Da es kaum noch Platz für neue Baugebiete gibt, versucht die Stadt, bestehende Lücken auszunutzen. Dies muss nicht immer mit mehr Grau verbunden sein.

Leonberg - Es ist kein Wunder, dass viele Menschen mit dem Begriff „Nachverdichtung“ negative Gefühle verbinden. Darin steckt das Wort „dicht“. Stadtbewohner könnten denken, dass einem der nächste Betonklotz auf die Pelle rückt und das letzte Stückchen Grün zubetoniert wird. Doch Leonbergs Baubürgermeister Klaus Brenner bricht eine Lanze für die Nachverdichtung: „Es ist immer auch eine Chance, die Stadt gestalterisch und atmosphärisch aufzuwerten“, sagt er.

 

Und er hat auch gleich ein paar positive Beispiele an der Hand: Das neue Parkhaus am Bahnhof, in dem nun 460 statt zuvor 150 Autos Platz finden. Das neue Rathaus, in dem nun 220 statt zuvor 160 Beschäftigte arbeiten. „Für dieses eine Gebäude haben wir drei aufgegeben“, ergänzt er. Auch der Umbau des Hallenbades sei ein positives Beispiel für Nachverdichtung: „Vorher hatten wir eine Sauna, jetzt haben wir drei und ein Schwimmbad“, sagt Brenner.

Platz für einen neuen Bäcker

Der Baubürgermeister weist jedoch darauf hin, dass Leonberg nicht über sogenannte Konversionsflächen wie ehemalige Militärgelände verfüge, auf denen man im großen Stil nachverdichten könne. Einzige Ausnahme sei das ehemalige TSG-Gelände an der Jahnstraße, wo in ein paar Jahren ein neuer Stadteingang entstehen soll. „Das zieht dann die Möglichkeit nach sich, dort einen Bäcker oder Metzger anzusiedeln“, wirbt er. Im Übrigen würde in Leonberg die Nachverdichtung sehr moderat ausfallen: „Wir weisen nur kleinere Gewerbeeinheiten aus oder machen aus einem Einfamilienhaus ein Mehrfamilienhaus“, erläutert Klaus Brenner.

Zudem mache man Nachverdichtung nur dort, wo es sinnvoll ist, sagt Brenner: „Da Freiraum verloren geht, muss im Gegenzug die Qualität der Stadt steigen.“ So habe die Verwaltung beispielsweise davon abgesehen, den Grünbereich in der Tunnelstraße großflächig zuzubauen. „Wir haben dort nur eine Nachverdichtung für den Eigenbedarf zugelassen und Hauseigentümern gestattet, ein Zimmer anzubauen.“ Ansonsten habe man die Grünflächen weitgehend belassen. Auch in den Kirschgärten habe man nur eine lockere Bebauung zugelassen.

Folgen müssen mitbedacht werden

Nachverdichtung ist auch immer eine Chance, in die bestehende Stadtstruktur einzugreifen, sagt Brenner. So entstehe auf dem einstigen Areal der Firma Mörk ein Seniorenzentrum, in dem betreutes Wohnen für ältere Menschen möglich werden soll. „Senioren ziehen gern in nachverdichtete Bereiche, da sie auf eine bestehende Infrastruktur treffen“, erklärt er. Der Bewegungsradius alter Menschen werde mit zunehmendem Alter immer geringer, da sie häufig ihr Auto aufgeben und am Ende nur noch mit dem Rollator unterwegs sein könnten. „Für Senioren ist es immer attraktiv, wenn sie kurze Wege zu interessanten Plätzen haben, wo sie Menschen begegnen oder eine Bank zum Ausruhen finden“, führt Brenner weiter aus.

Der Baubürgermeister weiß aber auch um die Folgewirkungen der Nachverdichtung: Wenn man mehr Wohnraum schaffe und Freizeiteinrichtungen wie Sauna und Hallenbad attraktiver mache, locke man auch mehr Familien mit Kindern und Autos nach Leonberg. „Daher müssen wir dafür sorgen, dass wir entsprechend mehr Kitas und Parkraum schaffen“, stellt Brenner klar. Andererseits habe die Stadt dann auch gute Argumente, um mit dem Verband Region Stuttgart über eine Taktverdichtung der S-Bahnen zu verhandeln. „Dies ist sogar eine Win-win-Situation für beide Seiten, da mehr Einwohner in Leonberg gleichzeitig auch mehr potenzielle Bahnkunden bedeuten.“

Nicht zuletzt müsse man bei der Nachverdichtung auch stets Grünbereiche für das Stadtklima mitbedenken.