Die Tücken der Bürokratie spüren einige Altstadt-Gastronomen während der Fußball-Europameisterschaft deutlich. Wer nämlich die Spiele auch draußen zeigen will, braucht dafür eine extra Genehmigung. Und die kostet zusätzlich.

Leonberg - Die Fußball-Europameisterschaft hat gerade erst angefangen. Heute trifft die DFB-Elf zu ihrem zweiten Gruppenspiel gegen Polen an. Nicht nur das Wetter, auch die EM-Stimmung sind noch steigerungsfähig.

 

Dass der Andrang noch zunimmt, darauf hoffen auch die Wirte. Viele Gastronomen, von der Altstadt über Eltingen, von Gaststätten über Sportheime, vom Jugendhaus bis zum CVJM, zeigen die EM-Partien live auf großen Bildschirmen oder sogar Leinwänden, teilweise auch im Freien. Im Public-Viewing-Atlas am vergangenen Freitag haben wir einen Überblick gedruckt – woraufhin einige Leonberger Wirte prompt Post vom Ordnungsamt erhielten.

Gleich zwei Probleme taten sich auf. „In der Genehmigung zur Außenbewirtschaftung sind solche Formen von Unterhaltung nicht enthalten“, nennt der Leonberger Ordnungsamtsleiter Jürgen Beck das Erste. Das Zweite: Von der K.o.-Runde an kann es Verlängerung oder gar Elfmeterschießen geben, die dann bis nach 23 Uhr dauern können. Da beginnt aber bereits die Sperrstunde für die Außengastronomie am Engelberg. Allerdings lässt sich hier bis 23.30 Uhr eine Ausnahme beantragen. Die Regelungen gelten hingegen nicht für die Angebote in geschlossenen Räumen.

Bei der WM bereits bezahlt gemacht

Einer der betroffenen Wirte ist Lothar Mattner vom „Domizil“ am Marktplatz. „Der Brief des Ordnungsamtes hat schon seine Richtigkeit, das haben wir verpennt“, bekennt der Leonberger. Den Antrag hat er gleich nachgeholt, noch vor dem Eröffnungsspiel. „Das war alles kein Problem“, sagt er. Die erste Partie der DFB-Elf gab es dann voll genehmigt auf dem Marktplatz zu sehen – wegen des regnerischen Wetters aber vor kleinem Publikum. „Bei dem Regen derzeit lohnt sich der Aufwand eigentlich nicht. Aber es gehört zum Geschäft, dass wir den Gästen diesen Service bieten“, findet Mattner. Bei der Weltmeisterschaft vor zwei Jahren habe sich das Angebot mehr als bezahlt gemacht, obwohl es den Wirt damals mehr gekostet hat.

160 Euro sind für die zusätzliche Genehmigung fällig – für die gesamte EM. „Wir haben da ein EM-Gesamtpaket geschnürt. Die Preise entsprechen aber unseren regulären Gebühren“, erklärt Jürgen Beck. Der Ordnungsamtsleiter rechnet vor: Für Veranstaltungen sind am ersten Tag 25 Euro fällig, vom zweiten bis siebten Tag jeweils 15 Euro. Jeder weitere Tag schlägt dann nur noch mit zwei Euro zu Buche. Am Ende der vierwöchigen EM ergibt das 160 Euro. Diese wiederum können aber eben nur als Gesamtpaket beantragt werden.

„Die 160 Euro muss man auch erst einmal verdienen“, sagt Jürgen Kuhn. Er ist Geschäftsführer des „Ralph’s“ in der Hinteren Straße. Er hat ebenfalls ein Schreiben des Ordnungsamtes erhalten, die Genehmigung aber bislang nicht beantragt. „Bisher hat das Wetter es noch nicht hergegeben, die Spiele auch draußen zu zeigen“, erklärt er. Sollte das Wetter besser werden, habe man dies aber noch vor. Das Vorgehen der Stadt sieht er hingegen kritisch. „Das passt ins Bild. Die Stadt sollte froh sein, dass rings um den Marktplatz etwas los ist“, sagt Kuhn. „Du kannst nicht immer allen Gewerbetreibenden Knüppel zwischen die Beine werfen.“

Ordnungsamt weist Kritik zurück

Der Ordnungsamtsleiter kann diese Kritik nicht nachvollziehen. „Unsere Vorgehensweise ist Gastwirt- und Altstadt-freundlich“, meint Jürgen Beck. Man hätte den Wirten auch eine Anzeige wegen einer Ordnungswidrigkeit schicken können. Stattdessen gab es nur ein Anschreiben mit dem Hinweis auf die Genehmigung, dem gleich ein vorbereiteter Antrag beigefügt war.

Domizil-Wirt Mattner hingegen lobt das Ordnungsamt. „Die Zusammenarbeit war noch nie so gut wie in den vergangenen drei Jahren. Die Mitarbeiter sind freundlich und kommen direkt auf uns zu, wenn etwas nicht stimmt“, sagt er. Die Schuld für Rüffel sieht er ganz bei den Gastronomen, die den Antrag versäumt haben – also auch bei sich selbst. Schließlich müssen sich die Wirte auch selbst um alle weiteren Genehmigungen und Entgelte kümmern, etwa für die GEZ (Rundfunkgebühr) oder die Gema (Veranstaltungen).

„Nichtsdestotrotz frage ich mich, warum ich eine Außenkonzession habe, wenn ich dann extra zahlen muss“, sagt Lothar Mattner. Aber auch darauf hat der Ordnungsamtsleiter eine Antwort: „Dann können die Wirte die Nachbarschaft jeden Tag mit Konzerten oder anderen Veranstaltungen beschallen. Das dient also wie die Sperrzeit auch dem Schutz der Anwohner“, erklärt Jürgen Beck.