Neue Wohngebiete und mehr Gewerbe bringen noch mehr Fahrzeuge – bis zum Infarkt.

Leonberg - Die Stadt soll endlich sagen, wie sie diesem Problem aktiv entgegen- steuern will!“ In ihrer letzten Sitzung als Mitglied des Planungsausschusses ist Gabriele Ludmann sichtlich der Kragen geplatzt. Was die scheidende CDU-Gemeinderätin so erzürnte, ist das Ergebnis einer Machbarkeitsstudie für die Sonnenkreuzung in Leonberg.

 

Das Planungsbüro Richter-Richard hat für den meistbefahrenen Knotenpunkt der Stadt errechnet, dass bereits 2025 der endgültige Verkehrskollaps droht. Schon jetzt sei die Leistungsfähigkeit der Kreuzung von Graben-, Stuttgarter, Feuerbacher und Graf-Ulrich-Straße nicht mehr gegeben, es bestehe dringender Handlungsbedarf. Eine aktuelle Verkehrszählung im November ergab 27 800 Fahrzeuge pro Tag. In der Spitzenzeit zwischen 16.30 und 17.30 Uhr passierten allein 2150 Fahrzeuge die Kreuzung. Bis zum Jahr 2025 wird der Verkehr um etwa sechs Prozent zunehmen, lautet die Prognose. Das wären dann 29 500 Fahrzeuge innerhalb von 24 Stunden.

Warum eine Studie

Die Machbarkeitsstudie verfolgte zweierlei Ziele. Zum einen sollte ermittelt werden, ob ein Kreisverkehr eine Lösung bietet. Denn – dies ist der zweite Grund – die Kreissparkasse Böblingen plant, ihre Direktion Leonberg komplett neu zu gestalten. Auf dem Gelände am Eck Graben- und Stuttgarter Straße soll ein Komplex mit vielen Wohnungen sowie Geschäftsräumen für die Sparkasse entstehen. Das Unternehmen will dazu mehrere Architekten beauftragen und daraus den besten Entwurf küren. Die Stadt Leonberg wollte deshalb ermitteln lassen, ob dadurch auch genügend Platz für einen Kreisel frei werden könnte. Und das in die Ausschreibung des Wettbewerbs mit einfließen lassen.

Eine runde Sache?

Um es gleich zu sagen: Ein Kreisverkehr ist keine Lösung, gleich aus mehreren Gründen. Der Wichtigste: „Auch ein Kreisverkehr wäre bei dieser Menge an Fahrzeugen nicht leistungsfähig genug“, erläutert Jochen Richard vom Büro Richter-Richard. Dazu käme der massive Flächenverbrauch bei einem Durchmesser von 30 Metern. Der Platz für Fuß- und Radwege ist da noch gar nicht eingerechnet. Auch für die Fußgänger und Radler birgt der Kreisel erhebliche Risiken. „Städtebaulich ist es erstens nicht schön. Zudem liegt die Kreuzung auf einer Kuppe. Das heißt zum einen, das Anfahren dauert länger, zum anderen ist es schwerer zu erkennen, ob ein Fahrzeug kommt“, erklärt Richard. Die einzige Empfehlung, die der Verkehrsplaner gibt, ist, den Kreuzungsbereich in der Stuttgarter Straße um fünf Meter nach Süden zu verschieben. Dadurch werde das Abbiegen in die Feuerbacher Straße erheblich erleichtert.

Problemfall Gasthaus Sonne

Das wird an dieser Ecke durch das denkmalgeschützte Gasthaus Sonne erschwert. Baubürgermeister Klaus Brenner bestätigte zwar, dass die Stadt weiterhin mit dem Eigentümer über einen Kauf verhandele. Eine schnelle Einigung sei aber nicht in Sicht. Wolfgang Schaal (Freie Wähler) forderte mit Nachdruck weitere Verhandlungen und einen anschließenden Abriss des Fachwerkhauses. Nach Auskunft von Norbert Geissel, des Leiters des Planungsamtes, steht nur der Aufgang zum Gasthaus unter Denkmalschutz. „Dann muss man das abbauen und woanders wieder aufbauen“, forderte Schaal. „Da können wir erst drüber reden, wenn wir uns mit dem Eigentümer einig sind über einen Kauf“, entgegnete der Baubürgermeister Brenner.

Wie geht es weiter?

Die Verschiebung des Kreuzungsbereichs in der Stuttgarter Straße um fünf Meter nach Süden wird in den Architektenwettbewerb der Kreissparkasse einfließen. Parallel soll der Bebauungsplan entsprechend geändert werden. Ob die Kreuzung aber tatsächlich umgebaut wird, ist damit nicht beschlossen. „Es macht erst Sinn, das zu planen, wenn die Pförtnerung eingeführt ist und deren Auswirkungen abschätzbar sind“, empfiehlt der Verkehrsplaner Richard. Gemeint sind damit sogenannte Pförtnerampeln vor den Ortseingängen, die nur so viele Fahrzeuge in die Stadt lassen, wie die Straßen tatsächlich bewältigen können.

Dies geht auf einen Vorschlag der SPD zurück, eine konkrete Planung dazu wurde bislang von Seiten der Stadt noch nicht vorgelegt. „So eine Ampel haben wir seit 20 Jahren am Ortseingang in der Feuerbacher Straße. Wir sehen ja, wie gut das funktioniert“, merkte Gabriele Ludmann sarkastisch an.

Es besteht Handlungsdruck

„Es muss dringend was getan werden. Und es braucht eine Gesamtkonzeption“, sagte die CDU-Rätin. Denn mit dem TSG-Areal, dem Unteren Schützenrain und dem Sparkassen-Vorhaben werde es in den nächsten drei bis fünf Jahren unzählige neue Wohnungen in dem Gebiet geben und damit mehr Verkehr. „Wir müssen jetzt was tun. Wir alle wissen doch, wie lange es dauert, bis so eine Planung durch ist. Dann ist es schon 2025 und alles kollabiert“, zeichnete sie ein Horrorszenario. Ihr Antrag, dass die Stadt einen Plan gegen den Verkehrskollaps der Sonnenkreuzung vorlegt, wurde bei zwei Nein- stimmen der Grünen und Enthaltung von SPD und FDP angenommen. Der Antrag von Wolfgang Schaal für „Verhandlungen mit Nachdruck“ zum Kauf des Gasthauses Sonne ging bei drei Enthaltungen (SPD/FDP) durch.