Wo kommen Menschen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, gut durch – und wo lauern Hindernisse? Die App Wheelmap soll den Betroffenen das Leben jetzt erleichtern. Berufsschüler haben die Rollstuhl-Freundlichkeit der Stadt schon einmal getestet.

Leonebrg - Der Reifen quietscht auf dem Boden, als Cansu versucht, sich mit ihrem Rollstuhl umzudrehen. Die 17-Jährige ist mit Mitschülern im Leo-Center unterwegs. Das Drehen klappt, der Platz reicht aus. Dieser Laden bekommt ein Häkchen. Denn Cansu und ihre Mitschüler verbringen nicht etwa ihre Pause im Shoppingcenter – sie haben eine Mission. „Wheelmap“ heißt diese und ist eine elektronische Landkarte, auf der Orte für ihre Barrierefreiheit bewertet werden. Diese Karte gibt es sowohl im Internet als auch als App fürs Smartphone. Die Schüler besuchen die Berufsfachschule Gesundheit und Pflege am Beruflichen Schulzentrum Leonberg und sind „Wheelmap“-Pilotklasse im Kreis.

 

„Wir haben überprüft, ob der Eingang der Läden im Leo-Center breit genug ist für einen Rollstuhl, Rollator oder Kinderwagen. Auch ob die Gänge breit genug sind, man sich im Land drehen kann, ob es Rolltreppen gibt“, erzählt die 17-Jährige, die sich nur für diesen Test in einen Rollstuhl gesetzt hat. „Die meisten Läden sind wirklich barrierefrei. Nur manchmal hätte ich beim Umdrehen beinahe etwas aus einem Regal gewischt, weil einige Gänge doch recht eng sind“, fasst sie zusammen.

Auffällige Shirts

Die Klasse hat sich einen Tag lang in fünf Gruppen aufgeteilt. Jede hat ein anderes Gebiet der Stadt getestet. Neben dem Leo-Center sind sie in Eltingen, der Römerstraße, am Marktplatz sowie im Krankenhaus unterwegs. Unterstützt werden sie von Mitgliedern des Stadtseniorenrats und der Lebenshilfe Leonberg. In ihren gelben T-Shirts kann man sie gar nicht übersehen. Aber nicht nur deshalb fallen sie auf.

„Ich wurde im Rollstuhl schon angestarrt“, erzählt Cansu. „Aber ich weiß, ich kann wieder aufstehen.“ Mitschülerin Vanessa hat den Edeka im Center getestet. „Man braucht schon Hilfe, wenn man etwas aus dem oberen Regal möchte“, erzählt die 16-Jährige. Angeboten bekam sie die aber nicht und musste jedes Mal fragen.

„Zum Teil unfreundlich abgewiesen“

Zum Projekt gehöret aber auch eine Umfrage. Im Leo-Center stellt sich das als recht schwierig heraus. „Viele wollten nicht auf unsere Fragen antworten, zum Teil wurden wir sehr unfreundlich abgewiesen“, berichtet Cansu. „Wir waren in Eltingen unterwegs, da waren die Menschen freundlicher“, sagt dagegen Farina. Vom Café B21 geht es die Poststraße hinunter, vorbei am Hotel, zum Bäcker, Metzger und der Sparkasse. Die Carl-Schmincke-Straße ist nicht gerade bequemes Pflaster für Rollstuhlfahrer. „Viele kennen die ‚Wheelmap’ noch gar nicht“, hat die 19 Jahre alte Tuba festgestellt. Deshalb haben die Schüler auch Info-Flyer und Aufkleber dabei. „Aber da muss man noch viel mehr Werbung dafür machen“, findet Cansu.

Nach dem Test wartet weitere Arbeit auf die Klasse. Denn nun müssen die Ergebnisse auch in die „Wheelmap“ eingetragen werden. „Wenn ein Ort noch nicht getestet wurde, ist er grau. Dann kann man die Bewertung zu rot, gelb oder grün ändern, wobei grün für barrierefrei steht“, erklärt Vanessa. Das kann jeder über die App oder den heimischen Computer tun. Bald bekommen die Schüler zudem die Möglichkeit, auch neue Orte anzulegen. Dies können einfache Nutzer hingegen nicht. Orte können Geschäfte, öffentliche Einrichtungen oder Plätze sein. Der Projektbericht bildet am Ende die Note im Bereich Praxis. Im Herbst 2016 soll es eine zweite Projektphase im Kreis Böblingen geben. Geplant ist ein Wettbewerb, bei dem die Schüler kreisweit und flächendeckend Geschäfte, Haltestellen und Behörden unter die Lupe nehmen.

Die Schüler des BSZ sind jedenfalls begeistert von ihrem Projekt. Auch wenn sie noch einige Verbesserungsvorschläge haben. „Die App zum Beispiel hängt sehr und lädt ewig. Auch die Ortung funktioniert nicht richtig, einmal meinte die App, wir sind in Kanada“, sagt Cansu.