51-Jährige widerspricht der Version ihres früheren Mannes und wirft ihm übermäßigen Alkoholkonsum vor.

Leonberg/Stuttgart - Im Prozess gegen einen früher in Leonberg lebenden Mann, der sich am Stuttgarter Landgericht wegen sexuellen Missbrauchs an seiner Tochter verantworten muss, bestritt die Ex-Frau die von dem 52-Jährigen vermutete Intrige. „Ich habe keine Bemühungen unternommen, um meine Tochter zu einer Anzeige zu bewegen. Ich bin keine rachsüchtige Ex“, betonte die 51-Jährige am zweiten Verhandlungstag – trotz einer Vergewaltigung, die der Ex-Mann an ihr begangen hatte.

 

Die Frau widersprach auch den Ausführungen des Angeklagten. Anders als von dem 52-Jährigen behauptet, sei dieser seiner damals vierjährigen Tochter durchaus beim Duschen behilflich gewesen, sagte sie. Auch zeichnete die Frau ein gänzlich anderes Bild in Sachen Alkoholkonsum des Mannes. „Er ließ sich trotz seiner Diabetes-Erkrankung nicht einschränken und hat übermäßig viel Alkohol getrunken – harte Sachen, auch Alcopops“, erzählte sie. In diesem Zusammenhang konnte sie sich auch an einen ganz speziellen Vorfall erinnern, als sie von einem Auslandsaufenthalt zurückkam.

Harte Sachen und Alcopops

„Ich hatte jede Menge leere Alcopops-Flaschen vorgefunden und auch Erbrochenes in der Toilette“, erzählte sie. Später stellte sich heraus: Der Angeklagte hatte es zugelassen, dass seine Tochter Alkohol trank. „Mein Ex-Mann sagte mir, dass sie diese Erfahrung nicht außerhalb eines geschützten Raumes machen sollte“, berichtete die 51-Jährige vor Gericht.

Von den Missbrauchsvorwürfen hatte sie ihrer Aussage zufolge erstmals im Jahr 2006 gehört. „Meine Tochter kam zu mir und wollte, dass er damit aufhört“, erzählte sie. Als sie ihren damaligen Mann damit konfrontiert habe, habe dieser zwar abgestritten, sie unsittlich im Intimbereich berührt zu haben. „Doch er hatte zugegeben, dass er ihr unter dem Pullover an die Brust gefasst hatte“, berichtete die Frau. „Ich war geschockt und konnte es nicht glauben.“ In der Folge habe der Mann übers Internet einen Anwalt konsultiert, um sich über die drohenden rechtlichen Konsequenzen zu informieren.

Nach der Aussprache habe die Frau auf Anraten von Pro Familia zunächst einmal keine weiteren Schritte unternommen – zumal die Tochter damals abgeblockt hatte.

Erst im Rahmen einer psychotherapeutischen Behandlung hatte sich die damals 23-Jährige dazu durchgerungen, juristisch gegen ihren Vater vorzugehen, um damit auch einen Schlussstrich unter die Sache ziehen zu können.

Übergriffe unter der Dusche?

Den zwischenzeitlichen Einzug bei ihrem Vater führte die 51-Jährige auf „reine Bequemlichkeit“ zurück. Während sie nämlich darauf bestanden habe, dass ihre Tochter die angefangene Ausbildung zu Ende macht, habe dieser gewollt, dass sie studiert. „Mit dem Einzug und dem Abbruch der Ausbildung rannte sie bei ihm quasi offene Türen ein“, sagte sie. Verwundert zeigte sich der Richter über die Tatsache, dass die 51-Jährige, die nochmals heiratete, trotz der im Raum stehenden Vorwürfe das gemeinsame Umgangsrecht mit dem jüngsten der drei gemeinsamen Kinder zunächst eingehalten hatte. „Ich hatte doch keine rechtliche Handhabe, ihm das Kind zu entziehen“, erklärte die Frau. Erst mit der Strafanzeige wurde das Umgangsrecht eingeschränkt, so dass der Angeklagte die elfjährige Tochter nur noch unter Aufsicht sehen darf.

Der Mann muss sich vor der 16. Großen Strafkammer des Landgerichts verantworten, weil er seine Tochter über mehrere Jahre sexuell missbraucht haben soll, darunter auch in Leonberg, wo die Familie anfangs lebte. Dabei soll es mehrmals zu Übergriffen unter der Dusche gekommen sein. Später soll der Angeklagte sie auch betrunken gemacht haben, bevor er sich an ihr vergangen haben soll. Der Sinsheimer streitet die Vorwürfe bislang ab. Der Prozess wird fortgesetzt.