Das Gericht glaubt dem Angeklagten und folgt nicht der Forderung der Staatsanwaltschaft.

Leonberg - Die Staatsanwaltschaft warf einem 49-Jährigen vor, Drogenhandel betrieben zu haben. Doch dieser erklärte seinen Marihuana-Konsum mit chronischen Rückenschmerzen, und das Kokain wollte er lediglich für einen Bekannten besorgt haben. Der Richter am Leonberger Schöffengericht schenkte ihm Glauben und verurteilte den Mann wegen Erwerbs und der Beihilfe zum Erwerb von unerlaubten Betäubungsmitteln.

 

Dass der Mann gesundheitliche Probleme hatte, war offensichtlich. Seit Jahren leide er an einer entzündlichen Erkrankung, erklärte der Leonberger. Hinzu kämen chronische Rückenschmerzen. Deshalb könne er auch nicht seiner Arbeit als Serviceleiter in einem Autohaus nachgehen und sei im Krankenstand. „Ich komme nur mit Hilfe meiner Mutter über die Runden“, erklärte der 49-Jährige. Finanzielle Unterstützung vom Staat erhalte er nicht.

„Die Tabletten bringen nichts“

Um seine Schmerzen zu lindern, rauche er seit vielen Jahren Marihuana. „Die verschriebenen Tabletten bringen nichts, danach bin ich sogar noch benommener als nach einem Joint“, erklärte der Familienvater vor Gericht. Deshalb traf er sich im Dezember 2014 mit einem Dealer in Stuttgart, um Nachschub zu besorgen. Allerdings konnte der Händler die versprochenen fünf Gramm nicht auftreiben. Dafür erstand er zehn Gramm Kokain. „Das war für einen Kumpel, der das Zeug für eine Silvesterparty haben wollte“, erklärte er. „Ich hätte die 1000 Euro nicht aus meiner eigenen Tasche vorstrecken können!“ Drei Wochen später bekam er 45 Gramm Marihuana bei einem weiteren Treffen mit dem Dealer an einer Tankstelle in Leonberg

Was er nicht wusste: Die Polizei hatte den Händler im Visier und hörte regelmäßig dessen Mobiltelefon ab. „Wir haben die beiden Übergaben nicht vor Ort überwacht, aber deren Ablauf am Telefon verfolgt“, berichtete der geladene Beamte vom Rauschgiftdezernat. Die Polizei habe nicht eingegriffen, weil es sich bei dem Händler um einen „dicken Fisch“ gehandelt habe. Dieser wurde dann einen Monat später mit einem Kilogramm Amphetamin verhaftet.

Mischung aus Koffein und Aceton

Der verurteilte Waiblinger erklärte vor Gericht, dass er sich gewundert habe, als der Angeklagte nach Kokain gefragt habe. „Bis dahin wollte er immer nur Marihuana haben“, sagte der 43-Jährige im Zeugenstand. Er merkte noch an, dass es sich bei dem sichergestellten Pulver nicht um echtes Kokain gehandelt habe. „Ich habe mich beim Kauf verarschen lassen, das Zeug war nur eine Mischung aus Koffein und Aceton“, meinte er und berief sich auf das offizielle Gutachten aus seinem Verfahren.

Nicht zuletzt wegen der Aussage des verurteilten Dealers machte die Einlassung des Angeklagten Sinn für den Richter Armin Blattner. Der Richter nahm ihm auch ab, dass er das Marihuana aus medizinischen Gründen erworben habe. „Aber es war nun mal illegal!“, monierte er.

Weil der Mann bereits eine sechsmonatigen Bewährungsstrafe in den Akten hat, kam eine Geldstrafe nicht mehr in Betracht. Deshalb entschied der Richter auf eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten – zur Bewährung. Der Staatsanwalt dagegen hielt die Aussage des Leonbergers für eine reine Schutzbehauptung.