Von wegen altbacken: Junge Leonbergerinnen bereichern mit Kräuterwanderungen oder Yoga das Bildungsangebot der örtlichen Landfrauen.
Offen sein für neue Themen, das ist es, was die Leonberger Landfrauen eint, egal ob im 180 Frauen starken Hauptverein oder in dem seit vergangenem Jahr noch wachsenden Pflänzchen der jungen Landfrauen, eine neue Gruppe innerhalb der etablierten Leonberger Landfrauen, ins Leben gerufen von Katrin Krischel und Amelie Jäger mit dem Ziel, für jüngere Frauen ein passendes Angebot zu schaffen.
Braucht man einen Traktor? Nein!
„Schön ist es, dass wir bei den Treffen mit Gleichgesinnten unseres Alters zusammen sind, die gemeinsam kreativ arbeiten möchten“, erklärt Amelie Jäger die Motivation der kleinen Gruppe. Oft werden sie gefragt, ob man bei ihnen mitmachen kann, auch wenn man keinen Bauernhof hat. „Man kann, muss aber keinen Traktor haben, um Landfrau zu sein“, sagt Katrin Krischel. Und der große Leonberger Landfrauenverein beweist, dass auch Frauen im städtischen Raum als Landfrau aktiv sein können. Frauen mit Berufen fern der Landwirtschaft stellen heutzutage das Gros der jungen wie auch der etablierten Landfrauen. Richtete sich die Ende des 19. Jahrhunderts gegründete Landfrauenbewegung ursprünglich hauptsächlich an Hausfrauen und Bäuerinnen, geht das heutige Bild der Landfrau deutlich darüber hinaus, „vor allem in einem so städtisch geprägten Verein wie in Leonberg“, so Ilse Kerber, eine der Vorstandsfrauen der im Jahr 1952 gegründeten etablierten Leonberger Landfrauen.
Die junge Landfrau Amelie Jäger ist 39 Jahre alt, gelernte Kinderkrankenschwester und derzeit Vollzeitmutter. Katrin Krischel ist 43 Jahre alt und arbeitet als Hörakustikerin. Beide managen je drei Kinder, weshalb sie Zeit für sich und die Gemeinschaft mit den anderen jungen Landfrauen vor allem am Abend suchen. Über die Mutter einer Freundin kamen sie mit den Leonberger Landfrauen in Kontakt. Aber zeitlich waren die manchmal nachmittags stattfindenden Veranstaltungen, Ausflüge oder Ausfahren über das Wochenende nichts für berufstätige junge Frauen mit schulpflichtigen Kindern. Bei einem ersten losen Treffen in den Räumen der Blosenbergkirche wurden mit anderen Interessentinnen die Themen abgestimmt und so entstand 2023 ein erster Flyer mit Aktivitäten wie Yoga und Kreativarbeiten zu Ostern und Weihnachten, oder auch eine Kräuterwanderung. Mittlerweile gehören die jungen Landfrauen als eigene Gruppe zum Hauptverein der Leonberger Landfrauen und sind im Vorstand vertreten.
Kreative Auszeiten
Jetzt, ein Jahr später, wird das ausgeweitete Programm der jungen Landfrauen für das kommende Jahr zusammengestellt. Statt nur einem wird es vier Yoga-Abende geben, außerdem ist eine Altstadtführung geplant und gemeinsame kreative Auszeiten stehen weiter im Mittelpunkt.
„Wir freuen uns sehr über die junge Gruppe in unserem Verein“, sagt Eva Wöhr, Vorstandsfrau bei den etablierten Landfrauen. Denn meist werden die Frauen erst mit Eintritt ins Rentenalter Mitglied, „nennen wir sie deshalb jung gebliebene Landfrauen“, so Ilse Kerber. „Die Idee ist auch der Austausch untereinander. Natürlich können die Frauen aus dem Hauptverein auch am Programm der jungen Landfrauen teilnehmen und umgekehrt.“
Seit jeher haben die Landfrauen einen eindeutigen Bildungsauftrag, dessen Inhalte sich aber im Laufe der Jahrzehnte stark verändert haben. Die Geschichte der Landfrauen geht historisch zurück auf die Gutsfrau Elisabet Boehm, die 1898 den ersten landwirtschaftlichen Hausfrauenverein ins Leben rief. Motivation war, durch hauswirtschaftliche und kulturelle Bildung die Lebens- und Arbeitsverhältnisse von Frauen im ländlichen Raum zu verbessern und ihnen Aus- und Weiterbildungen zu ermöglichen.
Heute stehen die Landfrauenvereine für das Miteinander aller Generationen, für die Gleichstellung und gesellschaftliche Aufwertung von Frauenarbeit in Familie, Beruf und Ehrenamt und für lebenslange Bildung. Ziele sind, die Gemeinschaft und Vernetzung zwischen Frauen zu stärken, ein vielseitiges und auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenes Bildungsangebot in der Region zu sichern sowie ihre Interessen in Gesellschaft und Politik zu vertreten. Allein im Kreis Böblingen gibt es 17 Ortsvereine mit rund 1500 Mitgliedern.
Kultur, Geschichte, Ernährung und Frauengesundheit
Die Interessen der etablierten Landfrauen sind breit gestreut und das wirkt sich auf das sehr umfangreiche Jahresprogramm aus den Bereichen Kultur, Geschichte, Ernährung und Frauengesundheit aus. Auf dem Programm des Hauptvereins stehen für 2025 zum Beispiel ein Besuch der Bregenzer Seefestspiele, Einblicke in den Zustand unseres Waldes, das Leben und Wirken von Erich Kästner, aber auch Betriebsbesichtigungen in der Umgebung. Kaffeekränzchen, Backen und Stricken, das angestaubte Klischee der Landfrauen stimmt längst nicht mehr, auch wenn neben dem Bildungsauftrag die Geselligkeit und das soziale Leben den Landfrauen sehr wichtig ist.
„Es darf aber auch gebacken werden“, lacht Ilse Kerber, vor allem das Adventsgebäck, das jedes Jahr am vorletzten Novemberwochenende auf dem Leonberger Wochenmarkt verkauft wird, findet bei den Kunden reißenden Absatz.
Das vollständige Jahresprogramm 2025 der jungen und der jung gebliebenen Leonberger Landfrauen wird im Dezember auf der gemeinsamen Homepage www.landfrauen-kreisboeblingen.de/ortsvereine/leonberg veröffentlicht. Die jungen Landfrauen sind per über E-Mail an junge-landfrauen-leonberg@gmx.de direkt zu erreichen.