Bambus ist von Natur aus ein Rohr, stabil – und federt gleichzeitig Stöße ab. Wie geschaffen ist der Rohstoff also für die Verwendung als Fahrrad, erklärt der Tüftler Daniel Molzberger.

Leonberg - „Es ist ein traumhaftes Fahrgefühl“, so beschreibt Daniel Stemmann seinen täglichen Weg zur Arbeit mit seinem Bambus-Bike. Durch Zufall ist er im vergangenen Jahr auf einen Workshop zum Bau eines Bambus-Rades aufmerksam geworden. Eigentlich war er seit vielen Jahren ausschließlich mit seinem Liegerad unterwegs. Aber ein selbst gebautes, noch dazu geländetaugliches Rennrad hatte er schon länger im Kopf.

 

„Der Werkstoff Bambus war das i-Tüpfelchen“, lacht Stemmann. Und so entstand in rund sechzig Arbeitsstunden sein erstes handgefertigtes Fahrrad in einer Kombination aus Bambus und moderner Radtechnik. Wie das geht, erklären er und der damalige Workshop-Leiter Daniel Molzberger beim Erzählcafé des Leonberger Stadtmuseums im Rahmen der Ausstellung 200 Jahre Fahrrad.

Optimaler Werkstoff fürs Rad

Rund dreißig Zuhörer sind gekommen, um sich die Räder anzuschauen und den Bau erklären zu lassen. „Bambus ist ein optimaler Werkstoff, um damit einen Fahrradrahmen zu bauen“, sagt Molzberger, der im Hauptberuf bei der Stadt Leonberg arbeitet. Sein neuestes Mountainbike ist erst gestern fertig geworden und hat sogar einen Flaschenhalter aus Bambus. Vom Material her ist Carbon im Gegensatz zu Bambus sehr stoßempfindlich. „Ein kaputtes Carbonrad ist Sondermüll“, erklärt der Fachmann, „Längsrisse im Bambus kann man dagegen reparieren.“

Beiden Werkstoffen gemeinsam ist, dass sie sehr leicht sind. Der Bambus aber ist von Natur aus ein Rohr, muss also nicht geformt werden. Die äußerste Schicht ist zehnmal härter als das Innere, das garantiert eine hohe Stabilität. Gleichzeitig federt der Bambus Stöße ab. Dadurch wird keine spezielle Federung nötig. Der Bambusrahmen selbst ist die Federung.

Die Idee kam im Urlaub

Molzberger kam vor zwei Jahren im Urlaub auf die Idee. In Barcelona sah er ein Bambus-Bike, das zum Verkauf stand. „Das kann ich auch selbst“, dachte er und meldete sich zu einem Workshop an – in Berlin. An drei Wochenenden pendelte er in die Hauptstadt, um den Rahmen zu bauen. Allerdings hatte er ein Problem: Wieder zurück in Leonberg besaß er zwar einen selbst gebauten Fahrradrahmen aus Bambus, aber noch lange kein Bambus-Fahrrad. Da traf sich der Kontakt zum Leonberger Fahrradhändler Martin Mailänder gut. Der half beim Zusammenbau des Rades mit moderner Technik: Radgabel, Gangschaltung und Reifen sind auch bei einem Bambusrad aus handelsüblichen Materialien. „Das ist seither mein Alltagsrad, damit fahre ich jeden Tag von Zuffenhausen nach Leonberg“, freut er sich.

Wichtig ist es, beim Bau des Rades die eigene Körpergröße zu kennen, also Länge der Beine und Länge des Oberkörpers. Das ist für die Berechnung der Rahmengeometrie wichtig. Auf dieser Basis entsteht eine Zeichnung des Rades. Dann geht es an die Hand-Arbeit. Die verschieden langen und unterschiedlich dicken Bambusstäbe werden zugeschnitten. Die Knotenpunkte zwischen den Bambusstäben sind aus Metall. Sie führen später zum Lenker, zum Tretlager, dem Sattel und zur Gangschaltung. Spachtelmasse verbindet alles und zum Schluss kommen mehrere Lackschichten darauf. Schließlich soll das Rad wetterfest sein. Insgesamt rund 2000 Euro muss man für ein selbst gefertigtes Bambusrad kalkulieren, je nach Ausstattung.

Auch ein Bambus-E-Bike ist möglich

In Leonberg und in einer Stuttgarter Werkstatt bieten Molzberger und Stemmann mittlerweile ihre Workshops an. 21 Bambus-Räder sind so bereits entstanden. Jedes ist ein Unikat.

Dank des Radhändlers Mailänder hat sich Molzberger sogar an den Bau eines Bambus-E-Bikes gewagt, das er seiner Mutter zum Geburtstag geschenkt hat. Mittlerweile baut und fährt er auch Power-Pedelecs mit Bambusrahmen, die bis zu 45 Kilometer schnell sind und für die eine Straßenzulassung benötigt wird. „Wenn man ein solches Rad einmal Probe gefahren hat, dann will man es haben. Es erweitert einfach den Aktionsradius.“

Ausstellung
Zu sehen ist ein Bambusrad noch bis zum 30. Juli im Rahmen der Ausstellung zu 200 Jahren Fahrrad im Stadtmuseum Leonberg (Pfarrstraße 1). Öffnungszeiten: dienstags bis donnerstags 14 bis 17 Uhr und sonntags 13 bis 18 Uhr. Der Eintritt ist frei.