Wir schaffen Platz für die Freuden des Gartens und für besondere Pflanzen. Heute befasst sich Barbara Bross-Winkler mit der tropischen Hitze hierzulande. Spaß macht ihr im Garten nur noch das Gießen.

Leonberg - M

 

eine Dürretoleranz lässt zu wünschen übrig. Trockenstress suche ich zu vermeiden. Zurzeit geht das gar nicht gut. Man kann nicht schlafen, nicht arbeiten, hat keinen Hunger, keine Lust auf Bewegung. Man existiert. Versucht irgendwie zu überleben. Hegt Fluchtgedanken oder tagträumt von einem Nordhang. Stellt sich am Computer als Bildschirmhintergrund eine erfrischend wirkende Gletscherlandschaft ein. Baut vor dem Bildschirm eine Batterie Sprudel auf. Schüttet Gallonen davon in sich hinein. Freut sich im Büro auf das bisschen Wind vom Ventilator. Reduziert die am Körper getragene Textilmenge immer weiter . . .

Das ist ja schon per se nicht immer vorteilhaft. Flip-Flops und Spaghettiträger im Büro sind zudem tabu, wie erst jetzt wieder zu lesen war. Mir ist bei 40 Grad im Schatten aber ziemlich egal, was andere denken. Wenn es denen geht wie mir, dann denken die auch gar nicht mehr so wahnsinnig viel. Das Gehirn schnurzelt bei diesen Temperaturen doch mindestens genau so heftig zusammen wie die Pflanzenwelt um uns herum.

Bäume verlieren Blätter. Und wir verlieren mit arbeitsfähigen Hirnsynapsen Anstand und Hemmungen. Dabei haben wir Menschen es ja viel besser als Pflanzen. Die können sich schließlich weder einen Eimer Eiskaffee machen noch die Rollos runterziehen oder notfalls nach Grönland flüchten. Im schlimmsten Fall kriegen sie nicht mal was zu trinken!

Man muss sich ja nur ein wenig umschauen in den Beeten am Straßenrand, auf Streuobstwiesen, Feldern oder im Wald. Bäume werfen schon massenhaft gelbe Blätter ab und die noch grünen hängen schlaff und mitleiderregend herunter. Stauden, ja sogar der Giersch im Nachbargarten, verdursten, und in meinem Garten sind Rosenblüten regelrecht verbrannt.

Da ich schon von meiner Mutter gelernt habe, dass man Pflanzen mit ein wenig Wassergeiz zur Ausbildung langer Wurzeln „erziehen“ kann, habe ich in den ersten Tagen der Gluthitze den Garten vollkommen ignoriert. Durch die geschlossenen Rollos hatte ich ihn ja auch gar nicht mehr wahrgenommen und irgendwie verdrängt. Als ich nach zehn Tagen Tropenhitze doch mal draußen war, hat mich der Zustand unseres Gartens schockiert. Am selben Abend habe ich anderthalb Stunden gegossen. Und weil ich schon dabei war, hat auch der angrenzende Wald mitsamt den darin verdorrenden Farnen eine ordentliche Ladung abgekriegt – so weit wie mein Schlauch und der Wasserstrahl eben reichte.

Seither gieße ich jeden zweiten Tag durchdringend, Töpfe natürlich ständig. Erziehung hin, Erziehung her. Einfach den Gartenschlauch hernehmen und wild drauflosspritzen, das brauche ich Ihnen bestimmt nicht zu sagen, ist aber keine gute Idee. Volker Wilhelm, Gartencenterleiter bei Kriesten, hält bei diesen Temperaturen gar nicht so viel von Erziehung. „Zurzeit ist die Hitze so groß, dass man so wässern sollte, dass es gleichmäßig feucht bleibt“, sagt er. Er rät Gartenbesitzern, entweder abends oder früh morgens zu gießen. Ohnehin könnten die Pflanzen bei dieser Hitze gar nicht so viel Wasser aufnehmen, wie sie wieder verdunsten. Ganz falsch, sagt er, wäre es, Pflanzen in der prallen Sonne mit Wasser zu besprühen. Die Tropfen wirken dann wie ein Brennglas und das kann bei den Pflanzen zu Verbrennungen führen.

Optimal ist es, ganz früh morgens zu gießen – wer eine automatische Beregnungsanlage hat, kann die ja sogar auf 3 oder 4 Uhr morgens einstellen. Weil es dann noch kühl ist, kann das Wasser ohne zu verdunsten in den Boden eindringen und bis zu den Wurzeln gelangen. Wer abends gießt, riskiert Pilzkrankheiten, weil die Blätter über Nacht nass bleiben. Außerdem freuen sich auch die Schnecken, die durch die Feuchtigkeit nachts angelockt werden.

Bei mir gibt es zurzeit hier keine Klagen. Schnecken sind Mangelware. Dafür habe ich mir vor zwei Wochen überlegt, was um Himmels willen bei dem Wetter unsere reizende Hauskröte macht, die schon mehrfach zum Sprung in mein Arbeitszimmer angesetzt hatte. Kein Wässerchen weit und breit. Ich habe ihr sofort einen Teller mit Wasser zwischen die Blumentöpfe auf der Terrasse gestellt, wo sie ihr Zuhause hat. Wenn sie hätte jubeln können, hätte sie gejubelt. So aber ist sie die nächsten zwei Stunden still, regungslos und sichtlich beglückt im Wasserteller gehockt. Manche mögen’s heiß. Meine Kröte und ich nicht.