Auf das Opfer ist ein „wahres Trommelfeuer“ eingeprasselt. Gericht verdonnert ihn zu einer saftigen Geldstrafe.

Leonberg - Er hat die ganze Wut, die er auf seinen Sohn hatte, an mir rausgelassen!“, sagte der 26-Jährige in der Verhandlung am Leonberger Amtsgericht über die Tracht Prügel, die ihn ins Krankenhaus gebracht hatte. Dort stellten die Ärzte neben eines Nasenbeinbruchs auch einen Trommelfellschaden bei ihm fest. Erst nach drei Wochen war der junge Mann wieder in der Lage, zu arbeiten. Dafür wurde ein Familienvater aus Rutesheim nun wegen Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 35 Euro verurteilt.

 

Offenbar war dem Angeklagten der Drogenkonsum seines Sohnes mit dem älteren Nachbar ein Dorn im Auge. Wie der Geschädigte erklärte, hatten die beiden früher den ein oder anderen Joint zusammen geraucht. Dann eines Nachts im Oktober vor einem Jahr lauerte der Angeklagte ihnen in der Tiefgarage auf. Nachdem sich sein Sohn aus dem Staub gemacht hatte, knöpfte er sich dessen Kumpel vor. „Plötzlich haute er mir mit der Faust gegen die Nase“, erzählte der angehende Einzelhandelskaufmann. Als der 44-Jährige daraufhin in der Tasche seines Sohnes diverse „Kiffer-Utensilien“ gefunden habe, sei er komplett ausgerastet.

Die Ehefrau greift rechtzeitig ein

Laut dem 26-Jährigen schlug dieser immer wieder mit der Faust und der flachen Hand auf ihn ein, dann trat er auch noch nach ihm, als dieser auf dem Boden lag. Erst nachdem die Ehefrau des Mannes in der Tiefgarage aufgetaucht sei, habe er von ihm abgelassen. Am Ende habe der Rutesheimer noch an der Haustür des Angeklagten geklingelt, um diesen zur Rede zu stellen. „Da meinte er nur: ‚Du kannst von Glück reden, dass nicht noch mehr passiert ist’“, berichtete der Mann, der zuerst ins Leonberger Krankenhaus kam. Schließlich wurde er im Stuttgarter Marienhospital operiert. Zum Schluss erzählte er auch noch, dass ihm Geld angeboten worden sei, damit er die Strafanzeige zurückziehe.

Davon wollte der Angeklagte nichts wissen, und er stritt auch alles weitere in der Verhandlung ab. „Ich war doch gar nicht zu Hause, sondern arbeiten“, erklärte der Taxifahrer, der abends zu seiner Spätschicht aufgebrochen sein wollte. Er könne es nicht verstehen, warum ihn der 26-Jährige beschuldige. „Wir haben bis heute ein gutes Verhältnis zu seinen Eltern“, versicherte der 44-Jährige, der seine Familie in den Zeugenstand berief. Sein Sohn machte zwar Gebrauch vom Zeugnisverweigerungsrecht, aber seine Ehefrau und die Tochter äußerten sich zu der Sache.

Doch anders, als von ihm erhofft, ließen ihre Aussagen das Gericht an seiner Glaubwürdigkeit zweifeln. Die beiden versicherten, dass niemand in der Nacht an der Tür geklingelt habe. Das widerlegte aber ein Nachbar, der über den Türspion mitbekam, wie sich der 26-Jährige mit jemandem an der Tür unterhalten hatte.

Wann hat er gearbeitet?

Dann sagte auch noch die Ex-Freundin des jungen Mannes aus, dass der Sohn des Angeklagten ihr von der Prügelattacke seines Vaters erzählt habe. Der Chef des Taxifahrers versicherte zwar, dass der 44-Jährige in der Arbeit gewesen sein muss, doch ob es sich tatsächlich um die besagte Nacht gehandelt hatte, dessen war er sich nicht ganz sicher. Und detaillierte Unterlagen mit den Fahrten gab es dem Leonberger zufolge nicht.

Anders als das Lager des Familienvaters, habe der Geschädigte einen glaubwürdigen Eindruck auf die Amtsrichterin Sandra De Falco gemacht. „Ich sehe keine Motivation, warum er den Angeklagten grundlos beschuldigen sollte“, sagte sie und sprach von einem „wahren Trommelfeuer“, das auf das Opfer eingeprasselt war. Für sie waren nicht nur die körperlichen Verletzungen entscheidend für die Geldstrafe gegen den Mann, der bis dato strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten war. „Es gibt noch die psychischen Langzeitfolgen“, monierte die Richterin, die mit ihrem Urteil unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft von 180 Tagessätzen zu je 40 Euro geblieben war.

Denn der 26-Jährige hatte in der Verhandlung ausgesagt, dass er noch bis heute an den Nachwirkungen leidet. „Jedes Mal, wenn ich den Angeklagten sehe, kommen die ganzen Erinnerungen hoch“, erzählte der Rutesheimer vor Gericht. Am liebsten würde er psychologische Hilfe in Anspruch nehmen, um mit dem Vorfall abzuschließen. „Das kann ich mir aber nicht leisten“, erklärte der Mann und gestand: „Die ganze Sache ist nicht leicht für mich!“