Die alten Holzschutzmittel im Dach des Erweiterungsbaus der Grundschule erzeugen einen schimmelig-muffigen Geruch, Schüler klagen über Kopfweh. Die Hortkinder und Schüler müssen am Montag ins Hauptgebäude ausweichen. Die Stadt will einen Neubau.

Leonberg - „Wegen hoher Schadstoffbelastung bleibt der Erweiterungsbau der Höfinger Grundschule geschlossen.“ Das hat der Leonberger Erste Bürgermeister Ulrich Vonderheid am Dienstag bekannt gegeben. Das Gebäude könnte sogar ganz abgerissen werden. Schon seit vielen Jahren klagen Schüler und Eltern über den Gestank, die Kinder kamen oft mit Kopfweh nach Hause. Bislang hat die Stadtverwaltung immer abgewiegelt, es gebe keine Gefahr.

 

Eine Raumluft-Messung am 2. August hat nun aber ergeben, dass nach dem Öffnen der Decke der Grenzwert für Pentachlorphenol (PCP) um das 8,5-fache und der Wert für Lindan sogar um das 21-fache überschritten wird. Beides sind bis in die 80er Jahre verwendete Holzschutzmittel, die auch in der Dachkonstruktion des 1979 errichteten Erweiterungsbaus der Höfinger Schule eingesetzt wurden.

Zwar betont der Renninger Gutachter Konrad Zieglowski: „Der schimmelig-muffige Geruch ist nicht gesundheitsgefährlich.“ Der Gefahrenstoff-Sachkundige hat mit dem Kreisgesundheitsamt die Messungen getätigt. Beim Zerfall würden Chloranisole entstehen. Das sind Verbindungen, die bisher hauptsächlich bekannt sind, weil sie den Korkton im Wein verursachen. In der Luft riechen sie muffig. Allerdings räumt er ein: „Dieser Geruch wird von Menschen unterschiedlich wahrgenommen. Er wird von manchen als penetrante Belastung empfunden und kann auch Unwohlsein auslösen.“

Die Holzschutzmittel selbst habe die vollkommen dichte Decke dort gehalten, wo sie hin gehören, nämlich auf der Dachkonstruktion. „Eine Kontamination in den Räumen gibt es nicht“, so Zieglowski. Lediglich der Geruch dringe durch. Untersucht wurde das Gebälk ebenso auf Schimmel, der gefunden wurde.

„Auf dringendes Anraten der Experten wie auch des Kreisgesundheitsamts müssen wir den Erweiterungsbau in der Höfinger Schule sofort außer Betrieb stellen“, sagte gestern der Erste Bürgermeister Ulrich Vonderheid. Das heißt: zum Schuljahresbeginn stehen die Räumlichkeiten nicht mehr zur Verfügung.

Die Kritiker sehen sich bestätigt. „Der Ball wurde von der Stadtverwaltung immer flach gehalten“, bemängelt der Höfinger Gabl-Ortschaftsrat Eberhard Grözinger. Er hat dies immer wieder zur Sprache gebracht. „Seit meine Tochter eingeschult wurde, habe ich diesen Geruch wahrgenommen. Wenn ich selbst in der Schule zu tun hatte, ist er mit auch aufgefallen“, sagt Grözinger. Deshalb habe er ständig nachgefragt und „genervt“, aber das sei sein Job als Ortschaftsrat.

„So richtig ernst genommen wurde die Problematik nicht. Ich wurde wohl eher belächelt“, sagt der Vater der jetzigen Viertklässlerin. „Aber Fakt bleibt Fakt, und Lindan bleibt Lindan. Meine Tochter, viele andere Schüler, Lehrer, der Gesangverein, Besucher von Veranstaltungen, Eltern auf Klassenfesten und auch ich selbst waren dem Gift seit Jahren ausgesetzt“, kritisiert Grözinger.

Wie soll es nun weiter gehen? Die Verwaltung wird im September im Gemeinderat Stellung nehmen. Welche Lösung zum Tragen kommt, werden der Ortschafts- und der Gemeinderat dann im Oktober entscheiden. Der Gutachter selbst hat mehrere Varianten vorgeschlagen. Eine davon wäre, den Schimmelpilz in den Deckenhohlräumen zu sanieren, die so genannte „Dampfsperre“ wieder herzustellen und die abgehängten Decken nach der PCP-Dekontamination wieder anzumontieren. „Eine Gesundheitsgefährdung ist dann auszuschließen, der Geruch wird jedoch bleiben“, sagt er.

Das Gesundheitsamt hält das nicht für ausreichend. Es fürchtet, dass die Grenzwerte nicht eingehalten werden. Es könnte also doch zu gesundheitsschädlichen Belastungen kommen. „Da keine Nachhaltigkeit garantiert werden kann, wollen wir die Kinder nicht einer Gefahr aussetzen“, sagt daher auch der Baubürgermeister Klaus Brenner.

Eine andere Variante sieht vor, dass der Erweiterungsbau nicht wieder in Betrieb genommen und komplett saniert wird. „Das bedeutet, dass das gesamte Dach entfernt werden muss“, erläuterte Ulrich Vonderheid. Ein Dach, das übrigens erst vor zwei Jahren modernisiert worden ist, weil es undicht war und bei jedem größeren Regenschauer Wasser in die Räume eindrang.

Sowohl das Ingenieurbüro von Zieglowski als auch das Böblinger Kreisgesundheitsamt empfehlen dennoch, das Dach rundum zu erneuern.

Der Erste Bürgermeister Vonderheid spricht auch davon, das Gebäude ganz abzureißen. „Auf Grund unserer Erkenntnisse gehen wir davon aus, dass vermutlich ein Abbruch und ein Neubau die wirtschaftlichste Lösung darstellen“, sagt er. Es müsse ja nicht ein Haus gleicher Größe sein, sondern eines mit einer geringeren Raumfläche, das aber den Anforderungen an eine Ganztagsschule gerecht wird. Das letzte Wort hat der Gemeinderat.