Schon im Oktober könnten die ersten Flüchtlinge in Turnhalle des Berufsschulzentrums einziehen. Der Platz wird dringend benötigt, sagt Vize-Landrat Martin Wuttke. Deshalb soll der Umbau schnell beginnen.

Leonberg - Werner Diebold ist ruhig und sachlich. „Es hat mich nicht völlig überrascht“, sagt der Leiter des Beruflichen Schulzentrums (BSZ) in Leonberg. Dass die neuere seiner beiden Turnhallen zu einer Notunterkunft für Flüchtlinge umgebaut wird, ist für ihn naheliegend. Immerhin verfügt der Kreis Böblingen über nicht viele eigene Turnhallen. In Frage kommen da nur die Berufsschulen, die vom Landratsamt betrieben werden. Und Leonberg verfüge eben über gleich zwei Sporthallen.

 

Am Freitag hatte das Landratsamt bekannt gegeben, dass das Berufsschulzentrum Leonberg und die Mildred-Scheel-Schule in Sindelfingen die beiden Standorte für die Asylbewerber-Notunterkünfte sind. Zuvor hatte man alle sieben noch übrigen Hallen begutachtet. Die Turnhalle der Gottlieb-Daimler-Schule 2 in Sindelfingen ist bereits umgebaut und soll in diesem Monat auch bezogen werden (wir berichteten).

„Wir brauchen dringend weitere Unterkünfte zum nächsten Monat“, sagt Martin Wuttke, der Erste Landesbeamte und Stellvertreter des Landrats. „Die Belegung von Sporthallen ist nicht das Mittel der ersten Wahl, aber wir kommen derzeit nicht drum herum“, fährt er fort. Die Zahl der zugewiesenen Flüchtlinge nehme stetig zu, im August seien es 349. Mit der Einrichtung weiterer Sammelunterkünfte des Kreises komme man kaum hinterher, zumal es auch nicht genügend Angebote für Flächen oder Immobilien seitens der Kommunen gebe. Schon im Oktober sei man deshalb auf die Notunterkunft am BSZ angewiesen.

Schulleiter Werner Diebold berichtet, dass die Planer des Landratsamtes gestern erneut vor Ort waren. Besonders der Aspekt Brandschutz wurde diskutiert. Notwendig sind wohl nur kleinere Umbauarbeiten, etwa eine zusätzliche Treppe ins Freie. Laut dem Landratsamt Böblingen wird die Unterkunft bei der Eröffnung einen eigenen Heimleiter sowie einen Sozialbetreuer erhalten.

Sie sollen sich nicht nur um die bis zu 110 Flüchtlinge, sondern auch um das Verhältnis zur Schule kümmern. Für die Verpflegung sind Küchencontainer denkbar, aber auch ein Catering wie bei der Schulspeisung.

Der Kreis erhöht den Druck auf die Kommunen

Neben dem Sportunterricht sind auch Vereine, die Polizei und verschiedene Firmen davon betroffen, die Halle nicht mehr nutzen zu können. „Wir werden versuchen, das meiste umzuorganisieren“, sagt der Schulleiter, der keinesfalls möchte, dass Schüler gegen Flüchtlinge ausgespielt werden. Bislang habe es keine Probleme mit den Asylbewerbern der benachbarten Unterkunft gegeben. Diese verhielten sich bislang ruhig, man versuche, eine gute Nachbarschaft zu pflegen.

In Leonberg ist die Entscheidung kritisch aufgenommen worden. Der Oberbürgermeister Bernhard Schuler hat bemängelt, er sehe keinen Beleg, dass wirklich alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft worden seien. Zudem gebe es auf dem kreiseigenen Gelände am Krankenhaus und Berufsschulzentrum bereits eine Sammelunterkunft für 145 Menschen, und in der Gartenstadt befinden sich weitere städtische Unterkünfte für Flüchtlinge.

Das Argument der Konzentration will Wuttke nicht gelten lassen. Immerhin sind sich Kreis, Stadt und Gemeinderat einig geworden, dass das Landratsamt eine weitere Sammelunterkunft auf dem Krankenhaus-Gelände errichten kann. Diese soll nächstes Jahr fertiggestellt sein. Ob die Turnhalle am BSZ solange genutzt werden muss, ist offen.

„Die Glaskugel gehört leider nicht zur Amtsausstattung. Aber wir versuchen, die Turnhallen so schnell wie möglich wieder frei zu bekommen“, erklärt Martin Wuttke. Dabei sei man auf die Hilfe der Kommunen angewiesen. So hat der Kreis 150 Wohncontainer bestellt, für die derzeit noch ein passender Standort gesucht wird. Dabei seien auch die kleineren Gemeinden gefragt.

Der Landkreis erhöht den Druck auf die Kommunen. „Wir müssen die Flüchtlinge unterbringen. Deshalb werden wir uns auch die anderen Turnhallen ansehen müssen“, sagt der Vize-Landrat. Er geht sogar noch weiter: „Zeltstädte sind zwar momentan nicht angedacht. Aber ich kann dies nicht für die Ewigkeit ausschließen.“

Asylbewerber im Landkreis Böblingen

Neun Kommunen
21 Unterkünfte gibt es derzeit in Leonberg (204 Plätze), Renningen (153), Sindelfingen (343), Böblingen (230), Herrenberg (216), Gäufelden (97), Holzgerlingen (57), Bondorf (48) und Aidlingen (40). Das sind insgesamt 1388 Plätze. Dazu kommen weitere Flüchtlinge, die privat untergebracht sind.

Turnhallen
Die Sporthalle der Gottlieb-Daimler-Schule 2 ist bereits umgebaut und soll noch in diesem Monat belegt werden. Dort gibt es noch einmal 100 Plätze.

Prognosen
Belegt sind derzeit 1245 Plätze in kreiseigenen Gemeinschaftsunterkünften. Für August sind 349 weitere Asylbewerber angekündigt. Erst jüngst war die erwartete Zuteilung von rund 150 auf 250 Menschen pro Monat erhöht worden.