Eine Rückkehr zur Normalität kann nur in starken und lebendigen Städten gelingen. Hier schlagen der Puls des Lebens und das Herz der Wirtschaft.

Leonberg: Thomas Slotwinski (slo)

Leonberg - Das Schlimmste, das jetzt passieren könnte, darüber sind sich alle Gewerbetreibenden einig, wäre eine Öffnung, die nach kurzer Zeit wieder rückgängig gemacht werden müsste. Solch einen Tiefschlag würden gerade die Gastronomen, von denen etliche sehr tief in den Abgrund blicken, kaum verkraften.

 

Doch sehen wir die Dinge positiv: Erstmals seit sieben langen Monaten sind ein Restaurantbesuch oder ein Kaffee, der serviert wird, realistische Perspektiven. Erstmals seit einem gefühlten Endlos-Winter können wir alle ernsthaft darüber nachdenken, wohin man beispielsweise an Pfingsten gehen könnte. Erstmals sind scheinbar in Vergessenheit geratene Gepflogenheiten wie ein Feierabendbier mit den Kollegen eine realistische Option.

Eine Form von Seelenmassage

Das ist gut für den direkten Austausch, der sich nun nicht mehr vornehmlich über Kurznachrichten oder in irgendwelchen Internetforen abspielen muss. Miteinander richtig reden, sich anschauen, lächeln: längst eine Form von Seelenmassage.

Neben diesen mentalen und gesellschaftlichen Aspekten hat die mögliche Rückkehr in eine Art Teilnormalität einen immensen wirtschaftlichen Aspekt. Ganze Branchen waren de facto mit einem Berufsverbot belegt. Künstler, Köche und Servicepersonal waren weitgehend lahmgelegt. Einzelhändler sind einem permanenten Wechselbad der Gefühle ausgesetzt.

Die Möglichkeiten vor Ort annehmen

Damit sich diese zerstörende Abwärtsspirale nicht unendlich fortsetzt, ist es wichtig, dass wir uns alle an die verbliebenen Spielregeln halten. Ein Schnelltest vor einem Restaurantbesuch mag lästig sein, aber schafft Sicherheit. Abstand und Masken sind auch bei zunehmenden Impfzahlen unvermeidbar.

Vor allem aber: Wir müssen die Möglichkeiten vor Ort wieder annehmen. Niemand kann nun den Kauf im Internet mit dem nicht vorhandenen stationären Angebot rechtfertigen. Dieses Argument hat schon vorher nicht wirklich gezogen, weil im Grunde selbst während des harten Lockdowns das allermeiste erhältlich war.

Krakenkonzerne sind die Profiteure

Profiteure des Trends zur Bequemlichkeit und Anonymität waren und sind die Krakenkonzerne, die Millionen machen, sich aber keinen Deut um ihr Umfeld scheren, allen schwülstigen Werbespots zum Trotz, in denen eine menschengerechte Welt der Nachhaltigkeit vorgegaukelt wird.

Keine gesichtslose Geisterstädte

Menschengerecht und nachhaltig sind Arbeitsplätze vor Ort, bei denen sich Mitarbeiter und Chefs noch persönlich kennen und oft seit Jahrzehnten gut zusammenarbeiten. Familienbetriebe und Fachgeschäfte prägen den Charakter eines jeden Ortes. Würden diese Kleinunternehmen verschwinden, verschwindet der individuelle Charme. Die oft beklagten Schlafstädte würden zum Standard.

Es liegt also an uns, wie sich die Zukunft entwickelt: zu lebenswerten Stätten der Kommunikation und Kultur oder zu gesichtslosen Geisterstädten.