Das Edith-Stein-Gemeindehaus in Leonberg soll geschlossen werden. Um das zu verhindern, gibt es nun eine Liste mit Unterschriften.

Tausende katholische Vertriebene und Flüchtlinge haben nach dem Krieg in Leonberg eine neue Heimat gefunden – viele im Ramtel. Ihre Glaubensheimat wurde hier das Edith-Stein-Gemeindehaus. Dieses soll nun auf Beschluss des Kirchengemeinderates und des Pfarrers zum 31. Juli bis auf Weiteres geschlossen werden. Das sehen viele Gemeindemitglieder kritisch. Unterschriften gegen die Schließung werden gesammelt.

 

Bereits 1955 wurde angesichts der zahlreichen Katholiken im Ramtel überlegt, eine eigenständige Kirchengemeinde zu schaffen. Das wurde teilweise verwirklicht, das Edith-Stein-Haus gebaut und am 22. November eingeweiht. Kirchliche und städtische Gruppen haben in dem Haus eine Heimat gefunden. Seit der Jahrtausendwende ist die italienische muttersprachliche Gemeinde hier zu Hause.

2016 wollte die Kirchengemeinde eine umfassende Sanierung des Edith-Stein-Hauses angehen. Doch die prognostizierten Kosten beliefen sich auf etwa drei Millionen Euro. Der damalige Kirchengemeinderat zog die Notbremse. Doch seither sind die gesetzlichen Anforderungen für Sanierungen noch verschärft worden, was das Ganze nicht billiger macht.

Zu den Kritikern gehört Ursula Grupp, die ehemalige Rektorin der Mörikeschule. „In den Augen vieler ist die Argumentation, dass das Haus wirtschaftlich ein Totalschaden sei, nicht zutreffend,“ sagt sie. Vom Kirchengemeinderat fordern die Unterzeichner der Unterschriftenlisten eine Infoveranstaltung, um zu erfahren, was denn kaputt sei und nicht repariert werden könne, warum das Gemeindehaus vielleicht jahrelang leer stehen soll, wie es weiter geht und warum nicht zu Spenden aufgerufen wurde.

Deutlich zu viel Platz

Doch nicht nur die teure Sanierung ist ein Schließungsgrund, die Gemeinde muss sich immer wieder Kritik anhören, weil sie gegen die Bestimmungen der Diözese verstoße, was den Raumbedarf betrifft. „Das Bischöfliche Ordinariat hat immer wieder angemahnt, dass unsere Kirchengemeinde deutlich zu viel Gemeinderaum zur Verfügung hat“, heißt es in einer Mitteilung des Bauausschusses, die neben Rudolf Köhler, auch Petra Ensdorf und Wolfgang Waldinger unterzeichnen. Auch nach dem Verkauf des Ökumenischen Zentrums Ezach verfüge man noch über 1200 Quadratmeter Gemeinderaum. Nach Berechnung des Bischöflichen Bauamtes stehen der Gemeinde lediglich 277 Quadratmeter zu. Der Maßstab dafür ist die Zahl ihrer Mitglieder - die lag in den 1980er Jahren noch bei 9000 und beträgt aktuell noch etwa 6850.

„Der wiederholte Ausfall der Heizung hat den Ausschlag gegeben“, sagt Rudolf Kohler. Fazit der Gespräche mit mehreren Heizungsbaufirmen: Eine Reparatur ist nicht mehr möglich, und die veraltete Technik lasse keine energetische Sanierung zu. „Mit einem Totalausfall der Heizung muss jederzeit gerechnet werden“, sagt Rudolf Kohler. Unter diesen Voraussetzungen könne ein Weiterbetrieb nicht verantwortet werden, ist die Überzeugung der Gemeindeleitung.

Der sind ohnehin die Hände gebunden, denn das Bischöfliche Ordinariat hat Ende 2020 ein Baumoratorium für Gemeindehäuser erlassen. Weil die Kirchensteuer zurückgeht, dürfen bis Ende 2023 keine Gemeindehäuser und Gemeindezentren saniert werden, die zwischen 1960 und 1990 neu gebaut wurden.

Wie es weitergeht, steht allerdings noch in den Sternen. Bevor kirchliche Räume einer weltlichen Nutzung zugeführt werden, müssen sie davor vom Bischof profaniert, also entweiht, werden. Das ist in diesem Fall der Bischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart, Gebhard Fürst. Der geht voraussichtlich Ende dieses Jahres in Ruhestand und wird wohl nicht seine Wirkungszeit mit der Profanierung von Kirchenräume abschließen.

Wie geht’s weiter?

Vorerst heißt es für die Kirchengemeinde wie das geschlossene Haus zu sichern, um Vandalismus vorzubeugen. Für die Zeit nach dem Schließen wurden bereits Gespräche mit der Stadt Leonberg geführt. Die hat zumindest Interesse an dem Grundstück, das im aktuellen Flächennutzungsplan als Mischgebiet ausgewiesen ist und für das sie ein Vorkaufsrecht hat. Derweil hat sich der Kirchengemeinderat in seiner jüngsten Sitzung damit beschäftigt, wie der Kirchenraum der katholischen Stadtkirche so umgestaltet werden kann, dass die italienische Gemeinde Sachen für ihren Gottesdienst lagern kann.