Marten Wilhelm vom THW-Ortsverband Leonberg kämpft in Bosnien gegen die Folgen des Hochwassers.

Leonberg - „Vielen Dank für eure Hilfe!“ – diese fünf an die Fassade eines zuvor überfluteten Hauses aufgemalten Wörter hätten ihn in seiner Entscheidung, nach Bosnien und Herzegowina zu reisen, bestärkt, erzählt Marten Wilhelm. Der 38-Jährige vom Ortsverband Leonberg, der seit dem vergangenen Samstag wieder in Deutschland ist, brach Ende Mai gemeinsam mit 15 weiteren Kameraden des Technischen Hilfswerks (THW) Baden-Württemberg in das von der Jahrhundertflut heimgesuchte Land auf. Das verheerende Hochwasser auf dem Balkan hatte Dutzende Menschen in den Tod gerissen. Zehntausende mussten ihr gesamtes Hab und Gut zurücklassen, um sich vor den herandrängenden Wassermassen der über die Ufer getretenen Flüsse in Sicherheit zu bringen.

 

Gemisch aus Öl, Fäkalien, Kadavern

Auch das Dorf Domaljevac am Fluss Save nahe der Stadt Orasje im Norden das Landes wurde nach den tagelangen Regenfällen komplett überflutet. Hier kam Marten Wilhelm gemeinsam mit rund 70 Kameraden aus ganz Deutschland und Helfern internationaler Organisationen zum Einsatz. An zehn Tagen waren die Hilfskräfte, die in einem Fußballstadion untergebracht waren, nahezu pausenlos auf den Beinen. „Die Häuser standen bis zu zwei Metern in einem Gemisch aus Heizöl, Fäkalien und Tierkadavern, es roch wie in einer Kläranlage“, berichtet Wilhelm, der vielen verzweifelten Menschen begegnete. „Besonders hart traf das Hochwasser die Älteren, erst der Krieg und jetzt auch noch das, klagten die Menschen.“

Das THW war im Rahmen des Katastrophenschutzprogramms der Europäischen Union mit einem HCP-Modul (High Capacity Pumping) angerückt. Mit der aus drei Großpumpen bestehenden Vorrichtung, die es ermöglichte, minütlich bis zu 25 000 Liter abzusaugen und damit ganze Landflächen trocken zu legen, konnten am Ende des mehrwöchigen Einsatzes mehrere Hundert Millionen Liter Schmutzwasser aus dem überschwemmten Gebiet gepumpt werden.

„Das Equipment war zu groß, um einzelne Keller auszupumpen, daher war unser primäres Ziel, dafür zu sorgen, dass die Bewohner wieder in ihre Häuser zurück können, um dann selbst die betroffenen Räume wieder auf Vordermann zu bringen“, erklärt der Ingenieur für Elektrotechnik, der bei seinem Auslandseinsatz eine Doppelfunktion inne hatte. „Neben der Arbeit an der Pumpe fungierte ich auch als Elektrofachkraft, um mögliche Schäden am eigenen Material zu beheben oder eine Gefährdung durch elektrischen Strom zu beurteilen“, erzählt Marten Wilhelm.

Den Einsatzkräften des THW machten aber nicht nur die Wassermassen zu schaffen. Eine weitere Gefahr ging von aufgeschwemmten Landminen aus den Kriegen in den 90er-Jahren aus. „Dazu haben wir uns im Vorfeld einem ‚Mine Awareness Training’ des österreichischen Bundesheeres unterzogen“, berichtet der 38-Jährige. „In der Folge hatten wir es gemieden, durch Gebüsch oder hohes Gras zu laufen, und wir nahmen möglichst immer den gleichen Weg hin und zurück.“ Die durch hochgehende Minen drohende Gefahr habe er zwar stets im Hinterkopf gehabt, doch verrückt habe er sich nicht machen wollen, so Wilhelm, der einen einzigen ernst zunehmenden Zwischenfall benennt. „Ein THW-Team hatte Alarm ausgelöst, weil es auf einen verdächtigen Gegenstand gestoßen war. Doch am Ende entpuppte sich dieser glücklicherweise nur als eine Schuhcremedose.“

Innerliche Verpflichtung

Auch wenn Marten Wilhelm, der seit seinem 15. Lebensjahr im Dienste des Technischen Hilfswerks steht, in Bosnien und Herzegowina an seine Grenzen gehen musste: Die 16-stündige Busreise, da ist sich der Leonberger sicher, werde nicht sein letzter Auslandseinsatz bleiben. „Die einen spenden Geld, doch wenn ich die Menschen in ihrer Not sehe, dann ist es eine innerliche Verpflichtung für mich, den Opfern vor Ort zu helfen“, erklärt der Leonberger, der auch schon nach dem Orkan Lothar Ende der Neunziger in Frankreich die Ärmel hochgekrempelt hatte.