Über die Künstlerin Birgit Feil und ihre lebensnahen Menschenbilder sowie eine geheimnisvolle Auftragsarbeit.

Leonberg - Sie waren noch vor wenigen Tagen auf der Art Karlsruhe zu sehen, die unspektakulär-spektakulären Plastiken von Birgit Feil. Und fesselten und entschleunigten den Blick inmitten der mit Kunst gefluteten Messehallen.

 

Vertraut kommen sie uns vor, die Menschen, die die Warmbronner Künstlerin in unterschiedlichen Größen abbildet, aber seltsamerweise erwächst ihnen, herausgelöst aus ihrem realen Umfeld, eine ungewöhnliche Aura. Und die, hat man sie schon an unterschiedlichen Ausstellungsorten gesehen, kann auch noch variieren.

Optimierung ist nicht ihr Thema

Frauen sind es meistens, die Birgit Feil irgendwo im Vorfeld ihrer Arbeit in der Menge fotografiert hat oder an die sie sich einfach nur erinnert. Schlanke, korpulente, schön oder auch ungünstig gekleidete wie „Martina“, die Breithüftige in ihren groß karierten Hosen und dem gelben Top. Auch die 100 Zentimeter große „Dorothee“, die jetzt wieder im Atelier am Kelterberg in Stuttgart-Vaihingen steht, hätte sich vielleicht einen anderen Blazer anziehen können. Aber die Optimierung des Menschen, wie sie in unserer Zeit gerne angestrebt wird, ist Birgit Feils Thema nicht.Dagegen hat sie ihre Technik seit ihrem Studium an der Hochschule der Künste in Berlin immer weiter perfektioniert, Experimente nicht ausgeschlossen.

Marko Schacher, der Kunsthistoriker und Stuttgarter Galerist, hat die Qualität der Arbeiten von Birgit Feil bei einer Ausstellung im Keller vom Schloss Dätzingen vor fünf Jahren erkannt und die Künstlerin später unter Vertrag genommen. Über ihre Figuren schreibt er: „Mit ihrer stillen, friedlichen Aura und ihrer natürlichen Selbstverständlichkeit scheinen sie vom hektischen Fluss der Zeit nicht erfasst und autark gegen das Allover der Reize zu sein.“

Kein Atelier in Warmbronn

Wie die Bildhauerin arbeitet, kann sie am anschaulichsten bei einem Atelierbesuch in Vaihingen erklären. Zwar lebt die alleinerziehende Mutter zweier Kinder sehr gerne in Warmbronn, doch ein so großes und erschwingliches Atelier wie am Kelterberg hat sie dort nicht gefunden.

Zunächst fällt der Blick auf eine lebensgroße Figur, über die Birgit Feil schnell ein blaues Tuch wirft – noch soll niemand sie sehen, die Auftragsarbeit für Weil der Stadt im Jubiläumsjahr der Reformation und zu Ehren des Reformators Johannes Brenz (1499 – 1570). Eine viertel Tonne Ton habe sie verarbeitet, erzählt die Künstlerin, während sie an den Gewandfalten weiterarbeitet. Die hat sie vorher beim Warmbronner Pfarrer an dessen Berufskleidung genau studiert, denn ohne eine akribische Vorbereitung, auch mit Büchern und Abbildungen, ist solch eine Arbeit nicht zu stemmen. Technisch entsteht sie wie fast alle Skulpturen von Birgit Feil. Zuerst wird über einem Metallgestell in Ton modelliert, wobei der nicht glatt gestrichen wird, sondern die Struktur der einzelnen unzähligen Tonklümpchen erhalten bleibt. Nach einem Abdruck in Gips oder Silikon wird die Figur in der Negativform mit Acrystal gegossen, einem ungiftigen Kunststoff, den die Künstlerin selbst anrühren muss. Soll der Reformator neben seinem Geburtshaus in bunter Farbigkeit erscheinen oder unbemalt in Grau wie zahlreiche Figuren, bei denen die Oberflächenstruktur des Tons besonders gut zu erkennen ist?

Weißer Staub auf den Haaren der Künstlerin

Es ist ein Atelier mit unübersehbaren Arbeitsspuren, von weißen Staub überzogen, der sich, wie es scheint, auch auf die Haare der Künstlerin gelegt hat. Staub wird auch bei ihren beliebten Kursen in der „offenen Werkstatt“ aufgewirbelt, aber für ihre Arbeiten nimmt sich Birgit Feil alle Zeit, die sie „zur Verfügung“ hat. Deshalb ist sie sehr froh, dass die Kinder im Alter von 15 und 17 sehr selbstständig sind.

Die Persönlichkeit der Künstlerin, vielleicht auch die ihrer Kinder, spiegelt sich in ihren Figuren, und die hat ihr Galerist so trefflich beschrieben.