.

Als Elektroniker ist Müller die Technik immer wichtig gewesen. Er hat sich in Fotofachzeitschriften belesen und sich schon zu Beginn des digitalen Zeitalters eine sündhaft teure Digitalkamera zugelegt. Seine Bilder bearbeitet er mit dem Programm „Adobe Photoshop Lightroom“ nach und fotografiert im Rohdatenformat RAW. Aus der Dunkelkammer im Keller ist längst ein Computerraum geworden, in dem er weiterhin, nur anders als vor Jahren, an seinen Fotografien arbeitet.

Ausstellungen reizen ihn nicht: „Ich fotografiere für mich“

An Ausstellungen seiner Fotografie hat Müller kein großes Interesse. „Ich fotografiere für mich“, sagt er. Schade eigentlich, denn nicht umsonst sind im Fotoclub schon etliche Aufnahmen von Müller zu „Fotos des Monats“ gekürt worden. Müller hat ein Auge für die kleinen Dinge und reagiert als Sportfotograf auch schnell. Seinen „Jagdtrieb“ nach guten Fotos lebt er mit der Kamera aus. Hält fest, wie sich Reiher über einem See in den grauen Himmel erheben oder neun Rehe ihm beim Weglaufen die Hinterläufe und die Spiegel genannten Hintern in die Kamera strecken. Er erkennt aber auch die Schönheit filigraner Gräser, Farne und sogar jenen grafischen Zauber, den Strommasten oder Holzstapel, gut fotografiert, haben können.

Eine Sportaufnahme von Müller gibt es aber doch bei den Bildern des Monats im Fotoclub. Im August 2014 hat eine rasante Skaterin auch hier das Rennen gemacht. Der Sportler, der kein Fotograf werden wollte, kann die Finger vom Fotografieren nicht lassen. Und gestaltet seit zwei Jahren auch die Fotojahrbücher des Fotoclubs Leonberg. Stative indes schleppt er tatsächlich nur äußerst selten.