Während der Fastenzeit gibt es im Altkreis unterschiedliche Möglichkeiten, diese Tradition zu pflegen. Im Vordergrund steht die Besinnung.

Leonberg/Weil der Stadt - Am Aschermittwoch hat die Fastenzeit begonnen. Dieser Startschuss für Abstinenz und Verzicht hat über die Jahrhunderte einige bunte Blüten hervorgebracht. Not macht eben erfinderisch. So wäre ohne Fastenzeit das vorangehende närrische Treiben nicht denkbar. Metzger mussten ab Aschermittwoch ihre Türen schließen. Daher wedeln manche Narren mit Würsten und schleudern die Schweinsblase.

 

In den Klöstern wurde der Essensverzicht noch weitergetrieben. Kein Essen, Trinken aber schon. Wen wundert es da, dass die klösterliche Braukunst so schmackhafte kalorienreiche Biere hervorgebracht hat?

Und auch die schwäbische Maultaschen haben laut Volksmund ihren Ursprung im Maulbronner Kloster. Der Herrgott wird doch nicht in die Teigtasche hineinsehen können. Daher der Name „Herrgottsbscheißerle“.

Dass die Fastenzeit nicht nur mit Nahrungsaufnahme zu tun hat, zeigt die evangelische Kirche in Eltingen. „An unseren Abendgebeten widmen wir uns dem Kalender „Sieben Wochen Ohne“. Dieses Jahr heißt das Thema „Sieben Wochen ohne Sofort“. „Da geht’s um Entschleunigung“, erklärt Otto Klein, der zusammen mit anderen Ehrenamtlichen die Abendgebete jeden Mittwoch um 19 Uhr in der Michaelskirche vorbereitet. Zu sieben Wochenthemen laden sie ein, über den eigenen Umgang mit Zeit und Hektik nachzudenken.

Impulstext mit Papst-Zitaten

Auch zum Nachsinnen sind die sogenannten „frAnzstöße“ der katholischen Erwachsenenbildung Böblingen. Es handelt sich dabei um einen Impulstext mit Zitaten von Papst Franziskus, der per E-Mail versandt wird.

Ähnlich aufgebaut sind die Fastenbriefe der evangelischen Erwachsenenbildung, auch ein Angebot zur Fastenzeit per E-Mail. Statt der höchsten katholischen Geistlichkeit schreiben hier andere. „Wir wollten unterschiedliche Autoren in einer bunten Breite“, erklärt Andrea Tanneberger von der Geschäftsstelle. Darunter sind unter anderem Matthias Krack und Elisabeth Nitschke von der Leonberger Pfarrerschaft, aber auch Anastasios Leontopoulos vom Jugendwerk und Gisela Schnäbele. Die Briefe haben das Thema „Fasten: Ausbrechen in die Freiheit“ und wollen den Blick dafür schärfen, dass hinter dem Verzichten das Entdecken der eigenen Freiheit steht.

Fastensuppe und Bibel im Pfarrhaus

Für den fastenden Magen wird dann aber doch noch gesorgt: Am kommenden Dienstag lädt die evangelische Erwachsenenbildung um 12 Uhr in das Haus der Begegnung zu „Fastensuppe und Bibel“ ein. Eine Anmeldung ist dafür erforderlich.

In Weil der Stadt bietet die katholische Kirche vom 10. März an jeden Freitag um 12.15 Uhr ein sogenanntes Fastensuppenessen im Pfarrhaus an. „Es gibt mal Kartoffelsuppe, mal Tomatensuppe, immer eine andere fleischlose Suppe“, sagt Pfarrer Anton Gruber und freut sich schon darauf. Zu diesem Anlass werden auch Gedanken zum neuen Fastenhungertuch vom Hilfswerk Misereor vorgestellt. Das Hungertuch wird am Altar in der Kirche aufgehängt und soll damit „den Sinnen zum Fasten verhelfen“, wie der Weil der Städter Geistliche erklärt.


Nachgefragt

Über Konsum
nachdenken

Für den katholischen Pfarrer Damian Bednarek aus Leonberg ist die Fastenzeit eine besondere Zeit.

Leonberg - In Frauenzeitschriften wird das Fasten als Entschlackungs- oder Diätprogramm beworben. Wie neu geboren fühlen sich danach viele. Aber auch junge Frauen berichten auf ihren Internetblogs vom Shoppen-Fasten oder Internet-Fasten. Jeweils hatten sie neue Zeit für anderes, zum Beispiel mit dem Neffen zu spielen.

Die Bundesumweltministerin Barbara Hendricks ruft zusammen mit Geistlichen der beiden Großkirchen aus dem Rheinland für das Autofasten auf und sagt: „Wir können unsere Perspektiven ändern, wenn wir ganz bewusst und zumindest in der Fastenzeit auf andere Verkehrsmittel umsteigen.“ Fasten – was denkt dazu eigentlich ein katholischer Pfarrer? Der Leonberger Damian Bednarek steht Rede und Antwort.

Herr Bednarek, was bedeutet für Sie die Fastenzeit?
Die Zeit von Aschermittwoch bis Ostern hat mehrere Namen. Offiziell heißt sie österliche Bußzeit. Das ist eine Zeit, in der ich verzichte und über mich selbst nachdenke. Fasten ist für mich keine Übung für sich alleine, sondern eine Vorbereitung auf Ostern. Die entscheidende Geschichte aus der Bibel ist Jesu Zeit in der Wüste. Dort ruft er zur Änderung seines Verhaltens, also zur Umkehr, auf und zeigt: Das entscheidende Handeln ist die Hinwendung zu Gott durch fasten, beten und die Nächstenliebe.
Die Kirche schreibt schon lange nicht mehr vor, wie man als gläubiger Mensch die Fastenzeit genau begehen soll. Wie sollte man heute also fasten?
Früher war Fleisch zum Beispiel eine Kostbarkeit, als es noch den Sonntagsbraten gab. Heute ist es vielleicht auch ein teurer Fisch. Es geht auch nicht nur um den Körper und Entschlackung. Grundlegend beim Fasten ist, dass man auf etwas verzichtet. Dann kommt man ins Nachdenken über sein Konsumverhalten. Was brauche ich eigentlich wirklich zum Leben? Was ist wichtig? Und was ist unwichtig? So wird einem die Fülle bewusst, aus der wir leben.
Was halten Sie vom Autofasten, wie es das Erzbistum in Köln empfiehlt?
Also, meine Arbeit wäre ohne Auto nicht denkbar. Ich muss ja auch nach Gebersheim und Warmbronn kommen. Wahrscheinlich ist es in Köln einfach dichter besiedelt, dass man besser mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren kann. Beim Fasten ist eine große Bandbreite möglich, wir stehen ja alle in ganz unterschiedlichen Lebensverhältnissen. Entscheidend finde ich schon, dass man in dieser Zeit sein Konsumverhalten hinterfragt. Wahrscheinlich muss man nicht immer mit dem Auto fahren, auch wenn man es könnte. Für andere Menschen wäre es auch eine Idee, auf das Rauchen zu verzichten oder Ähnliches. Wer verzichtet, macht sich frei für anderes und andere, man lebt dann bewusster.