Mit dem Hammer auf die Schulbank: Eindrücke einer Bilderversteigerung fürs Hospiz.

Leonberg - Es klang so harmlos. „Können Sie uns bei der Versteigerung von Bildern helfen?“, hatte der Chef der Lahrensmühle den Redakteur gefragt. „Der Erlös geht ans Hospiz.“ Der Anruf von Thomas Lautenschlager erfolgte irgendwann nach dem Pferdemarkt. Pfingsten, da sollte die Versteigerung erfolgen, war weit weg.

 

Der Redakteur fand den Gedanken spannend, fühlte sich an Kriminalfilme aus den Siebzigern erinnert, in denen edel gekleidete Herrschaften Kunstschätze in Millionenhöhe ersteigern, die später von Dieben geklaut werden. „Ja klar, ich mache das“, beschied er den Anrufer. „Die Details können wir dann noch besprechen.“

Irgendwann im späteren Frühjahr meldete sich Thomas Lautenschlager wieder. „Pfingsten rückt näher, und damit unsere Ausstellung“, verkündete der engagierte Besitzer der historischen Mühle, idyllisch gelegen an der Glems, und doch mitten in der Stadt. „Wollen Sie mal vorbeischauen ?“

Wie viele Leute werden wohl kommen?

Der Journalist hatte seinen Einsatz in den vergangenen Wochen erfolgreich in einer hinteren Ecke des Hirns abgespeichert. Jetzt musste er hervorgeholt werden. Der Zeitungsmann überlegte, wie sein temporärer Einsatz als Auktionator wohl ablaufen könnte. Er, der nicht eben ein ausgewiesener Malerei-Experte ist.

„Sie machen das schon“, ermunterte ihn der Hausherr in der Lahrensmühle. Und die Galeristin Irmgard Heyd erläuterte ihm das Werk ihres Künstlers: Marcus Dreisigacker malt surrealistische Bilder, traumhafte Szenen mit Liebe zum Detail, die die Fantasie anregen. Der Redakteur schaut sich die Zeichnungen an: Fabelwesen und Tiere aus fernen Welten, erkennbar inspiriert durch einen China-Aufenthalt des Künstlers.

Wie viele Leute werden wohl kommen? Werden die auch bieten oder nur gucken? Schließlich soll ja ein möglichst hoher Betrag fürs Hospiz herauskommen. All diese Gedanken gehen dem Auktionator durch den Kopf, als er sich am Pfingstmontag zur Lahrensmühle aufmacht.

Tatsächlich hat sich eine erkleckliche Anzahl von Leuten in der liebevoll restaurierten Scheune versammelt. Einige genießen noch ein Weinchen und hausgemachtes Chili. Der Hausherr präsentiert dem Redakteur stolz den Einsatzort. Ein Stehpult und sogar einen Hammer. „Aber bitte nicht zu fest zuschlagen“, bittet die Galeristin. „Der Tisch ist eine ganz alte Schulbank. Zu harte Schläge könnten sie beschädigen.“

Los geht’s. Die meisten im Publikum haben einen nummerierten Zettel. Sie wollen also wirklich bieten. Das beruhigt. Trotz der guten Preise, die Anfangsgebote variieren zwischen 50 und 80 Euro, sind die Bieter anfangs noch etwas verhalten.

Ein paar flotte Sprüche

Der Auktionator braucht ein paar flotte Sprüche, um die Leute in Schwung zu bringen. Und die Galeristin erzählt zu jedem Bild eine kleine Geschichte als Interpretationshilfe. Diese Mischung wirkt.

Die Dame mit der Nummer 6 legt sich schwer ins Zeug. Aus 70 Euro werden 75. „Zum ersten, zum zweiten, zum dritten“: Am Ende sind es 95 Euro. Nicht nur „Frau 6“ ist im Ringen um Bilder und Gebote erfolgreich unterwegs. „Die Dreier-Gruppe“ nennt der Versteigerer gleich mehrere Leute, die abwechselnd mit der Zahl 3 bieten. Sehr rege dabei ist auch der Herr mit der 2. Die Auktion hat jetzt richtig Dynamik. „Ich will eine dreistellige Zahl“, heizt der Auktionator die Bietfreudigkeit der Kunstfreunde. „Und denken Sie immer dran, der Reinerlös geht komplett ans Hospiz.“

Da steigert auch der Hausherr gerne mit, der sich teilweise mit „Frau 6“ und „Herrn 2“ richtig kleine Gebotsgefechte liefert. Kristin Kuhl, die Vorsitzende des Hospiz-Vereins, strahlt angesichts der kontinuierlich höher werdenden Summen.

Auf Schatzsuche

Auf Schatzsuche geht Elke Zinßer. Die Mundart-Kolumnistin unserer Zeitung ersteigert eine Schatzkarte, die sie zu einem in einem Mauerspalt verborgenen Bild führt: Der Fuchsbau von Babel. Die Zeichnung hatte Marcus Dreisigacker noch in der Nacht angefertigt.

Die Spezialistin für Eltinger Dialekt angelt sich auch „Fuchs und Eule“. Dieses Bild hätte auch gerne der kleine Janne für sein Kinderzimmer gehabt. Zum Trost ersteigert der Junge, assistiert von der Mama, die „Zeitmaschine“. So sind am Ende alle zufrieden, vor allem Kristin Kuhl, die sich jetzt über 2080 Euro für ihre Hospizarbeit freuen kann. Auch der Teilzeit-Auktionator lächelt. Er ist mit dem Hammer ganz gut zurecht gekommen.