Der erste Badetag nur für Frauen ist ein Erfolg: 80 Frauen, viele mit Kopftuch, planschen im Hallenbad. Das Orgateam hofft auf mehr, aber der Wunsch nach ausschließlich Bademeisterinnen scheitert am Personalmangel.
Samstagabend im Leonberger Hallenbad: Eine lange Schlange Frauen, die sich offensichtlich voller Vorfreude unterhalten, reiht sich vor der Kasse. Es findet der Probedurchlauf des Frauenbadens von 18 bis 20 Uhr statt. Organisiert wurde es von den Schülerinnen Najla Addunaifat und Mais Alawad, die die Idee im vergangnen Oktober im Jugendforum Leonberg vorgestellt haben, und Eha Sadeque, der Sprecherin des Jugendausschusses. „Dafür, dass wir erst letzte Woche mit der Werbung angefangen haben, sind echt viele gekommen“, sagt Eha. Im Leocenter, in einem arabischen Geschäft, an ihrer Schule, an der Bushaltestelle und in einem Sushirestaurant haben sie mit Flyern für das Frauenbaden geworben.
Als sich das Schwimmbad gefüllt hat, lugen etwa 80 Köpfe aus dem sich kräuselnden Wasser, darunter viele Frauen mit Kopftuch. Von überall her tönt freudiges Gelächter und das Geräusch von platschendem Wasser. Die Stimmung ist ausgelassen, eine Frau springt vom Beckenrand und bespritzt so alle Umstehenden. Ein Bademeister verteilt bunte Schwimmnudeln an begeisterte Kinder. Manche Frauen ziehen Bahnen, andere sitzen am Beckenrand und unterhalten sich. „Das macht voll Spaß!“, ruft eine Frau in schwarzem Burkini ihren drei Freundinnen zu, während sie nebeneinander ihre Bahnen schwimmen.
Großer Andrang beim ersten Frauenbadetag
Viele Mütter sind mit ihren Kindern gekommen. Bis zum Alter von zehn Jahren darf jedes Geschlecht beim Frauenbaden dabei sein. „Ich wäre vielleicht auch im Bikini gekommen, wenn keine Männer da wären“, sagt eine Frau in buntem Burkini mit Blick auf die männlichen Bademeister, nicht zu übersehen in ihren gelben T-Shirts. „Manche Frauen sind im Badeanzug gekommen, können jetzt aber doch nicht schwimmen, wie sie zum Beispiel“, sagt sie und deutet auf eine ältere Frau mit Kopftuch und langem Rock, die sich zu ihr gesellt. Sie selbst gehe im Burkini auch in öffentliche Schwimmbäder, werde aber deshalb angestarrt. „Hier fühle ich mich wohler“, sagt sie und: „Ich find’s echt toll, einfach die Gelegenheit.“ Sie hofft, dass das Angebot wiederholt wird.
Eine andere Frau schwimmt bereits in Badeanzug im Becken, sie habe das männliche Badepersonal zu spät bemerkt und meint, dass sie deshalb die ganze Zeit im Wasser bleiben müsse, ansonsten wäre sie auch gerne vom Sprungbrett gesprungen. Eha, Najla und Mais wünschen sich Schwimmzeiten mit ausschließlich weiblichem Badepersonal, doch laut Stefan Hilse, dem Leiter des Bäderbetriebs Leonberg, sei dies zurzeit nicht möglich. Es gebe schlicht zu wenig Bademeisterinnen.
Einfach mal schwimmen – ohne Angst vor Belästigung
Das oberste Ziel ist laut den Schülerinnen zudem das Wohlbefinden, nicht explizit religiöse Gründe. „Es ist einfach Fakt, dass man in öffentlichen Schwimmbädern von Männern angemacht wird, deshalb ist es schön, heute einfach nur unter Mädchen zu sein“, so Eha. Sie selbst habe bereits negative Erfahrungen mit sexueller Belästigung in verschiedenen Schwimmbädern gemacht und erzählt von dem Problem, dass man oft Angst habe, sich dann ans Badepersonal zu wenden. „Man hat Angst, dass es dann Drama gibt, und eigentlich wollte man ja nur herkommen, um zu schwimmen“, sagt sie. Das Angebot soll dazu dienen, dass Frauen sich sicher fühlen, und es genau darum geht: um zu schwimmen, ohne sich Gedanken um eventuelle Belästigung machen zu müssen.
Ob es ein Rückschritt für die Emanzipation sei, dass Frauen getrennt von den Männern schwimmen? „Ich finde es schwierig zu sagen, dass es ein Schritt zurück sei. Früher war der Grund der Trennung ja, dass Frauen nicht als gleichwertig zu Männern angesehen wurden“, sagt Eha dazu.
Alle hoffen auf ein regelmäßigeres Angebot fürs Frauenbaden
Das Feedback ist ausschließlich positiv. Neben dem offensichtlichen Spaß, den die Frauen haben, äußern sich die Frauen begeistert über das Angebot. Ein junges Mädchen, das mit ihrer Freundin hier ist und den Flyer im Sushirestaurant entdeckt hat, sagt: „Es ist so geil, ehrlich.“ Einer älteren Frau mit brauner Badehaube gefällt es, dass das Schwimmbad diesmal länger geöffnet habe, „ich bin aber nicht hier, weil ich explizit unter Frauen sein will“, sagt sie.
Nach dem Probelauf am Samstag wollen sich die drei Organisatorinnen Eha, Najla und Mais mit den Stadtwerken zusammensetzen, um ein regelmäßigeres Angebot zu schaffen. Da das Schwimmbad jetzt in die Sommerpause geht, könne das nächste Frauenbaden allerdings erst im kommenden Herbst stattfinden. Das Ziel der Schülerinnen sei: ein Tag pro Woche oder zumindest ein paar Stunden Badezeit nur für Frauen. Die Organisatorinnen wünschen sich das Angebot auch für das Freibad, doch dies sei „schlecht umsetzbar“, so der Chef des Bäderbetriebs, Stefan Hilse.