Eine Männerstripshow lässt rund 700 Frauen kreischen.

Leonberg - Stellen Sie sich einmal vor, 700 Männer, vom Abiturienten bis zum Frührentner, versammeln sich in einer Halle, um knapp zweieinhalb Stunden euphorisch zu verfolgen, wie zehn Damen in wechselnden Kombinationen tanzen, sich die Kleider vom Leib reißen und sich von diversen Zuschauern anfassen lassen. Wie sexistisch, wie herabwürdigend, würden da wohl einige sagen. Nun ja, im Kleinen, also in diversen Striplokalen und Table-Dance-Bars, ist das seit vielen Jahrzehnten banale Normalität, da versammeln sich die Herren nicht nur zum Junggesellenabschied.

 

Junge, zieh’ meine Hose aus!

Für Frauen dagegen herrschte auf diesem Gebiet lange Zeit Ebbe. Zwar gründeten sich 1979 die legendären „Chippendales“, die auch in den 90er Jahren ihren Siegeszug durch die großen und kleinen Hallen der Republik antraten. Doch damit hatte es sich dann auch – bis „Magic Mike“ 2012 mit seiner Stripper-Truppe die Kinoleinwand eroberte. Und damit auch den Weg ebnete für die vor drei Jahren in Deutschland gegründeten „Mantastic Sixxpaxx“, die am Sonntagabend die Frauen in der Leonberger Stadthalle zum Kreischen, Jubeln und Tanzen brachten. „Applaudieren könnt ihr, wenn die Chippendales auf der Bühne stehen, aber nicht bei uns“, machte Moderator David Farell gleich zu Beginn eine klare Ansage und ließ eine Zuschauerin auch gleich ausprobieren, dass und wo er und seine Mitstreiter angefasst werden dürfen. „Immer, wenn ihr denkt: Junge, zieh’ die Hose aus, dann kreischt ihr. Und wenn ihr denkt: Junge, zieh’ meine Hose aus, dann geht ihr total ab!“ Die Frauen im fast ausverkauften Saal antworteten mit lautstarkem Jubel. „Zieh dich aus!“, brüllte eine der Damen dazwischen.

Frauen aller Altersklassen sind in die Stadthalle gekommen, meist in Grüppchen, mindestens jedoch zu zweit. Bei der einen oder anderen musste vor der Veranstaltung ein Prosecco oder – ganz schwäbisch – eine Weinschorle für Auflockerung sorgen. Andere dagegen, etwa bei zwei Junggesellinnen-Abschieden, waren von Beginn an aufgedreht. Ein Veranstalter, der eine Art Tupper-Partys für Sexspielzeug anbietet, hatte im Foyer einen Stand samt kleinem Sortiment aufgebaut.

Für Frauen zählt mehr als nur die Optik

Die namensgebenden Waschbrettbäuche gehören bei der Strip-Vorstellung der Sixxpaxx ebenso dazu wie zuckende Brustmuskeln, angespannte Bizepse und Knackpopos – auch wenn sich die wartende Damenschaft bis zum vierten Lied und Tanz gedulden musste, bis endlich die Hosen fielen. Für das Rundum-Wohlfühlprogramm ist bei Frauen – anders als bei vielen Männern – aber mehr als nur die Optik wichtig. Und so fahren die Sixxpaxx noch mehr auf: charmante Moderationen, eine Ballade für eine von der Liebe enttäuschte Zuschauerin, Handküsse, eine Elvis-Einlage und jede Menge eingängige Musik zum Mitsingen und Mittanzen, von den Backstreet Boys über Heinz Rudolf Kunze bis zu „Dirty Dancing“.

Zehn Männer, zehn Träume – so lautet das Motto der Show. Während die einen ohne Scheu ran an den Mann gingen, wussten die anderen nicht, wohin mit ihren Händen, sobald einer der Tänzer auf sie zukam. Der Mann war nicht nur Objekt der Begierde, zum Anschauen, zum Bejubeln, manchmal auch zum Anfassen. In der Show-Inszenierung blieb er zumeist der Agierende. Nicht immer waren die Tanzeinlagen auf der Bühne lasziv und sexy. Und so manche, mit Zuschauerinnen auf der Bühne vollbrachte Trockenübung ließ eher blaue Flecken als feuchte Träume erwarten.

Ein Schuss Selbstironie

Eine wichtige Zutat im Programm ist aber eben auch eine gehörige Portion Selbstironie. Sei es bei einer Einlage, in der ein Fred Astaire vom Joker vertrieben und dieser schließlich von Superman besiegt wird. Oder bei den immer wieder eingestreuten Referenzen an das Vorbild „Magic Mike“. „Wer wollte so was schon immer mal live sehen?“, fragte Moderator Farell und der ganze Saal tobte. „Heute Nacht werdet ihr ganz bestimmt nicht von eurem Mann träumen“, versprach er noch. Die glücklichen Gesichter werden ihm wohl Recht gegeben haben. Für viele blieb der Abend ein ausgelassener, aber keineswegs enthemmter Ausflug aus der Realität in die Fantasie. Wer hat schon daheim einen Waschbrettbauch? Da hilft bis zum nächsten Jahr wohl nur die „Magic Mike“-DVD.