Am Ende wiegen die Bedenken wegen möglicher negativer Folgen schwerer als die finanziellen Aspekte: Nach einer intensiven Debatte ringt sich eine Mehrheit des Gemeinderate für das 2,2 Millionen-Euro-Projekt in der Riedstraße durch.

Leonberg - Mehr als eine Stunde hat der Gemeinderat noch einmal diskutiert. Dann ringt sich das höchste Leonberger Entscheidungsgremium mehrheitlich dazu durch, grünes Licht für den Neubau zweier Wohnhäuser für Flüchtlinge in der Anschlussunterbringung für 2,2 Millionen Euro zu bauen. Bis zu 60 Menschen können hier dauerhaft wohnen. Das Protokoll einer bemerkenswerten Sitzung:

 

19.50 Uhr Der Finanzbürgermeister Ulrich Vonderheid (CDU) hat den Haushaltsentwurf 2016 vorgestellt. Die Stimmung unter den Stadträten ist mittelprächtig. Alle wissen, dass sich die fetten Jahre dem Ende entgegen neigen. Zumal die Flüchtlingsfrage auch in Leonberg eine riesige Unbekannte ist. 19.52 Uhr Genau um diese Unbekannte geht es, als der Oberbürgermeister den nächsten Tagesordnungspunkt aufruft: den Bau zweier Wohnhäuser im Gebiet Niederhofen. Das Thema war bereits im Finanzausschuss behandelt worden. Dort hatten sich die Kommunalpolitiker an der geplanten Ausstattung der Häuser gestört: Wohnungen mit zwei Toiletten und zwei Ausgängen, so ein wesentlicher Kritikpunkt, hätten noch nicht einmal die meisten Normalbürger. 19.53 Uhr Bernhard Schuler schwört die Stadträte auf Zustimmung ein. „Wenn wir nicht Gas geben, werden andere, schwierigere Entscheidungen auf uns zukommen“, prophezeit der OB. Auch für ihn haben die zwei Eingänge aus Brandschutzgründen einen „himmlischen“ Charakter. Aber die Standards zu reduzieren, sei kaum möglich. 20.01 Uhr „Grundsätzlich halten wir 2,2 Millionen Euro für die Unterbringung von 60 Leuten für zu teuer“, erklärt Oliver Zander (CDU). Er will wissen, ob der vom Land in Aussicht gestellte 560 000-Euro-Zuschuss auch wirklich fließt. 20.10 Uhr Der OB betont, dass die Mindestgröße von zehn Quadratemetern pro Person eingehalten werden müsse, da es sich um ein Wohnhaus und keine Notunterkunft handelt. Auch auf die Kritik an den zwei Toiletten pro Wohnung geht er ein: „In einer Wohnung werden zwei Familien leben. Das sind zwei mal acht Menschen unterschiedlicher Herkunft. Da können zwei Toiletten konfliktmindernd sein.“ Die Fördergelder seien schon beantragt. 20.25 Uhr Dieter Vestner kann das nicht beruhigen. Der Freie Wähler kündigt an, den Bau abzulehnen. Sein Fraktionskollege Jörg Langer schließt sich ihm an. 20.36 Uhr „Wir sollten nicht die Standards in den Mittelpunkt stellen. Das ist nicht zielführend“, kontert Klaus Wankmüller (Grüne). „Es ist an der Zeit, den Plan auf den Weg zu bringen. Die Preise sind gut.“ 20.44 Uhr „Die Bedenken von Herrn Zander sind alle richtig“, erklärt Ottmar Pfitzenmaier (SPD). „Aber es ist eine besondere Situation. Wir halten es für unverantwortbar, das Thema zu verschieben. Das schürt Konflikte und macht es eher teurer.“ 20.50 Uhr Wolfgang Schaal (Freie Wähler) berichtet von einem Vorhaben des Kreises, in dem 81 Menschen unterkommen, das maximal 1,5 Millionen Euro kostet. Schuler reagiert gereizt: „Das ist eine Notunterkunft. Wir bauen Wohnungen. Sie kennen den Unterschied genau, Herr Schaal!“ 20.57 Uhr Abstimmung: 17 ja, 7 nein, mehrere Enthaltungen. Der Bau der zwei Häuser für 2,2 Millionen Euro ist beschlossen.